Montag, 3. März 2014

Von Feiglingen und einem Missverständnis

Von Feiglingen und einem Missverständnis

Missmutig zappte sich das Fräulein Grete Meier durch die Alaafs und Helaus diverser Fernsehanstalten. Am Rosenmontag bin ich gebooooren ...
Nee, dachte die Grete, nur das nicht. Und ... Eenmol Prinz zu sin ... grauenhafte Vorstellung. Und dann noch in Kölle! Alleine schon das Wort bereitete ihr Schmerzen. Und das schon seit Donnerstag. Seufzend stand sie auf und holte sich ein neues Coolpack aus dem Gefrierfach. Auf dem Weg zurück ins Wohnzimmer blieb sie vor dem Spiegel im Flur stehen und betrachtete ihr lädiertes Gesicht. Die rechte Seite ihrer Stirn war angeschwollen und schillerte in allen möglichen Grün- und Lilatönen. Trotz der Schmerzen musste sie grinsen. "Schuld biste selber, Grete", sagte sie laut. "Aber immerhin, ne Maske hätteste heute nicht gebraucht!"
Im Wohnzimmer klingelte das Telefon. Tante Heidi. Grete hörte es wie immer schon am Klingelton. War ja klar wie Kloßbrühe, die wollte bestimmt wissen, wie es Weiberfastnacht in Köln war. Nur zögernd nahm sie den Hörer ab. Hätte Tante Heidi nicht selber viel zu erzählen gehabt, wäre ihr garantiert aufgefallen, wie einsilbig die Grete die Fragen nach vergangenen Donnerstag beantwortete. Lügen kann das Fräulein Grete Meier nämlich nicht besonders gut. Kommt sie einmal in eine Situation, wo es angebracht ist die Wahrheit zu verschleiern, flüchtet sie sich lieber in knappe Jas und Hmms und Nees. Funktioniert aber wenn, nur am Telefon. So Auge in Auge? Nee, nicht wirklich. Meistens hört Tante Heidi dennoch an Gretes Stimme, wenn sie flunkert oder krampfhaft etwas verschweigen will. Dieses Mal hatte die Grete Glück. Aufatmend legte Grete den Hörer wieder auf. Noch mal davongekommen. Oder, im Grunde, wiedermal. Denn auch bei Susis Anruf von Samstag war ihr das geglückt. Gott sei Dank! Susi wäre die letzte, vor der Grete zugegeben hätte, was ihr am Donnerstag noch auf dem Heimweg passiert ist.
Im Grunde war es ja nicht so schlimm. Nur Hochnotpeinlich. Aber sowas von. 

Dabei hatte der Tag so gut angefangen. Denn, entgegen ihrer strikten Weigerung ein pinkes Kostüm zu kaufen, hatte sich die Grete, beim Kostümkaufbummel mit Susi, in eine leuchtend rosafarbene Perücke verliebt. So richtig schön Rockabilly mit einem Totenkopf als Haarschmuck. Ein Shirt mit ebensolchen toten Köpfen und passende Accessoires waren schnell gefunden. Grete fühlte sich jedenfalls am Donnerstgamorgen pudelwohl in ihrem Kostüm. So wohl, dass sie sogar Susi die ganze Schminkerei überließ. Ein Heidenspaß war das gewesen. Und spaßig ging es dann auch mit der ganzen Truppe in Köln weiter. Auf der Zugfahrt in die Domstadt kreisten schon die Sektdosen (Jaa, gibbet tatsächlich) und dementsprechend ausgelassen waren bereits alle, als man in Köln ankam.
Angeführt von Susi, mit den Worten "Alter Markt is nur was für Immis", stürmte man eines der vielen Brauhäuser in der Nähe vom Dom. Anstehen brauchte man so früh noch nicht und man konnte sich in aller Ruhe ein schönes Plätzchen suchen im Lokal. Knapp eine Stunde später sah das schon ganz anders aus. Eine brodelnde Masse bunt gekleideter Jecken beherrschte das Bild. Aus den Boxen dröhnte neben den Bläck Föös, Brings und Kasalla auch der Wendler und der König von Mallorca. Schunkeln ging gerade noch, aber Tanzen war schon nicht mehr möglich. Unterhalten auch nicht mehr. Man konnte nur noch Schreien oder sich mit Handzeichen verständigen. Aus Lust wurde so langsam Frust. Und aus Bier nach und nach Feiglinge. Grete hielt tapfer mit. Schließlich wollte sie kein Spielverderber sein. Nach sieben Stunden hielt sie es allerdings nicht mehr aus. Sie wollte nur noch eines. An die Luft. Wie gut, dass justament Susi und der Chef Hunger hatten. Die Gelegenheit für Grete dem Kölle-Alaaf zu entfliehen. Nach obligatorischer Currywurst mit Pommes Ruut-wieß machte sich die Grete vom Acker. "Keine zehn Pferde kriegen mich da wieder rein. Geht ihr ruhig, ich nehm den nächsten Zug."
Der Bahnhof war ja nicht weit, und die frische Luft tat gut. Was Grete nicht so ganz bedachte war die Tatsache, dass frische Luft auch den Alkoholpegel zu Tage bringt. Vor allem diese kleinen fiesen, sooo gut schmeckenden Feiglinge machten der Grete nun doch ein wenig zu schaffen. Immerhin, gerade konnte sie noch gehen. Am Fahrkartenautomaten wurde es dann doch etwas schwieriger. Aber auch diese Hürde war irgendwann geschafft. Jetzt schnell auf Bahnsteig acht. Nur noch zehn Minuten bis zur Abfahrt des Zuges. Grete begann die Rolltreppe hochzusteigen. Das macht sie immer. Die fahren ihr nämlich viel zu langsam. Nach ein paar Schritten merkte sie, dass etwas nicht stimmte. Ganz und gar nicht stimmte. Nicht stimmen konnte, denn sie kam irgendwie nicht richtig vorwärts. Sie brauchte einige Sekunden um zu begreifen, dass die Treppe nicht auf den Bahnsteig fuhr, sondern in die Gegenrichtung. Nämlich vom Bahnsteig herunter. Kein Problem, dachte die Grete, das haste früher ja auch schon gemacht. Musste nur halt was schneller gehen. Gesagt, getan. Grete hatte allerdings die Rechnung ohne die Feiglinge gemacht. So sehr sie sich auch bemühte, den letzten Schritt auf den Bahnsteig schaffte sie einfach nicht. Hilfe nahte, nach gefühlten zehn Minuten und zwanzig Versuchen den rettenden Bahnsteig zu erreichen, in der Gestalt eines orange gekleideten indischem Menschen, der den Bahnsteig kehrte. Beherzt sprang er zu Grete auf die Treppe. "Ich helfen!" Doch auch der Helfer, der die Grete untergehakt hatte, scheiterte am letzten Schritt. Der Abstand der letzten Stufe war, gepaart mit der Geschwindigkeit, einfach zu groß. So kam was kommen musste. Der Helfer stürzte, mit samt der rosa Wolke in seinem Arm, auf die Treppe. Grete schlug mit ihrem Kopf recht unsanft auf. Davon ließ sich das orange Helferlein aber nicht abhalten, es gleich nochmals zu versuchen. Und wieder knallte die Grete, die völlig wehrlos die angedeihte Hilfe über sich ergehen ließ,  mit dem Kopf auf die Stufen. Blut lief ihr über das Gesicht. Jetzt reichte es der Grete. Sie setzte sich auf eine Stufe und ließ sich von der rollenden Treppe nach unten fahren, im Schlepptau das Kehrmännchen. "Ich helfen!"
Dieser sorgte sich sichtlich um das Fräulein Grete Meier und ließ sie erst aus den Augen, als die Grete mit der richtigen Treppe oben auf dem Bahnsteig angelangt war und ihm mehrfach versichert hatte, dass alles mir ihr in Ordnung sei. 
Zuhause angekommen, schlich sich die Grete so leise wie möglich ins Haus. Jetzt bloß nicht Herrn Heinevetter über den Weg laufen. Im Badezimmer konnte sie dann das gesamte Ausmaß dieses feuchtfröhlichen Tages im Spiegel bewundern. Eine riesige Beule und eine Platzwunde gaben dem rosa geschminkten Gesicht erst den richtigen Touch von Kölle Alaaf. Dreemol Kölle Alaaf. 






11 Kommentare:

  1. Oh liebe Grete, das ist ja echt blöd gelaufen. Ich hoffe Du kannst bald wieder ohne Schrammen und Beulen unter die Menschen gehen.

    Herzliche Abendgrüße
    Kerstin

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    1. Heile, heile Gänschen ...is schon widder jut..
      Danke dir
      Gruß vonner Grete

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  2. Sowat kommt von sowat, Grete! :D
    Mein herzlichstes Mitleid! ♥

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    1. Und du hast sowat von recht ..
      Vielen Dank
      Gruß vonner Grete

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  3. da siehst du grete, alkohol tut selten gut. ;-)))
    gut, dass du ein helferlein hattest.

    lg eva

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    1. Ja, obwohl das Helferlein ja erst das Chaos verursacht hat. Gutgemeint ..aber ..
      Dank an dich
      Gruß vonner Grete

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  4. Arme Grete, gute Besserung!
    Und lieben Gruß zu Dir,
    Kebo

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  5. Liebe Grete,
    wenn es nicht so traurig wäre, hätte ich
    fast gelacht - aber wirklich nur fast.
    Ich sah dich und dein Helferlein auf der Treppe liegen.
    Was hat Herr Heinevetter gesagt, als er dich gesehen hat?
    Denn verstecken konntest du dich ja nicht.
    Einen schönen Restabend wünscht dir
    Irmi

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    1. Oh, der Herr Heinvetter...dem ist die Grete tunlichst aus dme Weg gegangen. Also kein Rauchen auf dem Balkon.
      Danke dir
      Gruß vonner Grete

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  6. ach du meine große Sch.....das ist ja ein pech aber auch...sowas von, einer geschichte....toll erzählt, ich musste - VERZEIHUNG - bei allem Unglück dass das rosarot beschmückte Gretchen hier hatte, doch schmunzeln weil ich mir sie ( uff er Rolltreppe . so bildlich
    v o r s t e l l t e!!!! .im Arm des Jüngelchen blindlings in die Tiefe krachte...!....
    welch eine geschicnhte, so richtig passend zum Karneval Hellou Allaaaf Holideio!!!!

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...