Dienstag, 10. Februar 2015

Von Pfefferspray und einer Leiche unterm Schrank

Von Pfefferspray und einer Leiche unterm Schrank 

"Oh, ma Gretee, was `ast du angestellt!" Völlig konfus trippelte Marie auf ihren hohen Pumps, wie ein aufgescheuchtes Huhn, in Gretes Küche hin und her. "Der arme Mensch!"
Das Fräulein Grete Meier, hochrot im Gesicht, hielt sich die Ohren zu. "Armer Mensch, armer Mensch ... was schleicht der sich hier auch ins Haus ein. Anständige Leute so zu erschrecken!" Marie baute sich empört vor ihr auf. "Ma Gretee, das ist sein `aus. Punkt. Sein `auuus! Da kann er ... wie sagst du ...schleicheen ... so wie er wieel."
Trotzig schüttelte die Grete ihren Kopf. "Kann er eben nicht. Und überhaupt, da kann ja jeder kommen." Grete griff nach der Kaffeekanne, setzte sie wieder ab, ging zum Kühlschrank, öffnete die Tür und schloss sie wieder, ohne etwas herauszunehmen.
"Ma Gretee, setz diech hien, du machst miech gaanz konfüs!"
Grete, die im Grunde ihres Herzens wusste, dass sie totalen Bockmist gebaut hatte, ließ sich von Marie widerstandslos auf die Küchenbank drücken. So, im Stillen betrachtet, konnte sie selber nicht mehr so recht begreifen, welcher Teufel sie da geritten hatte. Jetzt saß sie tief drin im Schlamassel. Aber sowas von tief. Und diesmal, diesmal konnte ihr wirklich niemand da raushelfen. Nicht Marie und auch nicht Herr Heinevetter, der nun ebenfalls in Gretes Küche erschien. "Na, Fräulein Marie, was hat unsre Grete denn nu wieder angestellt?"  
Grete, sofort wieder auf einhundertachzig, fauchte nur ein "Pfff" in seine Richtung. Eigentlich hatte ihr ein "Was mischen sie sich denn da ein" auf der Zunge gelegen, aber das verkniff sie sich wohlweislich. Schließlich war das Ganze schon schlimm genug. Was musste sie aber auch so neugierig sein. Herr Heinevetter hatte es sich zwischenzeitlich auf dem Stuhl gegenüber bequem gemacht. Marie schenkte ihm einen Kaffee ein. Er nahm einen Schluck und schaute dann der Grete geradewegs ins Gesicht. "Nu kommense schon, etwas muss ja passiert sein, sonst hätte mich Marie doch nicht gleich an der Haustür abgfangen als ich vom Arzt nach Hause kam. Also?"
Grete schluckte. Nur zögernd und reichlich widerwillig erzählte sie ihm was passiert war. Dass sie, als sie vorhin in den Wäschekeller wollte, bemerkt hat, dass die Tür von der Wohnung gegenüber von Herrn Wenigs Domizil einen Spalt breit offen steht. Davon, dass sie zurück nach oben geilt war, um aus ihrer Handtasche das Pfefferspray zu holen. "Sicher ist sicher, Herr Heinevetter!" Dass sie sich dann vorsichtig in die Wohnung geschlichen hat. "Leise wie ein Mäuschen!" Und, dass sie, als sie die Küche betrat, die Leiche gefunden hat.
"Eine Leiche? Bei uns im Haus? Ach Herrjeh!" Herr Heinevetter war ganz aufgeregt. "War die Polizei schon da?"
"Aber das ist es doch, Herr Heinevetter. Es war gar keine Leiche. Sah aber so aus, wirklich. Ich schwöre. Der Oberkörper lag im offenen Spülschrank. Den konnte ich nicht sehen. Aber die Beine. Völlig regungslos lagen die da. Ich wusste es sofort. Die war bestimmt in dem roten Koffer gewesen. Der ist mir doch gleich suspekt vorgekommen."
Herr Heinevetter verstand nichts mehr. "Was denn nun, Leiche oder keine Leiche?"
Grete ließ ihn nicht lange im Unklaren. "Keine Leiche", sagte sie kleinlaut. "Nur Herr Heber, der den Abfluss reparierte. Aber, das wusste ich ja da noch nicht!"
Marie, die mittlerweile ein bisschen Mitleid mit Grete hatte, übernahm das Wort und erzählte Herrn Heinevetter den Rest von Gretes Begegnung mit der Leiche. Grete schaltete derweil völlig ab. Zu sehr saß ihr der Schreck noch in den Gliedern. Denn gerade, als sich die Grete der Leiche todesmutig genähert hatte, war hinter ihr ein Räuspern zu hören gewesen. "Der Mörder", mehr hatte die Grete nicht denken können. Und wenn die Grete nicht richtig denken kann, dann handelt sie. Wie eine Natter hatte sie sich umgedreht. Zisch ... und eine volle Ladung Pfefferspray war volle Kanne im Gesicht eines netten Herrn, der etwa in ihrem Alter war, gelandet. 
Grete vergrub ihr Gesicht in den Händen. Wie peinlich. Zumal sie dabei auch noch hysterisch geschrien hatte. Erst als sie von hinten gepackt worden war, und sie die Stimme von Herrn Heber erkannt hatte, der beruhigend auf sie einredete, war die Grete still geworden. 
Still war auch jetzt Marie. Scheinbar war sie fertig mit dem Erzählen. Herr Heinevetter starrte die Grete an. "Ernsthaft, sie haben unserem Vermieter Pfefferspray ins Gesicht gesprüht? Echt jetzt, Frau Meier, wie kann man denn so blöde sein!"
"Blöde? Blöde? Ja zum Teufel, sind denn jetzt alle verrückt? Den hat doch noch nie einer hier gesehen. Ich nicht, und sie auch nicht!" Grete war aufgestanden und bohrte ihren rechten Zeigefinger in die Brust von Herrn Heinevetter. 
"Jeder weiß doch, dass er diese Wohnung nie vermietet hat, weil er sie früher oder später selber nutzen will", wagte sich Herr Heinevetter zu sagen. Grete schnaufte. "Eben. Später. Aber doch nicht jetzt. Nee, nee, da isser selbst dran schuld. Er hätte ja mal ein Wörtchen sagen können, bevor er hier einzieht! Mir so einen Schrecken einzujagen. Ich wär beinah tot umgefallen. Und was dann? Häh? Was dann Herr Heinevetter?" 





 

5 Kommentare:

  1. Ach du lieber Gott, so ein Schreck - den muss man erst einmal verdauen.
    Und das mit dem Pfefferspray war doch reine Selbstverteidigung. Man weiß ja nie.
    Frl. Grete, das beste ist wohl, sie laden den netten Herrn ganz einfach zu einem
    Kaffee und ein paar belegten Brötchen ein. Dabei kann man alles beheben.
    Einen schönen Abend wünscht dir
    Irmi

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    1. Hallo Irmi, schön dich hier zu lesen. Eine Einladung zum Kaffee ... na, wer weiß ..,al sehen..
      Gruß vonner Grete

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  2. Also, was soll ich sagen, da hatte ich doch gleich ähnliche Gedanken, wie die Irmi! Wenn der im selben Alter ist, wie die Grete, dann wäre das doch ... suchte sie nicht ... oder ... doch nicht? Ich weiß nicht mehr so genau, Fräulein Grete, wie es nun war. Aber egal! Die Sache mit dem Pfefferspray ist schon harter Tobak! Mann o Mann, dass ist ja mal ein Ding!

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    1. Hallo Martina, sie suchte ...ja ... und wer weiß?
      Vielen lieben Dank für deinen Kommentar.
      Gruß vonner Grete

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  3. Oha, das war aber für alle Beteiligten ein großer Schrecken! Wie gut, dass da nicht mehr passiert ist. Ich bin gespannt, ob da noch mehr folgt ;-)
    Liebe Grüße,
    Frauke

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...