Freitag, 6. September 2013

Von Service und Diskretion



Von Service und Diskretion


Generell erfolgt der tägliche Brief – und Warenversand in  Gretes Firma  per Bote und Paketdienst. Da muss die Grete sich nicht drum kümmern. Das macht alles der Eido. Grete muss nur sicherstellen, dass die Firmenpost versandfertig,  pünktlich um 11.00 Uhr, bei Eido liegt. Manchmal hat der Chef aber auch noch nachmittags Briefe, die wichtig sind. Also  taggleich versendet werden müssen. Dann fährt die Grete nach Feierabend noch zur Post. Heutzutage ist es ja nicht mehr so, dass es in jedem Stadtteil ein Postamt gibt. Und Postamt heißt es ja auch nicht mehr, sondern Postbank Finanzcenter. Oder Postfiliale. Und wenn man Pech hat, ist die dann auch noch in einem Schreibwarengeschäft in der hintersten Ecke untergebracht. Mit Personal, die gerade mal Briefmarken aufkleben können, und Kunden der Postbank bei der Aus – und Einzahlung von Bargeld behilflich sind. Eines dieser Postbank Finanzcenter liegt auf dem Nachhauseweg von der Grete. Gleich wenn sie von der Autobahn kommt.

Bedingt durch einen Stau (Baustelle!) war die Grete gestern später dran als sonst. So war es schon halb sechs, als sie das Postbank Finanzcenter Außenstadt erreichte. Doch - alles dunkel. Schalterschluss 17.30 Uhr.  Also wieder ins Auto zurück und quer durch die ganze Stadt zum nächsten und größeren (es gibt nur zwei ) Finanzcenter. Früher hätte man gesagt - zum Hauptpostamt. Abgehetzt stand die Grete um viertel vor sechs vor der Tür. Dunkel sah es auch hier schon aus, aber nach einem Blick auf die Öffnungszeiten atmete die Grete auf. 18.00 Uhr. Also ab durch die Glastür in die Schalterhalle. Dort standen, vor sage und schreibe vier Schalterplätzen, hinter denen auch in gleicher Anzahl Personal vorhanden war, drei Kunden. Schön verteilt, so wie es sich gehört. Grete steuerte auf den leeren Schalterplatz zu und wurde mit einem bösen Blick empfangen. "Sie mache ich noch, und dann ist Schluss. Erst mal muss ich aber die Türen schließen." Sprachs, schnappte sich einen Schlüsselbund und eilte zu den Glastüren, die er sorgfältig verschloss.  Das Fräulein Grete Meier war so verdutzt, dass sie wortlos die Briefe abgab und das Porto bezahlte. Zusammen mit einem anderen Kunden, einem jungen Mann, wurde sie dann zur Tür begleitet. Die wurde aufgeschlossen und Grete stand wieder auf der Straße. "Ist immer so hier", erklärte ihr der junge Mann, der wohl ihren verdutzten Blick gemerkt hat. "Eine Viertelstunde vor Schalterschluss lassen die keinen mehr rein."

Nun, dachte die Grete. Gut zu wissen. Für das nächste Mal. Vielleicht sollte ich ab morgen mein Telefon eine Viertelstunde vor Büroschluss abstellen. Kommt bestimmt gut an.



Heute musste die Grete ein Päckchen für den Chef abgeben. Da Freitag und deshalb früher Büroschluss und auch kein Stau, stand die Grete frühzeitig im Postbank Finanzcenter Außenstadt und reihte sich in die Schlange wartender Kunden ein. Hier gibt es nur zwei Schalterplätze. Grete wartete und wartete.  Am ersten Schalterplatz gab es wohl ein Problem mit der Bankkarte einer Frau, während am zweiten Schalterplatz ein junger Mann scheinbar ein Konto eröffnen wollte. Die Stakkatoartig gestellten Fragen der Angestellten hallten durch den Schalterraum. "Name, Adresse, Geburtsdatum – Sind sie ledig, verheiratet, geschieden – Wollen sie ein zusätzlich eine Kreditkarte – Haben sie negative Schufaeinträge –Arbeitgeber – Wie hoch ist ihr Gehalt – Brauchen sie einen Dispo "

Brav antwortete der junge Mann auf jede Frage. Und breitete so sein halbes Leben, vor dem mittlerweile interessiert zuhörendem Publikum, in der Schalterhalle aus. Das Fräulein Grete Meier war entsetzt. Ebenso die Kundin vor ihr. Und auch die zwei Herren, die hinter ihr standen schüttelten konsterniert mit den Köpfen. "Eine Kontoeröffnung am Schalter, wo gibt es das denn", flüsterte einer. "Da würde ich rückwärts wieder rausgehen aus meiner Bank, wenn das ein Bankangestellter mit mir versuchen würde. Was ich verdiene und all die ganzen anderen Sachen, das geht doch keinen zweiten was an!" Grete sah das genauso und nickte zustimmend. Jetzt mischte sich auch die Kundin vor der Grete ein. "Hauptsache kostenloses Girokonto. Das sind dann die Folgen. Da zahle ich lieber ein paar Euro im Monat. Bei meiner Bank würde so etwas nie vorkommen."

So ging die Diskussion noch ein bisschen hin und her. Irgendwann war dann auch die Grete an der Reihe und gab ihr Päckchen auf. In vertrauensvolle Hände.


Ob das Lieschen das wohl auch so sieht? ---> KLICK

6 Kommentare:

  1. Ach, die Grete!

    Immer wieder erfrischend!

    Danke sagt Dingefinder Jörg

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Die Grete hat zu danken, dafür dass du dir die Zeit genommen hast hier vorbei zu schauen.
      Gruß vonner Grete

      Löschen
  2. Grete, ist das nicht schlimm?
    Bei uns auf dem Dorf gibt es nur 1 Postfiliale. Als Vorraum vom Cafe.
    Fest in türkischer Hand. Habe ja nichts - absolut nichts - gegen Türken, ganz im gegenteil- Ichgehe oft am Wochenende zu Frühstüksbüfett hierher.
    Aber die Verständigung ist schon etwas schwierig.
    Gut, dass man hier weder Geld einzahlen darf noch abheben.Solche Gespräche gibt es nicht.
    Liebe Grüße und einen schönen Abend wünscht
    Irmi

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Auf Dörfern ist das mittlerweile oft so. Kennt die Grete. Und die Grete kennt auch eine Postfililae die in einem Laden betrieben wird von türkischen Besitzern. Schreibwaren, Zeitungen, Süßkram und hunderterlei Krimskrams. Reinigung, Kopierservice und Druckerpatronenfüllstation. Fahrservice zum Flughafen und zum Arzt etc. Und mittenmang wird Geld ausgezahlt und es werden Briefe frankiert. Nicht zu vergessen, dass immer mal wieder ein Baby im Kinderwagen in einer Ecke steht.Und das alles auf gefühlten 50 m². Nichts desto Trotz, ohne diese türkische Familie wären die Dorfbewohner aufgeschmissen. Vor allem die älteren.
      Gruß vonner Grete

      Löschen
  3. oioioi.... ja, diese postfilialen. da kann ich auch ein lied von singen. Hab auch mal ganz strategisch über ne halbe stunde bei googlemaps rumgesucht, bis ich eine Post fand, die abends noch ein Paket von mir annehmen köönte...
    dafür cruiste ich dann natürlich auch einmal quer durch Hamburg und beeilte mich tierisch. 10 Minuten vor Feierabend war ich da....

    Um stand dann natürlich auch vor verschlossener Tür...

    ...und Dank der Grete weiß ich nun auch endlich, wieso :D

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Servicewüste eben...Danke dir für deinen kommentar, liebe EmKa
      Gruß vonner Grete

      Löschen

Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...