Montag, 18. November 2013

Das Fräulein Grete Meier auf der Suche nach dem Glück

Das Fräulein Grete Meier auf der Suche 

nach dem Glück

"Also, wenn ich gewusst hätte, Herr Wenig, was das für Folgen hat, dann hätte ich doch nie davon gegessen. Jedenfalls nicht beim Autofahren!" Das Fräulein Grete Meier zog ihren Schal fester. Es war nämlich lausig kalt im Hausflur. Herr Wenig grinste. "Das weiß auch kaum einer, Frau Meier. Ich würd an sowas auch nicht denken. Na, wenigstens haben sie Glück gehabt. Der Führerschein ist noch da. Ich wünsch ihnen noch einen schönen Abend."
Glück gehabt, sinnierte die Grete als sie die Treppe hinauf lief, ob man das so nennen kann? Schließlich habe ich ja wirklich nichts getrunken. Nur ein paar Mon chéri gegessen während der Fahrt. Nie wäre mir doch in den Sinn gekommen, dass man danach eine "Fahne" hat. Allgemeine Fahrzeugkontrolle, hatte der Polizist gesagt und dann geschnuppert. Grete lachte laut auf, als sie ihre Wohnungstür aufschloss. Ich muss ja ganz schön dumm aus der Wäsche geguckt haben, als der mich nach der Kontrolle der Fahrzeugpapiere fragte, ob ich Alkohol getrunken hätte. "Ihrer Fahne nach zu urteilen, eine ganze Menge, Frau Meier. Sind sie mit einem Alcotest einverstanden?"

Ob die Grete wollte oder nicht, sie musste pusten. Ein bisschen schlug das Gerät auch an. Grete empörte sich natürlich, denn wenn sie eines nicht macht, dann ist das, sich nach dem Genuss von Alkohol ans Steuer zu setzen. Nicht mal nach einen winzigen Glas Sekt fährt die Grete noch. Sie diskutierte zehn Minuten mit den Beamten herum. Und bestand auf einem zweiten Test. Der fiel dann negativ aus. Nicht für die Grete, für die war das Ergebnis positiv. Null Promille. "Sehn sie, hab ich doch gesagt, ich hab nichts getrunken!" Der Beamte, der ihre "Fahne" gerochen hatte, war immer noch skeptisch. Mit einer Taschenlampe leuchtete er den Innenraum von Gretes Wagen aus, denn mittlerweile war es dunkel geworden. Schnell wurde er fündig. Er hielt der Grete die Mon Chéri Schachtel, die auf dem Beifahrersitz lag, unter die Nase. "Haben sie die hier gegessen?" Dabei konnte er ein Grinsen kaum unterdrücken. Grete bejahte. Das war also des Rätsels Lösung und der Grund für Gretes Alkoholfahne. Pralinen mit einer Piemontkirsche, gefüllt mit Branntwein. Grete wusste nicht ob sie lachen oder weinen sollte. Natürlich konnte sie weiterfahren. Die halbleere Schachtel verbannte sie allerdings auf den Rücksitz. "Sowas kann auch nur mir passieren", sagte sie später, als sie dem Herrn Wenig im Hausflur davon erzählte.

Dieses "Glück gehabt", von Herrn Wenig, wollte ihr sogar nicht mehr aus dem Kopf gehen. Nicht unter der Dusche und auch später nicht, als die Grete ihr Abendessen in der Küche zubereitete. Was ist das überhaupt, Glück? Was ist es für mich, was für Frau Korters oder für Herrn Wenig? Ist es nicht so, dass Glück so vielschichtig ist, dass man es im Grunde gar nicht beschreiben kann?
Während die Grete eine Kartoffel schälte, überlegte sie, wann sie selber glücklich ist. Weit kam sie nicht. Denn irgendwie blieb es immer bei solchen Sätzen die mit "Ich freue mich über ..." oder "Ich freue mich, wenn ... " Grete fragte sich, ob man Freude mit Glück gleichsetzen kann. "Bin ich glücklich, wenn ich mich freue, dass es Tante Heidi und Onkel Günther gut geht, oder wenn ich mich freue, dass ich so eine liebe Freundin wie das Lieschen habe?  Die Grete erinnerte sich an den Tag, als sie das rote Hütchen fand. War das Glück? Gretes Gedanken bogen sich hier hin und dort hin. Bis nur noch ein verknotetes Gestänge übrig blieb. 
Nein, dachte die Grete, das kann ich nicht alles alleine lösen. Sie legte das Schälmesser aus der Hand und betrachtete die Kartoffel, von der vor lauter Schälerei nur mehr eine kleine Kugel übrig geblieben war. 

"Glücklicherweise, Lieschen", sagte die Grete später am Telefon, "glücklicherweise habe ich ja noch mehr Kartoffeln gehabt"

Was Lieschen davon hält könnt ihr hier nachlesen ---> KLICK
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3 Kommentare:

  1. Grete, ich habe auch laut gelacht, als ich das gelesen habe. Das Fräulein unter Akoholverdacht.
    Ich habe vor ein paar Tagen gepostet "Glück ist nicht gleich Glück" . Und so ist es auch.
    Jeder sieht sein kleines und großes Glück anders.
    Einen schönen Abend wünscht Dir
    Irmi

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  2. Jetzt musste ich aber auch lachen. Grete mit Alkoholfahne wegen ein paar Pralinen...Ehrlich, auf so eine Idee wäre ich nicht gekommen, dass dann der erste Test positiv ausfallen könnte. Aber eigentlich logisch... Eine herrliche Situation! Und ich habe wieder was gelernt: keine Pralinen am Steuer...
    Ob Grete da nun Glück gehabt hat? Eigentlich nicht, denn die Kausalität der Dinge hat sich ganz natürlich erklärt. Dazu braucht es kaum Glück.
    Man sagt es so leicht: Da hast du aber Glück gehabt! Doch worüber Grete dann sinniert, ist ja eine ganz andere Art von Glück. Ein Gefühl vielleicht, das einen momentan ereilt oder auch ein Zustand, der länger anhält, der aber irgendwie auch flüchtig ist.
    Jeder sucht das Glück, viele meinen, es nicht zu finden oder fühlen sich sträflich vom Glück im Stich gelassen. Man begreift es manchmal erst, wenn es wieder vorbei ist, d.h. unsere Wahrnehmung ist meist viel stärker auf das Unglück ausgerichtet und wir fürchten, dasselbe zu haben. Hindert dies uns nicht, wahre Glücksmomente wahrzunehmen?
    Unser Leben und die Art, wie wir es gestalten, macht es uns zeitweise schwer, dem Glück zu begegnen.
    Zuweilen sieht man nur das Glück der anderen und fragt sich: Warum nicht ich?
    Glück ist nicht nur die Abwesenheit von Unglück, sondern bedeutet doch auch, loszulassen und nicht zu verharren in den Dingen, um die wir uns ständig sorgen, die unseren Blick verstellen, sondern aktiv zu werden. Ein wenig sind wir doch auch für unser Glück oder für das Glücksempfinden selbst verantwortlich. Auch in Situationen des Unglücks kann man sicher noch Augenblicke des Glücks empfinden.
    Glück ist für mich z.B. Freiheit im Denken und Handeln und in der Gemeinschaft (Familie/Freunde) ein Fortkommen oder eine Einigkeit zu erleben und andere daran teilhaben zu lassen.

    Vielleicht ist Glück sehr individuell. Zumindest sind es nicht immer die großen, spektakulären Dinge, die für Menschen Glück bedeuten, denke ich.

    Einen lieben Gruß in den Abend
    Enya

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  3. Alles gut ausgegangen und Grete hat Glück gehabt -Mon Cheri sind lecker, ich mag sie auch gern essen.
    Ich mache mir auch gerade Gedanken um das Wort Glück, das wir täglich lesen in vielfältigen Variationen und mit dem wir oft nicht umgehen können.

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...