Montag, 28. Oktober 2013

Das Fräulein Grete Meier hat Unruhe

 Das Fräulein Grete Meier hat Unruhe


Wenn das Fräulein Grete Meier ins Büro muss oder einen anderen Termin hat, stellt sie abends ihren Wecker. Zur Vorsicht. Denn im Grunde genommen braucht die Grete so ein Klingelding nicht. Dafür hat sie ihre innere Uhr. Die funktioniert immer. Der Wecker ist auch nur auf Minimallautstärke eingestellt. Denn die Grete kann es überhaupt nicht ab, von einem schrillen Ton aus ihren Träumen gerissen zu werden. Deswegen mag die Grete auch ihre innere Uhr. Von der wird sie ganz sanft geweckt. Ohne irgendwelche Geräusche. Nach genau sieben Stunden Schlaf. Und dann weiß sie, dass sie noch ein paar Minuten dösen kann, bevor die Elektronik brummenderweise eingreift. Auch am Wochenende funktioniert diese tolle Uhr. Allerdings verzichtet die Grete an solchen Tagen auf das nachfolgende Brummen. Muss ja auch nicht sein, wenn kein Büro ruft.
Gestern war sie dann kaputt. Die innere Uhr. Also nicht so richtig kaputt. Eher ein Systemfehler. Ein Virus von außen eingespeist. Schon um viertel nach fünf klopfte sie leise bei der Grete an. Ein bisschen hat die Grete ja damit gerechnet. Sieben Stunden sind eben sieben Stunden, egal ob eine zweimal abläuft. Aber gehofft hat sie trotzdem. Umsonst, wie sie dann nach fünfminütigem Dösen feststellte. Dösen geht ja immer, aber nochmal einschlafen, wenn die Grete erstmal wach ist, das geht nicht. Ein Blick auf die Uhr und die Grete versuchte es dennoch. Ohne Erfolg. Eine Viertelstunde kriegte sie es noch hin, indem sie sich von einer Seite zur anderen drehte, dann gab sie auf.
Leicht genervt stand die Grete auf. Das konnte ja heiter werden, denn eines wusste die Grete ganz genau: Der Tag wird lang. Und wer war das schuld? Tja, so ganz genau wuste die Grete das auch nicht. Sie hätte Mr. Google fragen können, aber würde das Wissen darum denn etwas ändern? Rein gar nüscht, entschied die Grete, schluffte ins Bad und machte sich sonntäglich parat. Danach ging es in die Küche. Erstmal einen Kaffee, dachte sie, setzte eine Kanne auf und machte sich ein Brot mit Marmelade, während der Kaffee durchlief. Mit einer vollen Tasse und dem Brot, sowie einer Zigarette, setzte sie sich auf ihre Bank auf dem Balkon. Frisch war es in der Morgendämmerung. Grete holte sich eine Strickjacke. Na, wenigstens wurde es schon hell.

"Auch schon auf, Frau Meier?" Die Grete hatte den Herrn Heinevetter glatt übersehen im Halbdunkel und erschrak dementsprechend. Keine fünf Minuten später war eine rege Diskussion im Gange über den Sinn oder auch Unsinn der vermaledeiten Zeitverschiebung. Einig waren sich beide schnell. Das sollte abgeschafft werden. "Mal ehrlich", meinte die Grete. "Jedesmal, kurz bevor die Uhren umgestellt werden, sind die Medien Tage vorher schon voll mit Anweisungen, was man alles tun soll, damit der Körper damit umgehen kann. Tipps und Tricks zu Hauf. Warnhinweise über Warnhinweise. Achtung, erhöhte Unfallgefahr am Morgen und abends sowieso, Kinder sollen Tage vorher schon früher ins Bett gehen, Schichtarbeiter sind besonders betroffen und noch zig Dinge mehr. Was soll das also alles? Ist doch längsst erwiesen, dass man damit keine Energie spart!" Was das alles soll, darauf wusste der Herr Heinevetter auch keine Antwort. "Is doch immer so, Frau Meier. Die beschließen was, finden dann heraus, dass es nichts bringt und machen es dann nicht rückgängig, weil sie sich ja dann einen Fehler eingestehen müssen." Da ist was Wahres dran, dachte die Grete und zündete sich die zweite Zigarette des Tages an. Herr Heinevetter tat es ihr gleich. "Aber ich helf mir heute selbst", sagte er zwischen zwei Zügen. "Ich mach heute nachmittag einfach mal ein Nickerchen. Dann schaff ich es garantiert nach dem Tatort noch irgendwie eine Stunde aufzubleiben. Dann passt das morgen schon wieder." Grete nickte. Eine Idee, mit der sie sich durchaus anfreunden konnte. "Wissense was, Herr Heinevetter, wir zwei gehen nach dem Mittagessen eine Runde durch den Park. Noch spielt das Wetter mit. Frischluft macht bekanntlich müde. Dann klappt es bestimmt auch bei mir mit dem Nickerchen. Und den Tatort gucken wir heute abend bei mir. Ich mach Schnittchen. Nach dem Tatort spielen wir einfach noch eine Stunde Karten." Hätte die Grete gewusst, was auf sie zukommt ... naja ...

Zumindest bis zum Tatort klappte der Plan. Der war dann allerdings so konfus, dass die Grete nur mühsam mitkam, der Herr Heinevetter nach zwanzig Minuten allerdings nicht mehr. "Wer ist denn nun wer, Frau Meier. Die Frisuren von Batic und Leitmayr sehen fast gleich aus - Das geht mir alles zu schnell - Und wieso sieht die eine Frau ständig anders aus?" So ging es in einer Tour. Bis auch die Grete den Faden verlor. Aufgeben gilt nicht, Grete. Du musst dich nur konzentrieren. "Jetzt sind se aber mal ruhig Herr Heinevetter, sonst krieg ich auch nichts mehr mit." Der nahm sich Gretes Ansage zu Herzen. Nützte aber nichts. Grete kapierte nichts mehr. Nach einer weiteren halben Stunde konnte sie kaum noch die Augen offen halten. Langsam klappten die Lider herunter.

Grete wurde durch laute Geräusche geweckt. Der Tatort lag in den letzten Zügen und auf dem Sofa schnarchte der Herr Heinvetter selig vor sich hin. Nix mehr mit Kartenspielen, dachte die Grete, weckte den Herrn Heinevetter und schickte ihn ins Bett. Und genau diesen Ort suchte die Grete nun auch auf. Den Wecker stellte sie nicht. Sieben Stunden sind sieben Stunden. Manchmal bleibt ein Virus eben ein paar Tage. Was kommt, geht auch wieder. Das sagt Onkel Günther auch immer.



Wie Lieschen das sieht, könnt ihr hier nachlesen ---> KLICK

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6 Kommentare:

  1. Heute kann ich nicht viel dazu schreiben, mit der Zeitumstellung habe ich keine Probleme. Meine innere Uhr funktioniert auch gut und ich stehe gern früh auf und genieße den beginnenden Tag. Den Tatort habe ich nicht gesehen, sie geben mir nichts mehr. Das Schnarchen von Herrn Heinevetter kommt mir so bekannt vor lach...... Bin aufs Lieschen gespannt LG Geli

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  2. Das ist mir aus dem Herzen geschrieben, sowohl was diesen Virus angeht als auch dieser verrückte Tatort, bei dem ich wach bleiben wollte.

    Es ist absurd mit dieser Zeitumstellung - klar, dass Gretes innere Uhr streikt.

    Und, liebes Frl. Grete, du hast Recht: Es ist unsinnig, spart nichts an Energie, belastet nur die Menschen.
    Für meine Schulkinder ist es im Frühjahr noch schlimmer, die Kids sind unendlich müde.
    Die Bevölkerung wird mal wieder nicht gefragt. Dabei sind die meisten dagegen.
    Diejenigen, die das entscheiden, haben Null Ahnung von Biorhythmus und so.

    Es soll ja 2015 erst einmal auslaufen, doch ich befürchte, dass sie dennoch so weitermachen.
    Mein Kater schert sich einen Dreck um diese Umstellung, sein Wecker funktioniert noch besser als meiner.
    Er wollte sein Futter zur gewohnten Zeit....

    Mal davon abgesehen: Schade, dass nichts aus dem Kartenspiel wurde, wäre mal interessant gewesen.
    Aber zwei müden Zeitumstellungs-Geschädigten gedanklich zuzuschauen, das fand ich lustig....
    und ich hab mich nicht so allein gefühlt, ich hab nämlich auch gekämpft und die Augenlider waren Sieger.

    Wieder super erzählt, geschimpft (zu Recht) und dennoch das Beste daraus gemacht - und ein wirklich aktuelles Thema.
    Am Ende stimme ich Onkel Günter zu. Es wird gehen, haben wir geduld...*seufz*

    Lieben Gruß
    Enya

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  3. Liebes Frl.Grete,
    gnau so ist es. Ich kann nur allem beipflichten. Auch wenn ich keinen
    Herrn Heinevetter habe, so bin ich auch eine runde spazieren gegangen.
    Habe kein Nickerchen gemacht und war am Abend so kaputt. Und das
    bin ich heute auch noch.Diese Zeitumstellung nimmt mich mit zunehmendem
    Alter immer mehr mit.
    Einen schönen Abend wünscht Dir
    Irmi

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  4. Liebes Frl. Grete,
    ich habe auch so eine tolle innere Uhr. Als wir damals in dieses Haus zogen, ich war erst 15, durch ein wenig falsche Planung hatten wir noch keinen Strom, konnten meine Eltern ihren Radiowecker nicht stellen. Aber das war kein Problem, denn diese tolle innere Uhr tickte damals schon in mir ;o)
    Ich selber bin von der Zeitumstellung wenig betroffen, aber unser Geflügel macht das wuschig. Wir nähern uns nun in 1/4 Stunden-Häppchen an die neue Zeit. Und die merken das wirklich und erklären kann man´s ja nicht!
    Na, und der Tatort war wirklich sehr merkwürdig. Ich hatte vorher schon gelesen, er solle sehr anspruchsvoll sein... soso ;o)
    Eine gute Nacht und süße Träume von der Elke (die schon ein Weilchen gerne hier mitliest)

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  5. *schmunzel*
    Guten Morgen liebe Grete,
    das hast du wieder sehr schön geschrieben. *zwinker*
    Die Zeitumstellung braucht kein Mensch. Die ist für die Katz! Und nicht mal die braucht sie. Ist ganz irritiert weil morgens das Frühstück nicht beikommt und abends so lange keine Ruhe im Haus einkehrt.
    Zum Tatort kann ich nicht sagen, bin eine der anscheinend ganz wenigen, die keinen schaut. Aber mein Buch, in dem ich stattdessen weiter gelesen habe, war gut! *zwinker*

    Liebe Grüße
    Uschi

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  6. Das ist so richtig schön und so passend auch auf mich geschrieben, nur kann ich das nicht so gut.
    Diese Zeitumstellung ist die blödestes Sache überhaupt und wer Tiere hat der kann noch mehr dieses Blödsinn zum Abschaffen aufrufen. Wir werden mit so viel Kram einfach umgekrempelt und über uns bestimmt, was wird da alles noch kommen ?!
    Auf der anderen Seite sind so viele Menschen die Wechselschichten arbeiten die können sich auch nicht an die innere Uhr klammern, die ist dann aus, leider.
    Tja Tatort nur einige, aber kein Muss.
    Dir einen schönen Abend und liebe Grüße
    Ingrid

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...