Freitag, 27. Dezember 2013

Von Eierpunsch und falschen Geschenken

Von Eierpunsch und falschen Geschenken

Uff, dachte das Fräulein Grete Meier, geschafft. Wieder mal. Das Fest der Liebe, also Weihnachten, ist vorbei. Völlig in Gedanken an die letzten Tage versunken, rührte die Grete in ihrem Lieschentee. Viel war nicht passiert, zumindest kaum etwas, was nicht auch in den letzten Jahren zum Weihnachtswahnsinn gehört hätte. Denn egal was auch Heiligabend tagsüber passiert, abends haben sich eh wieder alle lieb. Liegt wohl in der Natur der Menschen. Grete regt sich über so etwas wie mittlere Katastrophen schon lange nicht mehr auf. Irgendwie findet sie es sogar lustig, wenn sich Tante Heidi und Onkel Günther in die Haare kriegen, weil der Baum entweder zu groß geraten oder zu klein ist. Dieses Jahr war er zu groß. "Die Kugeln reichen nicht", tönte Tante Heidi. "Und überhaupt, ich habe zu wenig Kerzen!" Natürlich reichten die Kugeln und zu den Kerzen (solche modernen mit Batterie) gesellte sich kurzerhand eine alte Lichterkette. Die natürlich total verheddert war. Mit drei kaputten Birnchen. Also musste Onkel Günther nochmal los, Ersatz besorgen. Im Endeffekt erstrahlte, pünktlich zum abendlichen Essen, der Weihnachtsbaum dennoch im alljährlichen Glanz. So endete der Abend friedlich, so wie jedes Jahr. Die Grete blieb über Nacht und fuhr erst wieder nach einem ausgedehnten Frühstück nach Hause. Dort machte sie es sich auf der Couch bequem, mit Tante Heidis Makronen und selbstgemachtem Eierpunsch. Immerhin, Weihnachten haben die Sendeanstalten ja doch einiges an schönen alten Filmen zu bieten. Weihnachtsfilme mag die Grete nämlich sehr. Braucht sie sonst im Jahr keinerlei Herz-Schmerz-Gedöhne, an solchen Tagen passt es einfach. Abends hat sie dann noch eine ganze Stunde mit Lieschen telefoniert. Kein skype, denn Lieschen hat noch keinen Internetanschluss. "Wird wohl noch ein bisschen dauern Grete." Lieschen hat sich schon etwas eingelebt, was die Grete ungeheuer beruhigt hat.
Am zweiten Weihnachtstag hat die Grete dann alles für den obligatorischen Weihnachtskaffee vorbereitet. Hat sich in den letzten Jahren so ergeben, dass sich die Hebers, Frau Korters, und nicht zu vergessen der Herr Heinevetter bei der Grete nachmittags zum Punsch trinken treffen. Es wird gewichtelt und alle haben Spaß. Dieses Jahr war es besonders lustig, weil Luis alle auf Trab hielt. Herr Heinevetter hat ihm nämlich eine kleine Trommel gekauft, die er ausgiebig bearbeitete.
Zufrieden mit sich und der Welt dachte die Grete daran, wie glücklich die junge Frau Heber ausgesehen hatte. Entgegen aller Unkenrufe und Befürchtungen was die liebe Schwiegermutter anging, war der Heiligabend doch ein voller Erfolg gewesen. "Stellen sie sich mal vor, Frau Meier, sogar in den Arm genommen hat sie mich. Und meine Gänsekeulen haben ihr auch geschmeckt. Und schauen sie nur, dieses hübsche Armband hat sie mir geschenkt." Stolz hatte sie dabei ihre Hand der Grete entgegengestreckt, an dem ein silbernes Arband mit kleinen Anhängern glänzte. Herr Heinevetter hatte den Heiligabend bei seinem Neffen verbracht. "Ist wirklich ein lieber Junge, Frau Meier. Und so einen netten Freund hat der jetzt. Ganz verliebt sind die zwei." Später kam dann noch Herr Wenig vorbei. Aber nur kurz, denn er musste wieder ins Krankenhaus zurück. "Schade um den Punsch, liebe Frau Meier, aber Alkohol ist tabu wenn ich arbeiten muss."
Nun, der Kinderpunsch, den die Grete extra für Luis gemacht hatte, schmeckte dann auch dem Herrn Wenig. 
Der Tag heute im Büro war auch sehr ruig verlaufen. alle waren immer noch in dieser friedlichen Weihnachtsstimmung gewesen. Nur der Chef nicht. Grete fragte aber nicht nach. Sie konnte sich schon denken, was los ist. Ist nämlich jedes Jahr so. Im Grunde mag sie die Frau vom Chef. Ist eine ganz nette, wie sie immer sagt. Scheinbar schafft der Chef es aber nie, das richtige Geschenk für seine Frau auszusuchen. Ergo hängt jedes Jahr der Haussegen schief. Geburtstag, Hochzeitstag, ja, da besorgt die Grete das passende Geschenk. Aber Weihnachten? Nee, Chef, sagt sie immer wenn er fragt, das machen sie mal schön selber. Weihnachtsgeschenke muss man selber aussuchen und auch selber verpacken.. Da ist die Grete eigen drin. Und wirklich, der Chef gibt sich immer alle Mühe. Doch was er auch veranstaltet, das Fettnäpfchen ist nicht weit. "Echt jetzt, Frau Seelig, letztes Jahr waren es die teuren Diätbücher und der Weightwatcherskurs. Und obwohl sie wochenlang von nix anderem gesprochen hat, als dass sie unbedingt abnehmen will, hat sie die Bücher aus dem Fenster geschmissen. Muss man nicht verstehen, oder?" Heidi Seelig allerdings verstand die Reaktion.
Egal, dachte die Grete, stellte ihre leere Tasse in die Spüle und schnappte sich den neuen Krimi ("Noah" von Sebastian Fitzek), den sie beim Wichteln ergattert hatte.
Jetzt kann es kommen, das neue Jahr. Dabei schmunzelte sie und schlug das Buch auf. 

Dienstag, 17. Dezember 2013

Von einem ewigen Dilemma

Von einem ewigen Dilemma

Müde war das Fräulein Grete Meier gestern abend gewesen. So müde, dass sie der Frau Heber im Hausflur nur kurz zugenickt hatte. Erst als die Grete in ihrer Küche vor einer Tasse Lieschentee saß und so langsam einen Gang wieder runterschaltete, kam ihr der merkwürdige Gesichtsausdruck von Frau Heber wieder in den Sinn. Abwesend. Ja, genau das war das richtige Wort. Abwesend und irgendwie genervt. Was da wohl los sein mochte?
"Grete", murmelte sie vor sich hin, "Grete nich schon wieder. Das geht dich nix an. Rein gar nix. Halt dich da raus. Besser isses!"  Grete verscheuchte jeden Gedanken an die Frau Heber und widmete sich ihrem Tee. Das Verscheuchen, Wegdrängen, oder wie immer man das auch nennen mag, dauerte allerdings nur bis zur Zigarette, sprich, bis zu Herrn Heinevetter. "Hamse schon gehört, Frau Meier, bei Hebers ist der Teufel los. Aber so richtig. Und das nur wegen der lieben Schwiegermutter. Also der Mutter von Herrn Heber." Grete hatte noch nicht gehört, aber den Wissensvorsprung von Herrn Heinevetter würde sie sicherlich in den nächsten 5 Minuten auf Null runterfahren. Zumindest war  jetzt schon mal geklärt, warum Frau Heber so komisch drauf gewesen war. Der Rest kam dann nach und nach von Herrn Heinevetter dazu. Grund für Frau Hebers offensichtliche Verärgerung, war nämlich ein ganz einfacher. Der übliche "FamilienfeierWermitWemdennnunHeiligabendkollaps". So wie Herr Heinevetter mitbekommen hatte, wollte die junge Familie Heiligabend unter sich feiern. 
"Kann man ja auch verstehen, Herr Heinevetter. Luis ist zwei Jahre alt. Jetzt kriegt er doch alles das erste Mal so richtig mit. Den leuchtenden Baum, die Geschenke. Das wollen die Hebers natürlich genießen. Alleine, ohne Anhang." Denn das war es nämlich was den geplanten Heiligabend der Familie Heber zu zerstören drohte. Der Anhang. Eher hier wohl in der Einzahl als in der Mehrzahl zu sehen. Also ein Anhängsel. Die Schwiegermutter von Frau Heber. Nicht, dass es keinen Schwiegervater gibt. Aber der ist eben nicht die treibende Kraft. "Dem isses nämlich wurscht, wo er Heiligabend verbringt, hat mir die Frau Heber erzählt. Hauptsache in Frieden!" Nach und nach erfuhr die Grete, dass die Schwiegermutter partout nicht einsehen wollte, dass ihr "Junge" Heiligabend alleine mit seiner Frau und seinem Kind verbringen wollte. "Das gabs noch nie, das gehört sich nicht ... " Seit zwei Wochen musste sich Herr Heber jeden Tag am Telefon Vorwürfe anhören. Die Hebers waren schon ganz verzweifelt. Denn, so hatte es Frau Heber dem Herrn Heinevetter erzählt, wenn die Schwiegereltern Heiligabend mit ihnen feiern, dann müsste sie auch ihre Eltern einladen. Dabei hatte sie sich alles so schön vorgestellt. Zuerst am Heiligabend mit Luis in die Kirche, dann ein schönes Essen und zu guter Letzt Bescherung unter dem Weihnachtsbaum.  Am ersten Weihnachtstag wollten sie dann zu Herrn Hebers Eltern fahren und am zweiten Tag zu ihren. "Nun ist wieder alles nur Stress. Einkaufen, vorbereiten. Weil ich essen machen muss für vier Personen mehr, kann ich nicht in die Kirche. Schwiegermutter isst keinen Gänsebraten, den ich aber doch so gerne machen wollte. Sie will Hasenkeule. Wild essen aber meine Eltern nicht. Also muss ich zweierlei machen. Das ganze Fest ist mir bereits jetzt schon verdorben. Dabei wollten wir doch nur eines. Einen friedlichen Heiligabend mit Luis verbringen. ALLEIN! Am liebsten, Herr Heinevetter würde ich verreisen." So hatte die Frau Heber ihre Misere dem Herrn Heinevetter geschildert.
Die Grete ging nach dem Gespräch nachdenklich in ihre Wohnung zurück. Von solchen Dramen hatte sie schon oft genug in der Firma gehört. Helfen konnte man da nicht. Noch nicht mal mit guten Ratschlägen. Auch wenn die Hebers ihr ehrlich leid taten, da mussten sie alleine durch. Grete goss sich noch eine Tasse Tee ein. Auch wenn es mit Sicherheit nicht immer leicht ist, alleine zu leben, in solchen Momenten war die Grete froh darüber. 
Spontan griff sie zum Hörer und rief Tante Heidi an. Nur um ihr zu sagen, wie froh sie ist, eine solch unkomplizierte Familie zu haben. "Ich freu mich auf Heiligabend bei euch, und Tante Heidi, koch was du willst. Ich ess alles."




Samstag, 14. Dezember 2013

Von Abschieden und Neuanfängen

Von Abschieden und Neuanfängen

Nu isse weg, das Lieschen. Hat sich aufgemacht zu neuen Ufern. Mit Herrmann und ohne das Fräulein Grete Meier. Eine große Abschiedsszene hat es gestern nicht gegeben. Lieschen weiß ja, dass die Grete nahe am Wasser gebaut hat. Also haben sich die zwei gestern noch einmal in ihrem Café getroffen. Lieschen hatte viele Fotos dabei von ihrem neuen Zuhause, die der Herrmann gemacht hat. Der ist nämlich schon da und hat die Bilder alle über das Netz geschickt. So saßen sie dann bei Apfelkuchen und heißem Kakao vor Lieschens Laptop. Das war gut so. Zwei Stunden ein "Nachvorneblick" und kein "Rückwärtsgeheule". Zum Abschied flossen dann doch noch ein paar Tränen. Die Grete hat dem Lieschen noch nachgeblickt, bis sie in der Menge der Weihnachtseinkäufer verschwunden war.

"Ich hätte heute morgen zum Bahnhof gehen sollen", sagte die Gete vorhin auf dem Balkon zu Herrn Heinevetter. "Ich hätte wirklich gehen sollen." Herr Heinevetter schaute sie aufmerksam an. "Ach wirklich, Frau Meier? Ist es nicht eher so, dass ihr Lieschen völlig recht getan hat, so einen Abschied zu vermeiden? Mal ehrlich, sie hätten doch nur Rotz und Wasser geheult und ihr Lieschen wäre mit einem schlechten Gewissen in ihre Zukunft gefahren. Wär auch nicht das Gelbe vom Ei gewesen, oder?"
Die Grete fühlte sich ertappt. "Ach Herr Heinevetter", seufzte sie. "Natürlich ist es besser so. Trotzdem ..." 
"Trotzdem, trotzdem, ach was papperlapapp. Nu kommense mal wieder runter. Burano ist nicht am Arsch der Welt. Praktisch umme Ecke. Und, die Angela heult auch nicht, nur weil der Pofalla jetzt geht!" Nun musste die Grete herzhaft lachen. Typisch Herr Heinevetter. Als ob Pofalla und Lieschen miteinander zu vergleichen sind. Im Grunde kennt sie den kaum. Hat sich nie um den Schatten von der Merkel gekümmert. Nur morgens hat sie oft gelacht, wenn in ihrem Lieblingsradiosender WDR2 mal wieder eine Comedyeinlage lief über die zwei. Schade, dachte sie, damit ist es jetzt wohl auch vorbei. Nie mehr "Sie sind so genial". Und nie mehr "Sie alter Schleimer". Das war immer Angies Antwort darauf gewesen. Ob sie wohl einen Ersatz für ihren Schatten und Wegbegleiter findet? Bestimmt. Für Lieschen aber, wird es keinen Ersatz geben. 
Grete verzog sich, nach einem kurzen Nicken in Richtung von Herrn Heinevetter, wieder in ihre Wohnung zurück und packte sich ihren Staubsauger. Das hilft immer, dachte sie, dabei kann ich gut nachdenken. Im Grund ist es doch selten dämlicher Quatsch, das mit dem Ersatz. Ich brauche ja für Lieschen gar keinen. Die ist ja nicht weg. Also für immmer. Sie ist noch da. Nur eben nicht hier, nicht zum Mittwochskaffee.
Während die Grete mit dem Staubsauger kreuz und quer durch die Wohnung flitzte stellte sie sich das Lieschen zwischen all den bunten Häusern vor. Von der Sonne gebräunt, mit weithin leuchtendem weißen Haarschopf. Mit jedem weiteren Bild aus ihrem Kopfkino hob sich ihre Laune wieder und die Traurigkeit verschwand. Zwischen all den Lieschenbildern tauchte sogar der Pofalla auf. Völlig losgelöst, weil er nicht mehr so schwer an der Angie und der ganzen Politik tragen muss. Irgendwie, hat er doch ein bisschen was vom Lieschen. Das Fräulein Grete Meier musste schmunzeln. Eine Entscheidung hat er getroffen, für sein weiteres Leben. Ebenso wie Lieschen schlägt er ein neues Kapitel auf. "Weißte was, Pofalla, es gibt noch andere Ämter für dich. Und Schleimen kannste auch woanders!"









Dienstag, 10. Dezember 2013

Das Fräulein Grete Meier war auch nicht da

Das Fräulein Grete Meier war auch nicht da

So wie die Merkel. Die war nämlich auch nicht dabei. Bei der Trauerfeier von Nelson Mandela. Dabei hätte sie sollen. Meint die Grete. Also die Merkel. Unbedingt. Schließlich waren sie alle da, die Mächtigen dieser Welt. Nur die Merkel eben nicht. Aus welchem Grund auch immer. Vielleicht wollte ihr Mann das nicht, weil er sonst wieder alleine hätte essen müssen. Oder sie verträgt das Klima nicht. Kann sein, dass sie auch nicht das richtige Haarspray hat. Wer weiß das schon. Grete weiß den Grund jedenfalls nicht. Ist ihr aber auch egal. Sie hätte da sein sollen. Punkt. Dass die gute Elisabeth nicht gefahren ist und nur ihren Charles hingeschickt hat, kann man ja noch verstehen. So eine weite Reise und das in ihrem Alter! Aber die Merkel? Also auf das Alter kann sie es nicht schieben. Auch nicht auf das leidige Frauenthema "Mein Kleiderschrank ist leer". Wissen wir doch mittlerweile alles, wieviele Kostüme und Hosenanzüge die Merkel in ihrem Schrank hängen hat. In allen Farbtönen der Welt.
Angie, denkt die Grete, Angie was du alles verpasst hast. Alleine schon die Rede von dem Obama. Und erst recht die Szene, als er dem Castro die Hand gereicht hat. Mensch Angie, was hätteste da alles an Symphatiepunkten sammeln können, wenn du justament in dem Augenblick danebengestanden hättest. Voll im Blickfeld der Kamera. Natürlich mit Tränen der Rührung in den Augen. Solche Momente färben ab. Auch auf dich. Tja, Chance vertan. Aber selbst wenn es diesen einen bestimmten historischen Händedruck nicht gegeben hätte, meinste nicht Angie, es wäre deine Pflicht gewesen nach Südafrika zu fliegen? So als Repräsentantin und Vertretung von all den deutschen Bürgern, die kein Geld haben für solch einen teuren Flug, aber gerne dem Herrn Mandela die letzte Ehre erwiesen hätten. Wie ich zum Beispiel. Ja da staunste, liebe Angie. Die Grete wäre wirklich gerne dabei gewesen. Ging aber nicht. Nichts mehr auf dem Konto. Bei der Bank nicht und auch das Urlaubskonto ist leer. Okay, die Grete hat Weihnachtsgeld bekommen, aber das ist für Winterreifen draufgegangen und für Geschenke. Und für "Ein Herz für Kinder". Über Flugkosten brauchst du dir ja immerhin keine Gedanken machen. Auch nicht über ein leeres Urlaubskonto. Wäre ja bei dir dienstlich gewesen. Und deinen Mann hätteste bestimmt auch mitnehmen können. Eine Frau, so ganz alleine in Südafrika, das kann ja keiner verantworten. Wirklich Angie, du hättest fahren sollen. Stell dir mal vor, so in dreissig Jahren. Uns Angie ist tot, und keiner geht hin. Also zur Trauerfeier.  Ja, jetzt kommste ins Grübeln. Aber zu spät. Wie schon gesagt. Du hättest fahren sollen. 

 Nelson Mandela *18. Juli 1918 5. Dezember 2013
Ein Mann, der seinen Traum von Freiheit und Gleichheit nie aufgab


Sonntag, 8. Dezember 2013

Das Fräulein Grete Meier hat ein Herz für Kinder

 Das Fräulein Grete Meier hat ein Herz für Kinder

Weihnachtszeit - Spendenzeit. So ist es nun mal. Wie sagte die Bankerin von Fräulein Grete Meier neulich: "Da spenden sie alle, als ob es nur zu Weihnachten Menschen und Tiere in Not gibt. Die wollen doch nur ihr schlechtes Gewissen beruhigen." Die Grete sieht das etwas differenzierter. Besser Weinachten spenden, als überhaupt nicht. Und wenn das Geld eben in der Zeit aus unerfindlichen Gründen lockerer sitzt, so what? Also "so what" hat die Grete natürlich nicht gesagt. Das war der Simon, als Grete ihm von ihrem Besuch bei der Bank erzählt hat. Dabei ist es meist nicht das schlechte Gewissen was es zu beruhigen gilt. Die Gründe, warum jemand spendet, sind recht vielfältig. Und niemand hat je ein schlechtes Gewissen erwähnt, wenn das Thema mal aufkam. Vor allem Rentner spenden vor Weihnachten. Auch Onkel Günther. "Grete", sagt er immer, "Grete, ich hab doch genug. Und ich weiß was es heißt, Hunger zu leiden." Ähliches sagt auch Frau Korters. "Meine Generation kennt Krieg, Leid und Hunger. Auch wenn ich nicht viel habe, an Weihnachten muss ich einfach was abgeben!" Susi kennt selber keinen Hunger und keinen Krieg. Nur aus Geschichtsbüchern. Aber sie spendet auch. Für Tiere. Grete findet das in Ordnung. Heidi Seelig spendet nie. "Ist doch für die Katz, die stecken sich das doch alle in die eigene Tasche. Das Geld kommt doch nie da an, wo es gebraucht wird!" Ein bisschen muss ihr die Grete da leider recht geben. Zu oft hat man da schon Negatives lesen müssen. Letztens erst hatte die Grete einen Bericht gesehen, in dem es um Altkleidersammlungen ging. Die Grete war ganz schön schockiert gewesen, dass der größte Teil der Kleidung irgendwo in Afrika landet. Aber nicht bei den ärmsten der Armen, sondern auf Verkaufstischen. Seitdem gibt die Grete ihre Sachen immer direkt in der Kleiderkammer der evangelischen Kirche ab. Ist zwar aufwendiger als zum Container zu laufen, aber effektiver. Also so gar nicht spenden, nichtmal an Weihnachten, findet die Grete doof. Deshalb hatte sie ja auch die Diskussion am Freitag in der Gemeinschaftsküche angeregt. Mit Einverständnis vom Chef. Der spendet nämlich jedes Jahr eine größere Summe an die Organisation "Ein Herz für Kinder". Vielleicht, weil er selber keine hat. Oder aus anderen Gründen. Grete ist das egal. Sie findet das gut. Denn bei "Ein Herz für Kinder" kann man auf der Webseite genau nachlesen, wohin das Geld wandert. Mal wird ein Spielplatz in einer Hochhaussiedlung gebaut, mal eine  Kita unterstützt. Oder eine Behindertenschule. Auch einzelne Kinder erhalten Hilfe. Da wird ein dringend benötigter Rollstuhl angeschafft oder auch eine ganze Wohnung behindertengerecht umgebaut, weil die Eltern sich das nicht leisten können. Zwei Drittel der Spenden bleiben in Deutschland. Auch das gefällt der Grete.
Und gestern war es ja mal wieder soweit. Der Spendenmarathon "Ein Herz für Kinder" im ZDF. Grete hatte am Freitag mit Simon, Susi, Eido und der Berta fleissig in der Firma gesammelt. Richtig stolz war sie, weil mit einem bisschen Überzeugungsarbeit jeder Mitarbeiter etwas in das Riesenschwein gesteckt hatte, welches Eido extra besorgt hatte. Was war das für ein Spaß gewesen, als es nachmittags geschlachtet wurde! Ein schönes Sümmchen ist dabei zusammen gekommen. Der Chef hat dann die Summe auf einen ansehnlichen runden Betrag aufgestockt.Und dann hat er die vier Sammler noch zu sich nach Hause eingeladen am Samstagabend. "Nichts großes, meine Frau macht nur ein paar Schnittchen. Wir haben doch diesen riesigen Fernseher. Da können wir uns gemütlich die Sendung anschauen." 
Der Abend war wirklich gelungen. "Auch wenn die Schnittchen nicht an ihre rankommen, Frau Meier", wie Eido später sagte. Grete ist daraufhin ganz rot geworden. 
Heute morgen hat sie dann gelesen, dass mehr als sechzehn Millionen Euro gespendet wurden. "Da wird einem ja ganz schwindelig vor so viel Hilfsbereitschaft", hat die Grete bei einer Zigarette auf dem Balkon zu Herrn Heinevetter gesagt. Der hatte die Sendung natürlich ebenfalls gesehen. "Und gespendet habe ich auch", sagte er stolz. "Fünfzig Euro! Ach Frau Meier, hamse schon von dem Pocher und der Lisicki gehört? Die sollen ja jetzt zusammen sein. Doll, wie der das immer schafft!"





Samstag, 7. Dezember 2013

Morgens um sieben ist Gretes Welt in Ordnung

Morgens um sieben ist Gretes Welt in Ordnung

Früh war sie heute schon auf. Das Fräulein Grete Meier. Durch ihre Küche zog der Duft von Kaffee und Rührei. Draußen dämmerte es bereits, aber noch immer warfen die Straßenlaternen ein besseres Licht ab als der nahende Morgen. Die Grete stand im Morgenmantel  mit einer Tasse Kaffee am offenen Küchenfenster und rauchte. Nach dem Sturm der letzten zwei Tage lag die Straße friedlich vor ihr. An der Bushaltestelle gegenüber trudelten nach und nach einige dick vermummte Gestalten ein. "Ist schon ein Segen", dachte die Grete, "dass ich Samstags nicht arbeiten muss." Sie drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, schloss das Fenster und setzte sich an den Tisch. Gestern abend hatte sie mit Lieschen telefoniert, die voll im Umzugsstress steckt. Doch daran wollte sie jetzt nicht denken. Nicht an den Abschied. Der kommt, Grete, der kommt. Aber nicht heute. Nicht jetzt. 
Das Rührei schmeckte gut zu dem selbstgebackenen Brot von der Frau Korters. Die hatte ihr gestern Abend noch einen halben Laib vorbeigebracht. Wie so oft in letzter Zeit. "Ein ganzer ist zu viel für mich, Frau Meier, trocken mag ich es dann auch nicht mehr."
Kurz vor sieben. Grete schaltete das Radio ein. Wie immer WDR2. Somebody that I used to know... Grete mag das Lied. Leise summte sie es mit. 
Du bist einfach nur noch jemand, den ich glaubte zu kennnen. Wie oft mag das wohl passieren, fragte sich die Grete. Dass nicht mehr übrig bleibt als so ein Satz. Wie oft täuscht man sich im Leben in einem Menschen. Glaubt ihn zu kennen und dann passieren Dinge, die alles in Frage stellen. Vor allem das eigene Urteilsvermögen. Kann man wirklich frank und frei behaupten: Ich kenne dich? Ist es nicht vielmehr so, dass man nur meint, den anderen zu kennen? 
Grete goss sich eine zweite Tasse Kaffee ein. Während sie ihn in kleinen Schlucken trank, ließ sie ihren Gedanken freien Lauf. Dabei schmunzelte sie. Langweilig wäre es doch das Leben, wenn man alles und jeden genau kennen würde. Keine Überraschungen gäbe es dann. Gut, auf die negativen könnte man verzichten, aber diese vielen kleinen positiven Dinge, die sich oft auftun, die möchte Grete nicht missen. Die Susi fiel ihr ein. Immer ein bisschen sorglos, fast schon oberflächlich. So sehr auf ihr Äußeres fixiert. Und dann die Wandlung, als sie sich in Simon verliebt hat. Ach was, Wandlung. Das steckte schon vorher in ihr drin, nur keiner hatte es bemerkt. Auch nicht sie. Ja, dachte die Grete, Susi ist so jemand, den man zu kennen glaubt und der dann für Überraschungen sorgt.  Für gute wohlgemerkt. Was die gestern alles über Nelson Mandelea wusste! Grete war noch immer fasziniert von dem gestrigen Gespräch in der Firma. Ach was, Gespräch. Susi hat fast allein geredet. Hat die gesamte Lebensgeschichte erzählt. Wirklich erzählt und nicht nur alles, wie auswendig gelernt, heruntergerasselt. Später hatte die Grete dann mal nachgefragt bei der Susi. Die ist in der Schule auf das Thema Apartheid gebracht worden und das hat sie so beschäftigt, dass sie sich immer über die ganze Thematik auf dem Laufenden gehalten hat. "Und, Frau Meier, ich weiß auch alles über die Rassengeschichte in den USA und über Martin Luther King." Ganz still ist da die Grete geworden. "So sehr kann man sich in jemandem täuschen" - genau das hatte sie danach gedacht. Und der Susi dann auch gesagt. 
Jetzt, so in der Küche, morgens um kurz nach sieben, fielen der Grete noch viel mehr solcher Momente ein, in denen sie sich in anderen Menschen getäuscht hatte. Komischerweise nur positive Momente dieser Art. Grete gönnte sich einen dritten Kaffee und öffnete das Küchenfenster ganz weit. Tief sog sie die klare Morgenluft ein. Die Bushaltestelle war inzwischen leer, der Himmel hellgrau. Grete lehnte sich aus dem Fenster und schaute die Straße hinab. In vielen Fenstern blinkten weihnachtliche Dekorationen. Hier bin ich zuhause, dachte sie zufrieden. Hier in dieser Stadt. Hier in dieser Straße. Bei Menschen, die ich mag und die ich glaube zu kennen. "I´m dreaming for a white christmas..."



Mittwoch, 4. Dezember 2013

!!! Doppelt gebloggt hält besser - 2 ist da !!!

 

Als sozusagen krönender Abschluss des Projektes

"Das Fräulein Grete Meier 
und 
Lieschen Müller ihre Welt"

ist der zweite Teil unserer Bloggeschichten ab sofort
als E-Book verfügbar. 

Freut euch auf weitere 100 Bloggeschichten 
von Grete und Lieschen


Doppelt gebloggt hält besser - 2



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weitere Shops folgen 






Dienstag, 3. Dezember 2013

Das Fräulein Grete Meier und ihr Laster

Das Fräulein Grete Meier und ihr Laster 

Ein wenig Zeit hatte das Fräulein Grete Meier heute morgen noch im Büro, bevor der Trubel los ging. Das Handelsblatt war gelesen und so surfte die Grete durch ein paar Blogs, die sie, wenn es ihr die Zeit erlaubt, besucht. Virtuell versteht sich. Auf dem Blog von Irmi, hat sie dann etwas entdeckt. Neben den informativen Schilderungen von Bildern, die sich so alles in Kathedralen finden lassen. Irmi hat nämlich überlegt, ihr Lieblingslaster unter ihren Schreibtischstuhl zu kleben. Dann könne ihr Hinterteil meditierend darauf sitzen und der Versuchung den Kampf ansagen. Mit den Worten: Du kannst mich mal. Also richtig ausgedrückt und aufgrund der Tatsache, das das Laster nun unter dem Hinterteil sitzt - somit wortwörtlich genommen: Du mein Lieblingslaster, kannst mich mal am Arsch lecken. 
Die Grete hat laut gelacht. Zu komisch ist aber auch die Vorstellung, dass da so ein Laster unter dem Stuhl hockt. Komisch aber auch, dass man unter all seinen Lastern auch ein Lieblingslaster hat. Die Grete kam ins Grübeln. Hat sie etwa auch ein Lieblingslaster? Eines dem sie vor allen anderen Lastern den Vorzug gibt? 
Laster kommt von Last. Eine Last kann man entweder tragen oder nicht. Und wenn man sich schon für das Tragen entschließt, dann kann man sie auch irgendwann abstellen. Irgendwo. Vielleicht am Straßenrand. Oder zwischenlagern. Falls man sie wieder mal braucht, die Last, irgendwann. Man könnte so ein kleines Laster auch verstecken. Unter dem Mantel oder so. Damit es keiner sieht. Wobei, überlegte die Grete, das geht wohl nur, wenn es wirklich klein ist. So ein richtig großes Laster, das lässt sich nicht mal eben in die Tasche stecken.
Wer beurteilt denn, ob so ein Laster klein oder groß ist? Der der es trägt, der der es sieht? Grete ist überfragt. Immer tiefer dringt sie in ihre Gedanken ein. "Ist mein Hang zu Torte und Kuchen schon ein Laster? Naja, ein kleines vielleicht für mich. So ein persönliches. In den Augen von der Heidi Seelig wird es wahrscheinlich zu einem Monster anwachsen. Die achtet ja immer so auf ihre Figur. Ob ein Monster wohl unter meinen Schreibtischstuhl passt? Sicherlich nicht. Auch nicht unter den Stuhl von der Frau Seelig. 
Jetzt musste die Grete grinsen. Sie stellte sich ein riesiges, tortenvertilgendes rosa Moster unter ihrem Stuhl vor, das verzweifelt versucht ihrem meditierenden Popo zu entkommen. 
"Grete, komma zur Sache", schimpfte sie laut. "du schweifst wieder ab! Also los, geh in dich. Irgendwo muss doch auch DEIN Lieblingslaster lauern." Nur wo? 
Die Grete schaute unter ihren Stuhl. Aber da hockte nix. Noch nicht mal ein winzig kleines. Musste also woanders sein. Sie entleerte ihre Handtasche auf dem Schreibtisch. Auch da war alles normal. Auch in den Schubladen wurde sie nicht fündig. Nicht im Spiegel und nicht ... weiter kam sie nicht, denn der Chef steckte seinen Kopf durch die Tür. "Morgen Frau Meier,  wir müssen sofort ..." Und da hatte er sie wieder. Der Alltag. Die Gedanken vom morgendlichen Surferlebnis gingen im Bürostress dann völlig unter.

Total geschafft nach dem Tag, führte der erste Weg von der Grete, noch im Mantel, auf den Balkon. In Ruhe eine Zigarette rauchen wollte sie. Als sie es dann hörte, dieses "Hamse schon gehört" von Herrn Heinevetter, da wusste sie wie es aussieht - ihr kleines persönliches  Lieblingslaster. Und das, würde sie auf keinen Fall unter ihren Schreibtischstuhl kleben. 




Montag, 2. Dezember 2013

Das Fräulein Grete Meier und die Invasion der Pakete

Das Fräulein Grete Meier und die Invasion der Pakete

"So helfen sie mir doch Fräulein Meier, so helfen sie mir doch!" Doch so sehr Herr Heinvetter auch bettelte, das Fräulein Grete Meier rührte sich nicht vom Fleck. Starr vor Angst stand sie hinter der geschlossenen Balkontür. Sie zuckte zusammen, als zwei Pakete gleichzeitig auf ihren Balkon fielen. Die Sicherheitsvorrichtungen hatten schon wieder nicht funktioniert. Wahrscheinlich klemmt das Metallgitter, dachte die Grete. Dabei hatte sie erst letzte Woche alles überprüfen lassen. "Hoffentlich hat es der Herr Heinevetter rechtzeitig in seine Wohnung geschafft!" So langsam beruhigte sich die Grete und ihr Denkapparat kam auf Touren. Sie öffnete die Balkontür und spähte hinaus. Alles ruhig. Vorsichtig wagte sich die Grete auf den Balkon. Zu früh, denn ein weiteres Paket verfehlte sie nur um Haaresbreite. Mit einem Sprung rettete sich die Grete wieder zurück in ihr Wohnzimmer. Sie atmete schwer. Immerhin, die paar Sekunden hatten genügt. Herr Heinevetter war nicht mehr zu sehen gewesen. Grete zündete sich nervös eine Zigarette an und wartete. Erst heute morgen war sie ganz knapp einer Katastrohpe entronnen, als eine Paketinvasion in der Innenstadt niederging und mehrere Fahrzeuge fluchtartig versuchten den fliegenden Dingern auszuweichen. Keine Seltenheit zu dieser Jahreszeit, besonders in der Adventszeit muss man damit vermehrt rechnen. An vieles hatte man sich ja die letzten Jahre gewöhnen müssen, auch die Grete. Aber das? Nee, das ging der Grete gegen den Strich. Gut, es war eine Umstellung, als mehr und mehr Geschäfte schlossen. Irgendwann gab es dann kein einziges Geschäft mehr. Alles wurde im Internet bestellt und per Post geliefert. Auch Lebensmittel. Im Grunde alles was das Herz begehrte. Post, ach waren das noch Zeiten, dachte die Grete, wo ein netter Mensch an der Tür klingelte. "Ich hab hier ein Päckchen für sie, Frau Meier!" Schnee von gestern, dachte die Grete bitter. Zuerst wimmelte es von Onlinehändlern im Netz. Nach und nach wurden sie alle eliminiert. Jetzt gibt es nur eine einzige Bestelladresse für alle Waren dieser Welt. Amazon - Wonderland.
Gut, sie liefern schnell und wenn man nicht verhungern wollte, bleibt einem ja nichts anderes übrig. Aber diese Dinger, dieses kleinen mistigen künstlichen Amazonkrieger, die alles auslieferten, waren mittlerweile zu einen regelrechten Plage geworden. Und lebensgefährlich. Sie beherrschten den kompletten Luftraum. Die mit den kleineren Paketen gingen ja noch, denen konnte man ausweichen. Aber die größeren? Eine falsche Bewegung und man hatte so ein Ding im Rücken. Und das war wahrlich nicht angenehm. Auch nicht, wenn so ein Ding mal wieder an die falsche Adresse auslieferte und einem dann die Pakete nur so um die Ohren flogen. Und das passierte oft. Mehrere Verletzte und sogar Tote forderte die Paketinvasion jedes Jahr. Was hatte die Regierung erst neulich über Facebook verlauten lassen? "Ein bisschen Schwund ist immer - das gehört zum Fortschritt". Ja was soll denn noch alles verschwinden? Irgendwann auch der Mensch? Vielerorts ist er ja schon längst von Maschinen ersetzt worden. Grete schauderte es bei dem Gedanken an den Kindergarten unten an der Ecke. Personal gab es dort, wie an den Schulen, schon längst nicht mehr. Nur noch Roboter und Computer. "Das ist die Zukunft", hatte die Merkel vor zehn Jahren auf einer Großveranstaltung in ein Mikro gebrüllt. "Unsere Kinder werden es mal besser haben als wir." Tja, mit ihrer Zukunft war es dann wohl nicht mehr weit her. Die gehört heute den Bezos und Zuckerbergs dieser Welt. Die Angie steht wahrscheinlich heute ebenso auf irgendeinem Balkon und versucht die fliegenden Dinger mit den Paketen abzuwehren, wie die Grete und der Herr Heinevetter. 
Herr Heinvetter! Den hatte die Grete fast vergessen. Aufgeschreckt rannte sie aus ihrer Wohnung und klingelte gegenüber. Niemand öffnete. Grete klingelte noch einmal. Nichts. Panik überkam sie. Sie legte ein Ohr an die Tür. Da, sie hörte es ganz deutlich. In der Wohnung schrillte die Alarmanlage. Sie wurde lauter und lauter ...

Grete schreckte hoch. Zuerst wusste sie überhaupt nicht wo sie war. Immer noch schrillte die Alarmanlage. Erst nach ein paar Sekunden begriff sie, dass es die Weckfunktion ihres Handys war. Grete wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Gott sei Dank, ich bin im Büro!", stöhnte sie laut. Nur ganz kurz ein Nickerchen halten wollte sie in ihrem Bürostuhl, während der Mittagspause. Letzte Nacht hatte sie nämlich nicht besonders viel Schlaf bekommen, weil sie ständig an Lieschen gedacht hatte. "Das hab ich nun davon. Alpträume wegen einer Zeitungsmeldung. Internethändler amazon will künftig Pakete per Drohne liefern"



                                              

Sonntag, 1. Dezember 2013

Das Fräulein Grete Meier ist baff

Das Fräulein Grete Meier ist baff

Das Fräulein Grete Meier ist ganz geplättet. Nichts, aber auch gar nichts hat in den letzten Wochen darauf hingewiesen. Konnte es ja auch nicht. Der Tod kündigt sich niemals an. Er kommt, wenn er meint, dass es an der Zeit ist. Dass ein entfernter Onkel von Herrmann verstorben ist, das hatte das Lieschen erzählt. Aber erst eben ist sie dann damit rausgerückt, dass besagter Onkel dem Herrmann in Venedig ein Haus vererbt hat.  "Grete, das musste verstehen. Der Hermann möchte dahin. Und mein Wunsch ist das auch. Wir haben lange geredet, der Hermann und ich. Du kennst mich doch Grete. Wenn nicht du, wer dann?"
Ja, so oder ähnlich hatte es das Lieschen der Grete heute nachmittag in ihrer Küche gesagt. An den genauen Wortlaut kann sich die Grete nicht mehr so richtig erinnern. Nur, dass das Haus hier vermietet wird und Lieschen noch vor Weihnachten mit dem Herrmann fahren wird. Ganz aufgeregt war sie gewesen. "Du glaubst gar nicht Grete, was wir noch alles erledigen müssen!"
Dabei hatte sich die Grete so auf den Adventskaffee mit Lieschen gefreut. Den ganzen Samstag hatte sie in der Küche verbracht, einen Gewürzkuchen und Plätzchen gebacken. Fünf Sorten. Heute mittag hat sie dann alles hergerichtet. Den Adventskranz auf dem Küchentisch platziert und alles festlich eingedeckt. Sogar das gute Geschirr mit dem Goldrand hatte sie aus der Vitrine geholt. 
Und nun das. Grete saß total matt in ihrem Sessel und starrte an die Wand. Lieschen war schon längst nach Hause gefahren. Nach einer Weile betrachtete sie das Foto in ihrer Hand. Lieschen hatte es auf den Küchentisch gelegt, um der Grete zu zeigen, wo sie zukünftig leben wird. Herrmann hatte es gemacht bei seinem letzten Besuch dort. Eine Träne löste sich aus Gretes Augen und tropfte darauf. Vorhin, mit Lieschen in der Küche, da hat sie nicht geweint. Zu sehr hatten Lieschens Augen gestrahlt, als sie der Grete von ihrer neuen Heimat erzählt hat. Grete versuchte sich zu erinnern, was Lieschen alles erzählt hat. 
Burano! Davon hat die Grete noch nie etwas gehört. Natürlich weiß sie wo Venedig ist. Aber Burano? Gut, dass es Wikipedia gibt. Und Google Earth. Lieschen hat ihr alles auf dem Computer gezeigt, nachdem die Grete sich augenscheinlich von dem ersten Schreck erholt hat. Eine Insel ist das, in der Nähe von Venedig. Mit vielen bunten Häusern. Und eines davon gehört jetzt dem Herrmann. Und dem Lieschen. 
Grete lachte leise vor sich hin. "Alles so schön bunt hier", fiel ihr ein. Eine Textstelle aus einem Lied von Nina Hagen. "Ja, Lieschen", sagte sie laut. "Da passte hin. Bunt ist immer gut." 
Energisch wischte sie sich die Tränen ab. Ebenso energisch griff sie nach dem Telefon. Lieschen nahm direkt ab, als wenn sie darauf gewartet hätte. "Weißte Lieschen, ich vermiss dich jetzt schon. Kein Mittwochskaffee mehr, schwer vorstellbar.  Aber dafür gibbet ja skype. Und Burano ist ja nicht aus der Welt. Bestimmt habt ihr ein Gästezimmer. Also, was ich dir eigentlich sagen will: Recht tuste. So eine Chance kriegt man nicht wieder. Und ich freu mich für dich und den Herrmann. Vorhin Lieschen, vorhin war ich einfach zu traurig, um dir das zu sagen." 
 Burano


Montag, 25. November 2013

Alles hat seine Zeit - auch das Ende


Ihr Lieben,

Ganz einhundert Tage habt ihr Grete und Lieschen
lesend und kommentierend begleitet.
Das von mir und Brigitta Wullenweber gemeinsam 
getragene Projekt "Doppelt gebloggt hält besser"
 hat wie jedes Projekt, mit dem heute erfolgten 
einhundertsten Post, sein Ende erreicht.
Ich möchte mich herzlich bei allen
Lesern und Leserinnen bedanken. 
Einfach mal so schreiben, wie einem der Schnabel
gewachsen ist, ist nicht nur eine Herausforderung, 
der ich mich sehr gerne stelle, 
sondern es macht auch wahnsinnig Spaß.


 Ein zweites kostenloses E-Book mit den
Texten 51 - 100 ist momentan in Arbeit und wird
voraussichtlich noch vor Weihnachten erscheinen.
Zum Nachlesen, Neulesen oder was auch immer.
Der Blog von Lieschen bleibt bestehen, wird aber
von Brigitta nicht mehr mit Leben gefüllt.

Die Grete wird allerdings ab Sonntag dem 01. Dezember
weiterhin in gewohnter Manier ihren Senf 
zu allem und jedem abgeben.

Natürlich trauere ich jetzt schon der gemeinsamen Zeit
 mit Brigitta Wullenweber hinterher, aber ich freue mich auch auf 
neue Geschichten rund um die Grete und ihre Welt.

Mein besonderer Dank gilt Brigitta. 
Allein ihr ist es zu verdanken, dass die Figur des Lieschens  
eine Kontur bekommen hat, die seinesgleichen sucht.

Herzlichst
Perdita Klimeck



Das Fräulein Grete Meier hat keine Zeit

Das Fräulein Grete Meier hat keine Zeit

Eine Aufregung war das vielleicht heute in der Firma. Aber eine mit positivem Hintergrund. Das Fräulein Grete Meier lief zu Hochtouren auf. Musste sie auch. Schließlich musste alles organisiert werden. Und das kurzfristig. Binnen einer Woche. Eine echte Herausforderung für die Grete. Im Grunde für alle. Der Chef war total aus dem Häuschen nach dem Anruf. "Frau Meier, das müssen wir hinkriegen, das rettet uns den Arsch!" Solche drastischen Worte vom Chef, war die Grete gar nicht gewöhnt. Dass die Firma seit einem halben Jahr leicht ins Wanken geraten war, dass weiß die Grete. Sie weiß aber auch, dass der Chef oft übertreibt und ihr wegen nix die Ohren volljammert. Denn sie betreut ja auch die Konten. "Das ist die Konjunktur, Chef", sagt sie dann immer. "Mal hoch und mal runter. Dafür haben wir die Rücklagen!"
Jedenfalls hat der Chef einen riesigen Auftrag reinbekommen heute morgen. Der allerdings noch vor Weihnachten ausgeführt werden musste. Da sowieso vor Weihnachten Hochbetrieb herrscht, keine leichte Aufgabe. Jede Menge Überstunden würden anfallen. 
Die Grete ließ sich vom Chef die genauen Auftragszahlen geben und stellte zusammen mit Eido und der Heidi Seelig einen Plan auf. Mit dem marschierte sie zum Leiter der Produktionabteilung. Vorher allerdings sprach sie noch mit dem Chef. "Müsste alles klappen, Chef. Aber es wird nicht ohne Überstunden gehen. Bei allen Mitarbeitern. Ich bin mir sicher, die machen das, aber sie sollten dennoch etwas zur Motivation beitragen. Ich habe alles genau kalkuliert. Eine kleine Gratifikation wäre für jeden drin."
Der Chef verlässt sich, wenn es um die Finanzen geht (und bei vielem mehr!), immer auf die Grete. So auch diesmal. Somit hatte die Grete gleich ein gutes Argument für die Mitarbeiter in der Hand. Am späten Nachmittag war jede Abteilung informiert und vor allem, jeder war mit den Überstunden einverstanden. Sogar die Susi. Obwohl die Rechtsabteilung ja nicht betroffen ist. "Ich kann dem Eido helfen, im Versand, nach Feierabend." 
Als die Grete heute dann endlich zuhause auf ihrer Couch saß, gerädert aber doch zufrieden, weil alles geklappt hat, hat sie das Lieschen angerufen. Schweren Herzens. Denn sie musste den Mitttwochskaffee absagen. Mittags hatte sie es schon mal beim Lieschen probiert, aber die war nicht zu erreichen gewesen. Auch jetzt musste die Grete lange klingeln lassen. Gerade als sie enttäuscht auflegen wollte, nahm doch noch jemand ab. Herrmann war in der Leitung. Ganz außer Atem, so kam es der Grete vor. "Ja hallo Grete, die Liese ist nicht da. Ist den ganzen Tag schon unterwegs. Muss ja noch so einiges erledigt werden. Ruf doch später nochmal an. So inner halben Stunde ist sie bestimmt wieder zurück." Leicht irritiert legte die Grete auf. 
Da aber im selben Augenblick der Herr Heinevetter von seinem Balkon aus  nach ihr rief, schob sie das ungute Gefühl beiseite. Später hat sie das Lieschen dann doch noch erreicht und ihr von dem dicken Auftrag erzählt. "Den Arsch retten, das hat dein Chef tatsächlich gesagt?" Das Lieschen kam aus dem Lachen nicht mehr raus. Natürlich hatte sie Verständnis für Gretes Abhandenkommen der Zeit. "Macht doch nix, ich hab selbst die ganze Woche zutun. Treffen wir uns eben am Sonntag zum Kaffee bei dir. Ich hab dir auch so einiges zu erzählen. Den Arsch retten, nee Grete, da komm ich nich drüber!" Beide brachen  wieder in Lachen aus und in den nächsten fünfzehn Minuten erzählte die Grete dem Lieschen noch so einige Anekdoten vom Chef. 
Später, als Grete sich in der Küche ihr Abendbrot machte, viel ihr auf, dass sie gar nicht gefragt hatte, was das Lieschen eigentlich so dringend heute erledigen musste. "Ach egal, kann sie mir ja am Sonntag erzählen!"


Was Lieschen davon hält könnt ihr hier nachlesen ---> KLICK
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Sonntag, 24. November 2013

Das Fräulein Grete Meier dekoriert

Das Fräulein Grete Meier dekoriert

Wer hätte das vor einer Woche gedacht? Niemand (Naja, so unermüdliche und übereifrige  Ausnahmen gibt es ja überall!), auch nicht das Fräulein Grete Meier. Eben war doch noch Herbst! 
Nächsten Sonntag ist er also schon da, der 1.Advent. Ganz heimlich hat er sich angeschlichen. Hinterlistig sowas, findet die Grete. Dabei schrillten bei sämtlichen Frühwarnsystemen längst die Glocken. Grete hat sie bis auf ein paar Dominosteine jedenfalls geflissentlich überhört. Kann aber auch sein, sie waren nicht laut genug. 
Das wird es sein, überlegte die Grete. Ich bin es jedenfalls nicht schuld. Grete starrte auf ihren Wandkalender. Nee, was sie alles nächste Woche noch erledigen muss. Und die Abnede sind auch dicht. Vielleicht am Samstag? Mist, Weihnachtsfeier in der Firma. So früh? Grete vergaß ganz, dass sie den Termin vor zwei Monaten festgelegt hatte. Im 
Dezember istz nämlich immer viel zu tun in der Firma, da findet sich schlecht ein Termin. Letztes Jahr wäre die Weihnachtsfeier fast ins Wasser gefallen, weil im Versand auch Samstags gearbeitet werden musste. Sie stöhnte. Blieb nur noch heute. Ihr heiliger Sonntag. Grete verzichtete auf die Zigarette mit Herrn Heinevetter und marschierte in den Keller. 
Fünf Kisten später. Grete keuchte wie eine alte Dampflok. Habe ich jetzt auch alles? Grete machte jede Kiste auf und schaute hinein. Hmm, sieht so aus. "Dann mal los, Grete", sagte sie laut. In stimmung war sie allerdings nicht. "Das muss ich ändern."
Grete suchte sich eine CD mit Weihnachtsliedern raus und legte sie in das Laufwerk des Computers. Die Stereoanlage stand längst im Keller. "Ein Staubfänger weniger", hat sie erst neulich zu Lieschen gesagt. "Hab mir da so tolle Boxen für den PC gekauft, also warum noch die Anlage benutzen!" 
Während "Last Christmas" durch das Wohnzimmer schallte, gefolgt von diversen anderen Weihnachtsschnulzen, räumte die Grete erstmal die Herbstdeko weg. Danach startete sie eine Putzorgie. So langsam hellte sich ihre Stimmung auf. Binnen einer Stunde strahlten aus allen Ecken und Enden im Wohnzimmer leuchtende Kugeln und Weihnachsfiguren der Grete entgegen. Sie hatte sich für grün und rot mit silber entschieden. Niemals mehr als drei Farben, da ist die Grete eigen drin. Und sie achtet sehr darauf, dass die Farben auch zu ihren Möbeln passen.  
Als Ella Fitzgeralds "Rudolph the rednose reindeer"erklang tanzte die Grete mit einer kleinen silberfarbenen Engelsfigur durch ihr Wohnzimmer. Dann gönnte sie sich eine Tasse Kaffee, zwei Haferflockenplätzchen und eine Zigarette auf dem Balkon. Dabei fiel ihr auf, dass der noch völlig ohne Glanz war. Grete kramte in den Kisten. Da war sie doch, die Tannengirlande mit den roten Schleifen, den silbernen Glöckchen und der Lichterkette. Ganz modern. LED. Hatte sich die Grete letztes Jahr zugelegt. Nach einer halben Stunde war auch die an der Brüstung angebracht. Schön sah das aus. Grete freute sich jetzt richtig auf den Abend. 
Die CD hatte mittlerweile ihre dritte Fahrt hinter sich. Und Grete war nun so richtig in Stimmung. Bei Michale Bublés "Let it snow", sehnte sich, die sonst so "derwinterkannmichmal" eingestellte Grete, sogar nach dem Flockengedöhns. Wo war denn nur gleich die Dose mit dem Schneespray? Jedenfalls in keiner Kiste. Grete musste nochmal in den Keller. Neben dem Spray fand das Fräulein Grete Meier auch noch einen Schneemann. Nein, keinen echten, aber so einen aus Plastik, von innen beleuchtet. Und zwei Papiersterne, ebenfalls beleuchtet, für die Fenster. Gut, dass die Grete immer Batterien auf Vorrat hat. 
Die Sterne waren schnell aufgehängt und den Schneemann drapierte sie mit ein paar künstlichen Tannenzweigen, die sie mit dem Schneespray ansprühte, auf dem Mäuerchen zum Herrn Heinevetter. Auch die Fenster bekamen noch etwas Schnee ab.
Befriedigt sah sich die Grete in ihrem Wohnzimmer um. Festlich sah es aus, im ganzen Raum. Und mittlerweile dämmerte es auch bereits.
Zufrieden  mit ihrem Werk setzte sich die Grete in ihren Sessel, zündete eine Kerze an und lauschte hingerissen '"Winterland" von Unheilig. Bei "Driving home for christmas" von Chris Rhea kamen ihr glatt die Tränen. "Heulen is heute nich, Grete", schimpfte sie laut und wischte sich mit einem Ärmel über die Augen. 
Morgen, dachte sie, morgen besorge ich nach Büroschluss noch einen Adventskranz, mit dicken roten Kerzen und kleinen Äpfelchen. Für den Küchentisch. Dann ist alles perfekt.


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Freitag, 22. November 2013

Von Nebenerscheinungen auf einem Spielplatz

Von Nebenerscheinungen auf einem Spielplatz  

Nach Büroschluss hatte es das Fräulein Grete Meier eilig nach Hause zu kommen. Wie immer in den letzten Wochen wollte sie zu Tante Heidi und Onkel Günther fahren. Heute freute sie sich besonders, denn seit gestern musste Onkel Günther auch seine Beinschiene nicht mehr tragen. "Endlich wieder Normalität, Lieschen. Ich habs je gerne gemacht, aber freue mich auch mal wieder auf ein Wochenende nur für mich." Denn natürlich hat die Grete gleich gestern Abend noch dem Lieschen diese erfreuliche Nachricht am Telefon mitgeteilt. Grete konnte förmlich durch den Hörer sehen, wie Lieschen leicht mit dem Kopf schüttelte. Und dann kam es auch schon. "Gönn ich dir, Grete. Von Herzen. Aber wie ich dich kenne, kommt bestimmt wieder irgendwas, was dich abhält mal an dich zu denken. Ich hoffe sehr, du sagst dann mal NEIN!" Grete weiß durchaus, dass Lieschen recht hat und es nur gut meint. Schließlich haben die zwei dieses Thema schon zigfach durchgekaut. Vor und zurück. 
Grete schloss gerade vor der Haustür ihren Wagen ab, als sie die junge Frau Heber bemerkte. Die war auch nicht zu überhören. Schimpfte wie ein Rohrspatz. An einer Hand hing ein strampelnder und schreiender Luis. So hatte die Grete den Jungen noch nie erlebt. Eilfertig lief sie der Frau Heber entgegen. "Was ist denn los, Frau Heber?" Sie bückte sich zu Luis herunter, der immer noch schrie. Puterrot war er im Gesicht und Rotz lief ihm aus der Nase. Und er stank. Und zwar widerlich. Erst jetzt bemerkte die Grete, dass der Junge vollkommen verdreckt war. Überall klebte brauner Matsch. Matsch? Grete kam ein Verdacht. Der sich bestätigte als Frau Heber ihre Schimpftirade fortsetzte. "Das müssense sich mal vorstellen, Frau Meier. Unmöglich sowas. Ich bin sowas von sauer! Auf dem Spielplatz. Direkt neben dem Sandkasten. Luis hüpfte in den Pfützen rum. Das macht er doch so gerne Frau Meier, deswegen bin ich ja vorhin mit ihm hin. Dann ist er gestolpert und voll in die Hundescheiße gefallen. Ein Riesenhaufen, ich sag es ihnen. Luis wollte aufstehen und ist natürlich direkt wieder hingefallen. So eine Schweinerei! Ich hab ja nix gegen Hunde, aber ich sage ihnen, wenn ich diesen Hundebesitzer erwischt hätte ...!" 
Im ersten Moment konnte sich die Grete kaum ein Grinsen verkneifen. zu lustig stellste sie sich das vor. Aber natürlich hat Frau Heber vollkommen recht. Sowas geht gar nicht. 
Grete kennt viele Hundebesitzer, weil sie ja oft im Park spazieren geht. Viele haben brav ein Tütchen dabei und entsorgen die Hundekacke. Aber es gibt da doch so ein paar Unbelehrbare.  Dabei stehen drei Automaten im Park, wo man sich die Tütchen ziehen kann. Nun gut, dachte die Grete. Park, naja, das geht ja noch irgendwie. Aber auf einem Kinderspielplatz haben Hunde einfach nichts zu suchen. Ob kackend oder nicht. Die gehören da nicht hin. 
Luis hatte mittlerweile aufgehört zu heulen. Stattdessen verschmierte er mit den Fingern den "Matsch" auf seinem Ärmel. Als Frau Heber das bemerkte, war sie einer Ohnmacht nahe. Sie packte Luis am Kragen, der natürlich prompt wieder anfing zu zetern. Grete schloss rasch die Haustür auf und ließ die zwei in den Flur. "Am besten komplett so wie er ist unter die Dusche, Frau Heber. Und die Sachen in die Maschine." Kaum hatte sie das ausgesprochen, umarmte Luis, der sich von seiner Mutter losgerissen hatte, ihr Bein. Schniefend rieb er seine Rotznase und was sonst noch so alles an ihm klebte an Gretes Hose ab und schaute dann mit seinem tränenverschmierten Gesicht zu Grete hoch. "Kekse?"  




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Donnerstag, 21. November 2013

Von einem etwas anderen Mittwochskaffee

Von einem etwas anderen Mittwochskaffee

"Lieschen", hat das Fräulein Grete Meier Dienstagabend am Telefon gesagt, "Lieschen, morgen kommste mal zu mir zum Kaffee. Ich backe Apfelkuchen mit Schmand, nach Tante Heidis Rezept. Und Haferflockenkekse. Jede Menge. Schnittchen gibt es natürlich auch. Was sagste dazu?"  Lieschen reagierte prompt. "Grete, dir isses mittlerweile zu kalt, stimmts? Also zum Rauchen draußen vor dem Café." 
Die Grete gab das sofort zu. Was anderes hätte ihr auch schlecht zu Gesicht gestanden. Erstens lügt die Grete nicht, sie flunkert nur im Notfall mal, und zweitens weiß sie genau, wie gut das Lieschen sie kennt. Da würde eine Lüge eh nicht viel nützen. Die Einzelheiten waren dann schnell geklärt. Lieschen würde mit der Bahn kommen und Grete würde sie abends nach Hause fahren. Lieschen wäre auch mit der Bahn zurück gefahren, denn sie fährt gerne damit, aber das wollte die Grete auf keinen Fall.
Nach dem Telefonat ist die Grete sofort in die Küche. Erst den Apfelkuchen oder die Kekse? Ein Blick auf die Uhr und die Grete entschied sich für den Apfelkuchen. Die Äpfel waren fix geschält und keine halbe Stunde später konnte die Grete den Kuchen in den Ofen schieben. Schnell noch die Eieruhr gestellt und dann ab zu Frau Korters. Die lag nämlich mit einer Grippe flach und die Grete wollte schauen, wie es ihr geht. Nachdem das auch erledigt war, machte sich die Grete an den Teig für die Haferflockenkekse. Mittlerweile duftete es herrlich in Gretes Küche. Die Eieruhr gab pünktlich Laut und Grete trug den Kuchen auf den Balkon zum Auskühlen. "Hamse schon gehört. Frau Meier?" Grete hatte natürlich nicht. "Ich komme gleich Herr Heinevetter. Muss nur noch schnell ein Blech in den Ofen schieben."
Keine Fünf Mionuten später stand die Grete wieder auf ihrem Balkon. Eingemummelt in eine dicke Strickjacke. Sie zündete sich eine Zigarette an. "So, Herr Heinevetter, dann erzählense mal. Was soll ich schon gehört haben!"
"Na, dass der mit dem Scheibenwischer tot is!" Scheibenwischer sind am Auto! Beinahe wäre der Grete das herausgerutscht. Aber da sie es bereits im Radio gehört hatte, wusste sie was ihr Nachbar meinte.  Grete mochte ihn ja gerne, den Herrn  Hildebrandt. An seine Sendung "Scheibenwischer" hat sie nur gute Erinnerungen. Tränen gelacht hat sie oft. Kurz, nur ganz kurz schwelgte die Grete mit dem Herrn Heinevetter in Erinnerungen an so manche Sendung. Und an Sendungen die die Grete überhaupt nicht mag. Vor allem die mit Harald Schmidt. "Unter der Gürtellinie", regte sie sich auf. "Wie der Pocher!" Bis Herr Heinevetter sich über einen komischen Geruch wunderte.

"Und nu isser tot, der Hildebrandt, Lieschen, und damit geht wieder ein Stückchen Fernsehniveau verloren. Kabarettist - meinste heutzutage kennt einer noch das Wort? Comedians sagense jetzt alle. Is ja nich so, dass ich da nicht welche von mag. Den Mario Barth mag ich schon oder den Rüdiger Hoffmann. Oder so leichte Satiriker wie den Dudenhöffer und den Becker. Sag mal kannst dich noch an die Misfits erinnern? Da hab ich mich auch immer schlappgelacht." Grete und Lieschen ließen gestern in Gretes Küche noch so manchen Komiker wieder auferstehen. Urahne, Großmutter, Mutter und Kind ... der gute Heinz Erhardt. Oder Loriot mit seiner Nudel. Nach dem Apfelkuchen wanderten, zwischen fröhlichem Geplauder und ziemlich lautem Gelächter, Gretes Schnittchen in beider Münder. Lieschen verschüttete beinahe ihre Cola, als Grete theatralisch "Die Killerdackel greifen an" vorführte. "Eh boa ey, voll der Vollmond ... schein schein" Dabei fiel sie selber fast vom Stuhl.
"Siehste Grete", japste sie nach einem erneuten Lachanfall. "Das ist Glück. Das wir hier in deiner Küche sitzen, Apfelkuchen, Haferflockenkekse und Schnittchen essen, und lachen bis der Arzt kommt. Apropos Kekse, haste doch keine gebacken?"
"Doch", antwortete die Grete," aber die sind verbrannt. Weil ich mich mit Herrn Heinevetter über den Hildebrandt unterhalten habe, während das Blech im Ofen war. Naja und über den Harald Schmidt und den Pocher. Die kann ich ja vor Augen nicht sehen. Hab mich halt was aufgeregt und die Eieruhr nicht gehört."
Lieschen grinste. "Verbrannte Kekse! Und wer ist es schuld? Mal wieder der Pocher. Typisch. Einen Protestbrief müssen wir schreiben. Ja genau Grete. An die BILD. Ich sehe schon die Schlagzeile. Pocher der Haferflockenkeksmörder. Eine Frau klagt an!"


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Dienstag, 19. November 2013

Von Dingen über die man nicht gerne spricht

Von Dingen über die man nicht gerne spricht 

"Was ist das denn?", hat das Fräulein Grete Meier heute morgen gedacht, als sie in der Frühstückspause im Internet surfte. "Welt-Toilettentag" - so ein Blödsinn! Generell interessieren sie diese, manchmal überaus komischen, Welt- oder internationalen Aktionstage nicht die Bohne. Klar gibt es Ausnahmen. Den Tag des Kusses findet sie lustig und den Weltkindertag unverzichtbar. Ebenso wie einige andere Gedenktage. Auch der Weltspartag gefällt ihr und der Tag des Lächelns, oder der Vorlesetag. Eine gute Sache, vor allem für Kinder.  Aber wozu die Welt einen Tag des Stotterns oder einen für den Schneemann braucht, das hat sich ihr nie ganz erschlossen. Die meisten dieser Tage kriegt die Grete auch gar nicht mit. Ist auch gut so, findet sie. Denn mittlerweile ist ja fast jeder zweite Tag irgendein Welttag. Und heute also Welt-Toilettentag. Ob sie wohl heute an ihre Toilette denken sollte, oder an die Toiletten im Büro? Daran, ob auch alle richtig geputzt sind? Vor allem mit dem richtigen Mittelchen? 
Neugierig geworden begann die Grete den Artikel zu lesen. In der Tat geht es um Hygiene, oder vielmehr darum, dass es in vielen Ländern mit Toiletten und somit mit der Hygiene nicht weit her ist. Dass die Menschen dort ihre Notdurft im Freien verrichten. Vierzig Prozent der Weltbevölkerung verfügt über keinen Zugang zu Toiletten. Die Zahl erschreckte die Grete dann doch. Dass so ein Urwaldvölkchen oder Nomadenstämme keine Toiletten haben, ist der Grete natürlich klar. Aber so viele Menschen? Alleine schon bei dem Gedanken, irgendwo im Freien hinter einem Busch verschwinden zu müssen, schüttelte sich die Grete. Einfach unvorstellbar. Neben der fehlenden Hygiene, die ja auch Krankheiten verursacht, tauchen auch noch andere Probleme auf, las die Grete weiter. Denn es gibt auch Schulen die über keine sanitären Anlagen verfügen. Das führt dann dazu, dass Mädchen so gehemmt sind, vor allem in der Pubertät, dass sie nicht mehr in die Schule gehen. Keine Toiletten - keine Bildung. Soweit hatte die Grete noch nie gedacht.  
Und deshalb wurde ein Projekt ins Leben gerufen, welches sich zur Aufgabe macht in Indien Schulen mit einfachen Sanitärsystemen auszustatten. Aber damit nicht genug. Sie klären auch auf, warum Hygiene so wichtig ist. Das findet die Grete klasse. Sofort war ihr dieser Welttag doch eine Runde sympathischer. Und wenn sie so darüber nachdachte, könnte ein wenig Aufklärung auch in Deutschland nicht schaden. Immerhin hatte sie erst neulich gelesen, dass sich doch ein recht großer Teil nicht die Hände wäscht, nach dem Toilettengang. Zumindest nicht jedes Mal. Richtig eklig, findet die Grete. Eklig sind auch viele öffentliche Toiletten und manchmal sogar Toiletten in Restaurants. Wenn die Grete irgendwo essen möchte, inspiziert sie vor der Bestellung die Toiletten. Wenn dort nicht alles sauber ist, geht das Fräulein Grete Meier lieber wieder. Schmutzige Toilette - schmutzige Küche, sagt sie immer. Neulich erst hatte sie in einem bekannten Schnellrestaurant das Örtchen aufsuchen müssen. Versehntlich hatte sie die Tür zur Herrenoilette geöffnet., die recht nah an der Speiseausgabe lag. Ein unglaublicher Uringestank ist ihr entgegen geschlagen. Grete hat weder die Damentoilette aufgesucht, geschweige denn einen Burger gegessen. Grete benutzt eh am liebsten ihre eigene Toilette. Da weiß sie wenigstens, dass sie sauber ist. Denn darauf legt die Grete viel wert. Für unterwegs hat sie deshalb immer ein kleines Fläschchen Sagrotan in ihrer Tasche. Und ein Päckchen mit Feuchttüchern. Denn wenn man muss, dann muss man. Da kann man nicht warten bis man eine hygienisch einwandfreie Toilette gefunden hat. Gut findet die Grete ja diese selbstreinigenden Toilettensysteme, die es mittlerweile an den meisten Autobahnraststätten gibt. Und auch oft in großen Bahnhöfen. Dafür zahlt sie gerne die 70 Cent. 
Die Grete schlug die Zeitung zu und widmete sich wieder ihrer Arbeit. Kurze Zeit später verließ der Chef das Büro mit den Worten: "Ich bin mal kurz in der Keramikabteilung, falls jemand was von mir will." Gerade noch rechtzeitig konnte die Grete ein "Händewaschen nicht vergessen" runterschlucken. Wirklich gerade noch rechtzeitig.

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Montag, 18. November 2013

Das Fräulein Grete Meier auf der Suche nach dem Glück

Das Fräulein Grete Meier auf der Suche 

nach dem Glück

"Also, wenn ich gewusst hätte, Herr Wenig, was das für Folgen hat, dann hätte ich doch nie davon gegessen. Jedenfalls nicht beim Autofahren!" Das Fräulein Grete Meier zog ihren Schal fester. Es war nämlich lausig kalt im Hausflur. Herr Wenig grinste. "Das weiß auch kaum einer, Frau Meier. Ich würd an sowas auch nicht denken. Na, wenigstens haben sie Glück gehabt. Der Führerschein ist noch da. Ich wünsch ihnen noch einen schönen Abend."
Glück gehabt, sinnierte die Grete als sie die Treppe hinauf lief, ob man das so nennen kann? Schließlich habe ich ja wirklich nichts getrunken. Nur ein paar Mon chéri gegessen während der Fahrt. Nie wäre mir doch in den Sinn gekommen, dass man danach eine "Fahne" hat. Allgemeine Fahrzeugkontrolle, hatte der Polizist gesagt und dann geschnuppert. Grete lachte laut auf, als sie ihre Wohnungstür aufschloss. Ich muss ja ganz schön dumm aus der Wäsche geguckt haben, als der mich nach der Kontrolle der Fahrzeugpapiere fragte, ob ich Alkohol getrunken hätte. "Ihrer Fahne nach zu urteilen, eine ganze Menge, Frau Meier. Sind sie mit einem Alcotest einverstanden?"

Ob die Grete wollte oder nicht, sie musste pusten. Ein bisschen schlug das Gerät auch an. Grete empörte sich natürlich, denn wenn sie eines nicht macht, dann ist das, sich nach dem Genuss von Alkohol ans Steuer zu setzen. Nicht mal nach einen winzigen Glas Sekt fährt die Grete noch. Sie diskutierte zehn Minuten mit den Beamten herum. Und bestand auf einem zweiten Test. Der fiel dann negativ aus. Nicht für die Grete, für die war das Ergebnis positiv. Null Promille. "Sehn sie, hab ich doch gesagt, ich hab nichts getrunken!" Der Beamte, der ihre "Fahne" gerochen hatte, war immer noch skeptisch. Mit einer Taschenlampe leuchtete er den Innenraum von Gretes Wagen aus, denn mittlerweile war es dunkel geworden. Schnell wurde er fündig. Er hielt der Grete die Mon Chéri Schachtel, die auf dem Beifahrersitz lag, unter die Nase. "Haben sie die hier gegessen?" Dabei konnte er ein Grinsen kaum unterdrücken. Grete bejahte. Das war also des Rätsels Lösung und der Grund für Gretes Alkoholfahne. Pralinen mit einer Piemontkirsche, gefüllt mit Branntwein. Grete wusste nicht ob sie lachen oder weinen sollte. Natürlich konnte sie weiterfahren. Die halbleere Schachtel verbannte sie allerdings auf den Rücksitz. "Sowas kann auch nur mir passieren", sagte sie später, als sie dem Herrn Wenig im Hausflur davon erzählte.

Dieses "Glück gehabt", von Herrn Wenig, wollte ihr sogar nicht mehr aus dem Kopf gehen. Nicht unter der Dusche und auch später nicht, als die Grete ihr Abendessen in der Küche zubereitete. Was ist das überhaupt, Glück? Was ist es für mich, was für Frau Korters oder für Herrn Wenig? Ist es nicht so, dass Glück so vielschichtig ist, dass man es im Grunde gar nicht beschreiben kann?
Während die Grete eine Kartoffel schälte, überlegte sie, wann sie selber glücklich ist. Weit kam sie nicht. Denn irgendwie blieb es immer bei solchen Sätzen die mit "Ich freue mich über ..." oder "Ich freue mich, wenn ... " Grete fragte sich, ob man Freude mit Glück gleichsetzen kann. "Bin ich glücklich, wenn ich mich freue, dass es Tante Heidi und Onkel Günther gut geht, oder wenn ich mich freue, dass ich so eine liebe Freundin wie das Lieschen habe?  Die Grete erinnerte sich an den Tag, als sie das rote Hütchen fand. War das Glück? Gretes Gedanken bogen sich hier hin und dort hin. Bis nur noch ein verknotetes Gestänge übrig blieb. 
Nein, dachte die Grete, das kann ich nicht alles alleine lösen. Sie legte das Schälmesser aus der Hand und betrachtete die Kartoffel, von der vor lauter Schälerei nur mehr eine kleine Kugel übrig geblieben war. 

"Glücklicherweise, Lieschen", sagte die Grete später am Telefon, "glücklicherweise habe ich ja noch mehr Kartoffeln gehabt"

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Sonntag, 17. November 2013

Das Fräulein Grete Meier hat keine Lust für nix

 Das Fräulein Grete Meier hat keine Lust für nix

Kopfschmerzen hatte das Fräulein Grete Meier heute. Den ganzen Tag. Zwar nur leichte, aber dafür diese fiesen, die jedwede Gedanken in Watte packen. Der Kaffee schmeckte morgens nicht und auch nicht die Zigarette auf dem Balkon. Alles nervte heute irgendwie. Das bekam auch der Herr Heinevetter zu spüren. So wortkarg hatte er die Grete schon lange nicht mehr erlebt. "Liegt wohl am Wetter", dachte er und zuckte mit den Schultern, als die Grete ihre Zigarette schon nach der Hälfte ausdrückte und wieder in ihrem Wohnzimmer verschwand. Kalt war es und zudem hing ein gruselig grauer Himmel tief über der Stadt.

Grete aß lustlos einen Joghurt im Stehen in der Küche. Das sonntägliche Kreuzworträstel lag ungelöst auf dem Tisch. Als das Telefon klingelte, nahm die Grete den Hörer nicht ab. Sie hatte einfach keinen Gesprächsbedarf. Stattdessen öffnete sie einen der Küchenschränke und begann ihre Teesorten von rechts nach links zu sortieren. Ohne Sinn und Verstand. Was sich da alles angesammelt hatte! Grete staunte nicht schlecht. Und was die teilweise für hochtrabende Namen haben. Gute Nacht, Wohlfühltee, Glücksmomente, Magie des Lebens, Gemischte Versuchung und noch so vieles mehr. Alles in bunten, passenden Verpackungen. Daneben nahmen sich die kleinen Tüten mit dem Lieschentee recht unscheinbar aus. Riechen auch nicht so gut, stellte die Grete fest. Helfen aber. Kurzerhand schnappte sie die Grete eine Mülltüte und entsorgte bis auf einen Magentee all die bunten Schächtelchen. "Ich muss bekloppt gewesen sein, all das Zeug zu kaufen", dachte sie. Sie wusch den Schrank aus und ordnete den restlichen Tee wieder ein. Sie warf einen Blick auf die Küchenuhr. Erst kurz vor zehn. Die Grete seufzte. Wieder öffnete sie den Kühlschrank. Ein Stück Salami fand den Weg in ihren Mund. "Nu is aber gut, Grete. Du kannst doch nicht den ganzen Tag essen!" 
Das neue Bildbearbeitungsprogramm fiel ihr ein. Sie schaltete den Computer ein und installierte das Programm. Ziemlich kompliziert erschien ihr das schon nach wenigen Minuten. Sie probierte ein paar Funktionen aus, hatte dann aber auch dazu keine Lust mehr. Sie konnte sich einfach nicht konzentrieren. Also ab auf die Couch, mit einem Buch. "Eine Handvoll Worte" von Jojo Moyes. Hatte ihr letzte Woche die nette Buchhändlerin aus der Bahnhofsbuchhandlung empfohlen. Schon nach ein paar Seiten wusste die Gete: Da komm ich nicht rein. Also in die Geschichte. Nicht heute. Sie klappte das Buch zu und döste. Aber auch das - stinkelangweilig. Wie alles heute. Vielleicht läuft ja was im Fernsehen. Grete klickte sich durch die Sender. Alles öde. Wieder musste der Computer herhalten. Gut das es Maxdome gibt. Dort findet die Grete meistens etwas was sie interessiert. Seicht musste es aber sein. Zumindest heute. Julia Leischik - Bitte melde dich. Grete machte es sich mit einer Decke in ihrem Schreibtischsessel bequem und schniefte sich durch neun Folgen. Sowas berührt sie immer sehr. In gleich zwei Sendungen ging es um Zwangsadoptionen in der ehemaligen DDR. Eine schlimme Sache, findet die Grete und heulte mit Müttern und Kindern, die sich teilweise nach mehr als 40 Jahren wieder in den Armen lagen, um die Wette.

Frau Korters dachte es wäre wer weiß was passiert, als die Grete mit dicken rotgeweinten die Türe öffnete. Wohlgemerkt erst nachdem sie mehrmals geklingelt und geklopft hatte. Grete klärte sie aber schnell auf und Frau Korters beruhigte sich wieder. "Ich wollte sie nur fragen, ob sie mit mir ein Ründchen spazieren gehen.  Es regnet nämlich nicht mehr und alleine ist immer so langweilig!" 
War es das, dachte die Grete später, nachdem sie von einem Spaziergang mit Frau Korters zurückgekehrt war und kopfschmerzfrei in ihrer Küche saß, das Alleinsein? Ruft das diese Lustlosigkeit und Langeweile hervor? Oder liegt es tatsächlich am Wetter. An der Tristesse des Novembers. 

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Freitag, 15. November 2013

Das Fräulein Grete Meier wird gestylt

Das Fräulein Grete Meier wird gestylt

"Am besten, Frau Meier, fröhliche Farben, das kommt immer gut an bei unseren Kunden. Und bitte seien Sie pünktlich!" Leicht irritiert beendete das Fräulein Grete Meier heute morgen den Anruf und steckte ihr Handy wieder in die Tasche zurück. Susi schaute sie erwartungsvoll an. "Was warn das? Haben sie echt gewonnen? Fünftausend Euro?" Grete nickte automatisch. "Haste richtig gehört, Susi. Das war gerade meine Bankberaterin. Seit Jahren kaufe ich schon jeden Monat zehn Sparlose. Die kosten fünf Euro. Vier Euro wandern auf mein Sparkonto und ein Euro wird für einen guten Zweck gespendet. Also nicht so richtig. Ein Teil wird als Gewinn ausgeschüttet. Und da hab ich gewonnen." Grete konnte es noch immer nicht glauben, dass merkte man an ihrer Stimme. "Dabei hab ich noch nie was gewonnen. Soviel Geld!" Grete schüttelte den Kopf. "Ja sowas", kam es von der Susi, "das ist doch super. Warum passiert mir das nicht. Fünftausend Euro, was ich damit alles kaufen könnte. Neue Klamotten, einen Fernseher, das neue iPad ..." Betroffen hielt sie inne, als die Grete einen Seufzer ausstieß. "Mensch Frau Meier, warum freuen sie sich denn gar nicht?" Denn das die Grete alles andere als begeistert war, war offensichtlich. Zusammengesunken mit heruntergezogenen Mundwinkeln hockte sie auf ihrem Schreibtischstuhl und stierte in die Luft. Susi fuchtelte mit einer Hand vor Gretes Gesicht herum. Keine Reaktion. Sie stupste die Grete an. Immer noch keine Reaktion. Jetzt wurde es der Susi mulmig. Sie eilte aus dem Büro. Kurze Zeit später kam sie mit Heidi Seelig im Schlepptau zurück. Grete saß noch genauso da wie vorher. "Sehense, Frau Seelig, das meine ich. So sitzt sie schon ein paar Minuten. Das ist doch nicht normal!"
Heidi Seelig schüttelte die Grete, deren Gesicht keinerlei Farbe mehr aufwies. "Frau Meier, was machense denn für Sachen. Fünftausend Euro ist zwar ein doller Gewinn, aber es sind keine fünf Millionen. Wennse die gewinnen, dann könnense aus den Latschen kippen."
Jetzt reagierte die Grete endlich. "Ach Frau Seelig, das mit dem Gewinn, natürlich freue ich mich darüber. Aber  ..."
"Was aber, Frau Meier, da gibt es doch kein aber, oder müssen sie dafür etwa den Herrn Heinevetter heiraten?" Die Susi brach in lautes Lachen aus. "Kopfkino, ich krieg Kopfkino!" Auch Grete konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Und mit dem Grinsen kehrte auch wieder Farbe auf ihre Wangen zurück. "Äußerst witzig, Frau Seelig, aber ich muss ihn natürlich nicht heiraten. Viel schlimmer, viel viel schlimmer." 
Was Schlimmeres, als den Herrn Heinevetter zu heiraten, konnte sie die Susi gar nicht vorstellen. Höchstens noch, dass Robbie Williams schwul ist. Für den schwärmte sie nämlich. Heimlich natürlich. Wegen Simon und so. Männer sind da ja sehr empfindlich, hat sie mal gelesen. Heidi Seelig, die sich mittlerweile auf die Kante von Gretes Schreibtisch gesetzt hatte, wollte es nun genau wissen. "Was ist denn nun viel schlimmer?"
Grete sank wieder in sich zusammen. "Der Fototermin", sagte sie ziemlich kleinlaut.  "Die wollen mich fotografieren mit einem Scheck in der Hand. Zusammen mit meiner Bankberaterin. Und das Bild soll dann mit einem Bericht über die glückliche Gewinnerin in der Kundenzeitschrift von der Bank erscheinen. Furchtbar!"
Also was daran so furchtbar sein sollte verstanden weder die Heidi Seelig noch die Susi. Auch der Chef nicht, der nun auch seinen Kopf aus dem Büro gesteckt hatte. Grete hatte wirklich Mühe ihr Dilemma zu erklären. Denn wenn die Gretes eines überhaupt nicht mag, sind es gestellte Fotos. "Da sehe ich immer total blöde aus. Ich kann einfach nicht auf Kommando lächeln. Und außerdem, ich habe nichts anzuziehen. Die wollen fröhliche Farben sehen. Und der Fototermin ist doch schon in zwei Stunden. Ausgerechnet heute habe ich das graue Kostüm an. Mit grauer Bluse. Was mache ich denn jetzt nur. Nach Hause fahren kann ich ja nicht mehr. Dafür fehlt die Zeit. Und überhaupt. Meine Frisur sitzt auch nicht. Und Schminke schleppe ich nicht mit mir herum, das wissen sie doch."
Ganz verzweifelt war die Grete. "Das haben wir gleich!", tönte es von der Schreibtischkante. Susi verstand und blinzelte verschwörerisch Richtung Heidi Seelig.

Keine zehn Minuten später glich das Vorzimmer mehr einem Beautysalon, als einem Büro. Der Chef wurde rausgeschickt und Heidi Seelig, Susi und Berta Kalt legten los. Letztere drapierte einen bunten Seidenschal um Gretes Hals. Wo immer sie ihn auch aufgetrieben hatte, er passte perfekt zu den tristen grauen Kostüm. Mit einer großen bunten Brosche wurde er festgesteckt. Heidi Seelig fummelte, zog und zupfte an Gretes Haaren herum. Voller Elan verteilte sie eine halbe Dose Haarspray über ihr Werk. "Drei Wetter Taft, Frau Meier. Das hält bombig. Büro -  die Haare sitzen. Autofahrt - die Frisur hält. Bank - das Haar ist noch immer geschmeidig." 
Grete hätte gerne mit den anderen gelacht, es war ihr aber nicht möglich, da die Susi gerade mit ihrem Gesicht beschäftigt war. Sie schmierte und pinselte was das Zeug hielt. "Voila!", rief Heidi Seelig eine halbe Stunde später. Alle drei zogen die Grete in die Damentoilette vor den Spiegel. Grete traute sich erst gar nicht die Augen zu öffnen. Vorsichtig riskierte sie dann aber doch einen Blick. Sprachlos riss sie die Augen dann ganz auf. Aus dem Spiegel blickte ihr ein wohlfrisiertes, dezent geschminktes Gesicht entgegen. Rosige Wangen, rosige Lippen, alles farblich abgestimmt auf den wirklich schönen bunten Seidenschal. "Siehste, Grete, jetzt strahlste. Nu kannst dich auch über den Gewinn freuen. auch für das Foto."
Grete drehte und wendetet sich noch ein paar mal vor dem Spiegel, bedankte sich überschwänglich bei allen dreien, schnappte sich Tasche und Autoschlüssel und fuhr zur Bank. Den Fototermin überstand sie locker und strahlend, wie die Göttin der Morgenröte.
"Und, Frau Meier", wurde sie von der Bankberaterin gefragt, "was machen Sie mit dem Geld?" Grete lächelte. "Drei Damen zum Essen einladen. Ganz groß. So richtig mit allem SchickiMicki. Was haben sie denn gedacht?"


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