Sonntag, 20. April 2014

Von Ostereiern und einem falschen Hasen

Von Ostereiern und einem falschen Hasen

Das Fräulein Grete Meier saß im Morgenmantel auf ihrem Balkon und genoss die Ostersonntagsruhe bei einer Tasse Kaffee und einer Zigarette. Nebenan bei Herrn Heinevetter war noch alles ruhig. So wie im ganzen Haus. Kein Wunder, denn es es war erst sechs Uhr. Grete lehnte sich auf ihrer Bank zurück und schloss die Augen. Himmlisch, diese Ruhe, dachte sie. Die Sonne legte sich wie ein leichter Seidenschal auf ihr Gesicht. 
Während die Stadt noch schlief, erwachte das Leben in Gretes Vogelhäuschen. Ununterbrochen plärrten nun die Meisenkinder nach Nahrung. Grete hatte sich fachlichen Rat geholt und einen kleinen Futterautomaten neben dem Vogelhaus installiert. Schließlich sollten die Meiseneltern bei Kräften bleiben. Grete störte das Gefiepse und Geflatter jedoch nicht im Geringsten. Die letzte Woche war so nervenaufreibend gewesen, dass sie heute nichts mehr aus der Ruhe bringen konnte. Mittlerweile konnte sie sogar schon wieder lachen. Das war ihr nämlich letzten Montag total vergangen, als sie nach der Mittagspause wieder zurück in ihr Vorzimmer wollte. Wollte, sie kam nämlich erst gar nicht bis zur Tür. Denn als sie aus dem Fahrstuhl stieg, stolperte sie als erstes über eine Kiste. Eine Kiste? Kisten soweit das Auge reichte. Bis hin zu ihrer Bürotür stapelten sich die Dinger. Mittendrin eine hilflose und heulende Susi, die händeringend in ihre Richtung blickte. "Es tut mir ja so leid Frau Meier!" Grete kämpfte sich durch die Kisten zu Susi vor. "Was um alles in der Welt ist das hier?"
Fünf Minuten und zwei Tempos später war das Fräulein Grete Meier im Bilde. Statt 1000 gefärbter Eier, die für die Belegschaft und Kunden als kleiner Ostergruß gedacht sein sollten, hatte Susi mal eben so 5000 Eier bestellt. Versehentlich natürlich. Grete konnte es nicht glauben und öffnete eine Kiste. Und noch eine. Und eine dritte. Eier, Eier und nochmals Eier. "Alles so schön bunt hier, jetzt kann Ostern kommen", rutschte es der Grete heraus. War sich aber im gleichen Moment der Katastrophe bewusst. "Mensch Susi, weißt du was das kostet? Zurückgeben können wir die garantiert nicht!" Susi heulte nun noch lauter. Grete packte sie bei den Schultern. "Nu hör mal auf! Davon verschwinden die Eier auch nicht. Hol Eido und bring auch gleich den Chef mit, der ist bei ihm im Lager."

Natürlich war der Chef stinksauer, aber Grete wusste ihn zu beschwichtigen. "Chef, kann doch jedem passieren. Ist das Kind, in diesem Fall die Eier, erstmal im Brunnen, ist es nicht wichtig, wie sie da rein gekommen sind. Wir müssen überlegen, wie wir sie da rausholen und das bitte noch vor Ostern!" Ein Plan nach dem anderen entstand und wurde wieder verworfen. Auch ein Anruf bei der Lieferfirma brachte nichts. Letzten Endes hatte dann Susi die zündende Idee. "Wir könnten die restlichen 4000 Eier an Kindergärten und Grundschulen verteilen! Statt Nikolaus mit Sack ein Osterhase mit Korb." Gespannt sah sie den Chef an. Nach kurzem Blickkontakt mit Grete segnete er die Aktion ab. "Besser verschenken, als in den Müll damit", sagte er. "Frau Meier, sie kümmern sich!"

Und Grete kümmerte sich. Sie telefonierte. Nach dem sie allen Kindergartenleitern/Innen und allen Rektoren/Innen der Grundschulen in der Stadt glaubhaft versichern konnte, dass es sich um einwandfreie Ware handelt, bekam sie die Erlaubnis für den Osterhasenbesuch. Nun musste nur noch ein entsprechender Osterhase her. Aber der war in Eido schnell gefunden. Susi sollte ihm assistieren. So ganz problemlos ging es dann doch nicht vonstatten. Denn niemand hatte ein Osterhasenkostüm in seinem Fundus. Auch der städtische Theaterkostümverleih konnte nicht helfen. Lediglich ein Bärenkostüm stand zur Verfügung.
Nun, Not macht bekanntlich erfinderisch. Susi fiel ein, dass sie noch einen Haarreif besitzt, mit rosa Hasenohren von einem Bunnykostüm. Kurzerhand wurden die Ohren von dem Bärenkostüm durch die rosa Öhrchen ersetzt. Grete trennte den rosa Puschel von Susis Bunnykostüm ab und setzte ihn kunstvoll auf der Rückseite des Bärenpopos in Szene. Ein großer Dekostrohkorb, den die Frau vom Chef beisteuerte wurde von seinen Kunstblumen befreit, österlich geschmückt und mit bunten Eiern gefüllt. Auch Susi fiel Gretes Kreativität zum Opfer. Was ihr allerdings so gar nicht schmeckte. Da sie ja im Grunde schuld an der ganzen Eieraffaire hatte, biss sie jedoch in den sauren Apfel und trottete als Biene Maja neben Eido her. Unter johlendem Gelächter der Belegschaft zogen die zwei am Mittwoch mit dem Firmentransporter los, der hochbeladen war mit den Eierkisten. Erst gegen abend kehrten sie zurück. Eierlos, und etwas zerzaust. Der falsche Hase besaß nur noch ein rosa Ohr und auch der Puschel hing lose herab."Es war so toll. Stellen sie sich vor Frau Meier, alle Kinder wollten mit Eido kuscheln, keiner hat gemerkt, dass er nur ein falscher Hase ist!" Richtig glücklich sah Susi dabei aus. Glücklich war auch die Grete. Denn kein einziger Eierkarton stand mehr im Weg. 
Von bunten Eiern hatte sie jetzt jedenfalls genug. Deshalb war sie froh, dass sie dieses Jahr ausnahmsweise über Ostern nicht zu Tante Heidi und Onkel Günther fahren würde. Die zwei haben sich nämlich in einen Kurzurlaub verabschiedet. Somit würde kein einziges Osterei ihren Weg kreuzen.

"Frohe Ostern, Frau Meier!" Grete öffnete die Augen. Herr Heinevetter hatte sich über das Mäuerchen gelehnt und hielt der Grete ein Körbchen unter die Nase. Eiersalat, dachte die Grete. Ich mach Eiersalat.





  
   



14 Kommentare:

  1. Hallo Grete,
    schöne Geschichte ... wünsche auch Dir und Deinen Lieben ein frohes Osterfest !

    Gruß Dieter

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    1. Vielen Dank, lieber Dieter ... die Ostertage waren sonnig und freundlich... Erholung pur.
      Gruß vonner Grete

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  2. Liebe Greta,
    auch Dir ein frohes Osterfest und lieben Gruß aus Südtirol,
    Kebo

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    1. Südtirol? Ein schönes Stück Erde.
      Gruß vonner Grete

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  3. Au mann Grete! Das klingt ja nach einer spannenden österlichen Woche :-) Ich wünsch dir frohe Ostern und Morgen einen ruhigen Feiertag! Liebe Grüße, Frauke

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    1. Ruhige Tage hatte ich. Vielen Dank
      Gruß vonner Grete

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  4. Oh je, Grete, das war eine Woche voller Tücken.
    Aber die Eier-Episode hast du wieder mal gut gelöst. Und der
    falsche Hase und Bunny-Susi haben ihre Sache gut gemacht.
    Ein schönes Restosterfest wünscht Dir
    Irmi

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    1. Hallo Irmi .. du weißt doch ... die Grete findet immer eine Lösung. Sie ist das kleine Lichtlein, was so ganz urplötzlich von irgendwo erscheint.
      Gruß vonner Grete

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  5. Hallo Grete,
    wirklich eine schöne Geschichte und gut gelöst.Wünsche dir noch ein schönes Osterfest.
    Liebe Grüße Pippi

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    1. Hallo Pippi, was für ein lustiger Name.
      Freue mich, dich hier zu sehen.
      Gruß vonner Grete

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  6. diese wunderhübsche sehr skurrole geschichte lese ich eben erst von der Grete und das obwohl Ostern seit gestern schon vorrüber ist. Aber - es ist nie zu spät hübsche geschichten zu lesen, vor allem wenn die Grete sie schreibt....
    ist sie erdacht, ausgedacht oder mitten aus dem farbig-bunten leben gegriffen? E G A L, sie ist schön und ich hab über den Einfallsreichtum der Grete sehr gelacht und mich gefreut....
    Tolle LÖSUNGEN hat sie wieder für ein großes Problem bewiesen!.....
    Hut ab, Osterhasenöhrchen auf!.....meint Angel...gefällt mir 10 PUNKTE!:))

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    1. Lach, die Grete mit Osterhasenöhrchen. Ich lach mich schief. Danke dir Angelface
      Gruß vonner Grete

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  7. hi grete,
    endlich komme ich dazu, zu schreiben.
    sind es nachwirkungen von der hochzeit, die dich so beschäftigt haben.
    jedenfalls eine hübsche geschichte.
    lieben gruß eva

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    1. Danke liebe Eva... Freut mich immer, dich hier zu lesen.
      Gruß vonner Grete

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...