Montag, 2. Dezember 2013

Das Fräulein Grete Meier und die Invasion der Pakete

Das Fräulein Grete Meier und die Invasion der Pakete

"So helfen sie mir doch Fräulein Meier, so helfen sie mir doch!" Doch so sehr Herr Heinvetter auch bettelte, das Fräulein Grete Meier rührte sich nicht vom Fleck. Starr vor Angst stand sie hinter der geschlossenen Balkontür. Sie zuckte zusammen, als zwei Pakete gleichzeitig auf ihren Balkon fielen. Die Sicherheitsvorrichtungen hatten schon wieder nicht funktioniert. Wahrscheinlich klemmt das Metallgitter, dachte die Grete. Dabei hatte sie erst letzte Woche alles überprüfen lassen. "Hoffentlich hat es der Herr Heinevetter rechtzeitig in seine Wohnung geschafft!" So langsam beruhigte sich die Grete und ihr Denkapparat kam auf Touren. Sie öffnete die Balkontür und spähte hinaus. Alles ruhig. Vorsichtig wagte sich die Grete auf den Balkon. Zu früh, denn ein weiteres Paket verfehlte sie nur um Haaresbreite. Mit einem Sprung rettete sich die Grete wieder zurück in ihr Wohnzimmer. Sie atmete schwer. Immerhin, die paar Sekunden hatten genügt. Herr Heinevetter war nicht mehr zu sehen gewesen. Grete zündete sich nervös eine Zigarette an und wartete. Erst heute morgen war sie ganz knapp einer Katastrohpe entronnen, als eine Paketinvasion in der Innenstadt niederging und mehrere Fahrzeuge fluchtartig versuchten den fliegenden Dingern auszuweichen. Keine Seltenheit zu dieser Jahreszeit, besonders in der Adventszeit muss man damit vermehrt rechnen. An vieles hatte man sich ja die letzten Jahre gewöhnen müssen, auch die Grete. Aber das? Nee, das ging der Grete gegen den Strich. Gut, es war eine Umstellung, als mehr und mehr Geschäfte schlossen. Irgendwann gab es dann kein einziges Geschäft mehr. Alles wurde im Internet bestellt und per Post geliefert. Auch Lebensmittel. Im Grunde alles was das Herz begehrte. Post, ach waren das noch Zeiten, dachte die Grete, wo ein netter Mensch an der Tür klingelte. "Ich hab hier ein Päckchen für sie, Frau Meier!" Schnee von gestern, dachte die Grete bitter. Zuerst wimmelte es von Onlinehändlern im Netz. Nach und nach wurden sie alle eliminiert. Jetzt gibt es nur eine einzige Bestelladresse für alle Waren dieser Welt. Amazon - Wonderland.
Gut, sie liefern schnell und wenn man nicht verhungern wollte, bleibt einem ja nichts anderes übrig. Aber diese Dinger, dieses kleinen mistigen künstlichen Amazonkrieger, die alles auslieferten, waren mittlerweile zu einen regelrechten Plage geworden. Und lebensgefährlich. Sie beherrschten den kompletten Luftraum. Die mit den kleineren Paketen gingen ja noch, denen konnte man ausweichen. Aber die größeren? Eine falsche Bewegung und man hatte so ein Ding im Rücken. Und das war wahrlich nicht angenehm. Auch nicht, wenn so ein Ding mal wieder an die falsche Adresse auslieferte und einem dann die Pakete nur so um die Ohren flogen. Und das passierte oft. Mehrere Verletzte und sogar Tote forderte die Paketinvasion jedes Jahr. Was hatte die Regierung erst neulich über Facebook verlauten lassen? "Ein bisschen Schwund ist immer - das gehört zum Fortschritt". Ja was soll denn noch alles verschwinden? Irgendwann auch der Mensch? Vielerorts ist er ja schon längst von Maschinen ersetzt worden. Grete schauderte es bei dem Gedanken an den Kindergarten unten an der Ecke. Personal gab es dort, wie an den Schulen, schon längst nicht mehr. Nur noch Roboter und Computer. "Das ist die Zukunft", hatte die Merkel vor zehn Jahren auf einer Großveranstaltung in ein Mikro gebrüllt. "Unsere Kinder werden es mal besser haben als wir." Tja, mit ihrer Zukunft war es dann wohl nicht mehr weit her. Die gehört heute den Bezos und Zuckerbergs dieser Welt. Die Angie steht wahrscheinlich heute ebenso auf irgendeinem Balkon und versucht die fliegenden Dinger mit den Paketen abzuwehren, wie die Grete und der Herr Heinevetter. 
Herr Heinvetter! Den hatte die Grete fast vergessen. Aufgeschreckt rannte sie aus ihrer Wohnung und klingelte gegenüber. Niemand öffnete. Grete klingelte noch einmal. Nichts. Panik überkam sie. Sie legte ein Ohr an die Tür. Da, sie hörte es ganz deutlich. In der Wohnung schrillte die Alarmanlage. Sie wurde lauter und lauter ...

Grete schreckte hoch. Zuerst wusste sie überhaupt nicht wo sie war. Immer noch schrillte die Alarmanlage. Erst nach ein paar Sekunden begriff sie, dass es die Weckfunktion ihres Handys war. Grete wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Gott sei Dank, ich bin im Büro!", stöhnte sie laut. Nur ganz kurz ein Nickerchen halten wollte sie in ihrem Bürostuhl, während der Mittagspause. Letzte Nacht hatte sie nämlich nicht besonders viel Schlaf bekommen, weil sie ständig an Lieschen gedacht hatte. "Das hab ich nun davon. Alpträume wegen einer Zeitungsmeldung. Internethändler amazon will künftig Pakete per Drohne liefern"



                                              

7 Kommentare:

  1. Puh....
    Ich hatte es im Radio gehört und dachte, ich spinne. Irgendwie habe ich mir auch ein kleines Schreckensszenario ausgemalt, das aber mit Gretes nicht mitkommt.
    Meine Güte....
    Aber ist es wirklich so weit hergeholt, was Grete da im Traum erlebt hat? Da ist ganz Reales dabei, was das Verschwinden der Geschäfte angeht z.B. Das merkt man ja heute schon.
    Eine Horrorvision von einer computer- und robotergesteuerten Welt. Möge dies doch bitte ein Traum bleiben. Die Welt wird immer verrückter.

    Brandaktuell und super in Szene gesetzt.
    Lieben Gruß
    Enya

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    1. Danke Enya..ich habe zuerst im Kalender nachgeschaut, ob ich mich im Datum geirrt habe. Von wegen 1. April. ...
      Gruß vonner Grete

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  2. Nie davon gehört, aber wieder einmal ein Beitrag, den ich gern gelesen habe. Auch wenn das Lieschen in Venedig weilt, so wird sie bestimmt jeden Tag hier lesen und teilhaben. Einen schönen Adventsmontag wünscht Geli

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    1. Den hatte ich, liebe Geli... Heute is weniger schön. Ständig stürzt mir Open Office ab. Und nix gespeichert.
      aber auch das wird ..
      Gruß vonner Grete

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  3. Na, ja, sie sagen es werden Drohnen werden ... dabei sind es doch schon die Server von Amazon, auf denen iCloud bereit gestellt wird. Die lesen unsere Gedanken und bevor wir auch nur auf den Bestellbutton drücken fliegen einem die Geschenke um die Ohren, selbst die, die man gar nicht hätte haben wollen, weil wir uns eigentlich schon lange umentschieden haben ... man wird uns derart sogar bei Wahlen zuvor kommen und bei Ferien schon Hotels buchen, noch bevor wir den Urlaub geplant haben. Tankstellen wissen dann, wann wir wo tanken und Fresspakete werden dann durch Drohnen pünktlich 1 Minute vor dem Halt abgeworfen ... und wenn wir Glück haben werden die Enkelchen bald nicht mehr vom Storch gebracht ... ja, ja, Frl. Meier ... ich wünsche einen gesunden Büroschlaf.

    Oder so...
    Kariologiker

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    1. Ich komm bald nicht mehr mit...mit allem. Zu schnell die Welt. Also die virtuelle.
      Gruß vonner Grete

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  4. Das wird ja immer schlimmer, bald wird alles vom Roboter erledigt.
    Ein Implantat bei uns im Kopf und wir funktionieren.
    Bewegung , brauchen wir nicht, auch das Auto ist überflüssig, es wird alles mit Drohne geliefert. Wir müssen nur noch gute Fingerfunktionen haben um Knöpfe zu drücken.
    Die Entwicklung macht mir Angst, ab 100 Euro eine Drohne...nee

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...