Mittwoch, 15. Juli 2015

Gretes Senf am Mittwoch (15.07.15)

Gretes Senf am Mittwoch (15.07.15) 

Es ist zum Fremdschämen. Aber sowas von. Nein, ich rege mich heute nicht auf. Dafür ist die Sache zu ernst. Ich bin einfach nur tief betroffen. Und obwohl ich bei solchen Themen dreimal überlege etwas zu schreiben, kann ich heute nicht anders. 
Die Fakten: 
In Euskirchen wurde ein Kindergarten vorübergehend in einer alten Schule untergebracht, da ein Neubau ja bekanntlich etwas Zeit in Anspruch nimmt. Ein normaler Vorgang. Allerdings für die Kinder mit etwas Aufwand verbunden, da nicht barrierefrei und über zwei Stockwerke.
Wie anderen Städten auch, wurden der Stadt Euskirchen Flüchtlinge zur Unterbringung zugeteilt. Allerdings steht kein geeigneter Wohnraum derzeit zur Verfügung.
Eine für alle Beteiligten sinnvolle Lösung wurde gefunden. Container für die Kindergartenkinder bis der Neubau fertig ist (Spezialcontainer extra dafür ausgelegt, barrierefrei) und Unterbringung der Flüchtlinge in der alten Schule. Alles wurde im Vorfeld mit den betroffenen Eltern abgesprochen, die keinerlei Einwände hatten, zumal die Container wesentlich kindgerechter sind und es sich lediglich um ein Jahr der Unterbringung handelt.
Presse und die Folgen:
Unter der so oder ähnlichen Überschrift KITA RÄUMT GEBÄUDE FÜR FLÜCHTLINGE wurden diverse Artikel in Tageszeitungen veröffentlicht. Sämtliche Artikel enthielten die o.g. Fakten und waren in keinster Weise so ausgerichtet, dass sie sich gegen dieses Vorgehen der Stadt Euskirchen richteten. 
Scheinbar gab es einige Zeitgenossen, die sich nicht die Mühe gemacht haben, außer der Überschrift, den Artikel zu lesen. In den sozialen Netzwerken brach ein regelrechter Shitstorm los. Rechtsgerichtete Gegner der Asylpolitik nutzten auf diversen Seiten diese Artikel (die nur halb wiedergegeben wurden) für ihre gräuliche Propaganda. Der Bürgermeister von Euskirchen wurde mit zig Hassmails, die auch Drohungen enthielten, regelrecht überschüttet. Er musste Strafanzeige erstatten und auch der Verfassungsschutz wurde eingeschaltet.  Weitere Medien nahmen sich der Thematik an. In Unkenntnis der Sachlage, woher die E-Mails stammen, wurde Euskirchen in einigen Köpfen der Leser schon als neue Hochburg der Rechtsradikalen bezeichnet. Denn scheinbar wurden auch die Artikel, die das ganze versuchten gerade zu rücken, zum Teil nicht richtig gelesen. 

Was ist nur los in Deutschland? Ich habe mir mal die Mühe gemacht und so einiges zu diesem Thema verfolgt. Sprich diverse Kommentare auf diversen Seiten gelesen. Ehrlich, mir wurde dabei schlecht. Die übelsten Kommentare sind zu dem noch in einem derartigen Deutsch abgefasst, dass ich mir an den Kopf fassen musste. Da kann sich ein Flüchtling nach dreimonatigem Deutschkurs ganz sicher besser ausdrücken. Welch Ironie!
Noch entsetzter war ich, als ich eben noch ein wenig recherchieren wollte. Dafür habe ich bei Mr. Google nach ASYLANTENHEIM gefragt. Es hat mich umgehauen, was ich als obersten Eintrag angezeigt bekam. Eine Landkarte (erstellt mit googlemaps)  auf denen alle Asylantenheime in Deutschland angezeigt werden. Titel: "Kein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft". 
Nun, auch die dazugehörige Seite habe ich mir angesehen. Ich nenne sie hier nicht, kann jeder nachschlagen. Dort gibt es als Download einen Leitfaden. "Wie be- bzw. verhindere ich ein Asylantenheim in meiner Nachbarschaft." Das ist mehr als gruselig.

Ich wohne selber direkt (und wenn ich schreibe direkt, dann meine ich das auch so) neben einem solchen Heim für Flüchtlinge. Dort sind Asylsuchende mehrerer Nationalitäten untergebracht. Auch ganze Familien mit Kindern. Es geht dort ruhiger, sauberer und gesitteter zu, als in manch einem Stadtviertel, deren Bewohner Deutsche sind. Die Menschen sind freundlich, grüßen stets und es ist bis jetzt noch zu keinerlei Beschwerden gekommen. Ein Miteinander geht also. Und ich bin mir sicher, dass viele Menschen das eben so sehen.

Für alle anderen, schäme ich mich.

Gruß vonner Grete








7 Kommentare:

  1. Ja liebe Grete es ist wirklich erschreckend und zum Schämen. Manchmal fehlen einem regelrecht die Worte :-(

    Traurige Grüße
    Kerstin

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  2. Ja, liebe Grete ... da sprichst Du mir aus dem Herzen. Man fragt sich in Anbetracht der Dinge, die teilweise scheinbar ganz normale Menschen zu den Themen Asylanten und Ausländer von sich geben, wo man hier eigentlich lebt. Da schämt man sich wirklich!

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  3. Grete, du bist wieder zum Kern vorgestoßen. Ich schäme mich auch, wenn ich die
    Bemerkungen höre, mit denen Flüchtlinge bedacht werden. Die meisten Asylanten
    haben es sich nicht ausgesucht. Die Not hat sie getrieben. Sie sind froh, einer Hölle
    entronnen zu sein - sie haben nicht damit gerechnet in eine ander zu kommen.
    Liebe Grüße schickt Dir
    Irmi

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  4. Stimme dir voll zu.

    Und schäme mich - auch für mein Mutterland Schweiz, hier geht es genau so zu und her
    Traurig
    yase

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  5. Grete, aber ich habe so aus der Ferne den Eindruck, dass Fremdenfeindlichkeit schon zum guten Ton in Deutschland gehört. Wenn ich da so die Posts von angeblichen Freunden auf FB sehe, wird mir übel und ich bin froh, nicht mehr in einem solchen Land leben zu müssen. Da versteigen sich sogar Menschen, die als Auswanderer hier auf den Philippinen leben, in solche Parolen oder verteilen diese munter über Facebook oder andere soziale Medien und vergessen ganz, dass sie jetzt selbst Ausländer sind. Ich bin nur froh, dass die Menschen in meinem neuen Heimatland trotz vieler Ausländer hier, die Frauen vergewaltigen oder Kinder missbrauchen, immer noch tolerant sind.

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  6. Bittere Wahrheit, was du hier schreibst. Seit Dezember engagiere ich mich hier vor Ort für die Asylanten, indem ich einer kleinen Gruppe (die allerdings immer größer wird und ausschließlich aus Albanern besteht) zweimal in der Woche Sprachunterricht erteile. Natürlich stehe ich nicht alleine da, es sind mehrere, die sich ehrenamtlich - der eine mehr, der andere weniger - engagieren. Eine junge Frau setzt sich sehr ein. Auch sie hat schon Drohungen erhalten. Das ist soooo traurig!!!! Wohin die Sache noch führt, ich weiß es nicht!

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  7. Da schäme ich mich auch, dass so etwas bei uns möglich ist.
    Menschen ohne Hirn lesen warscheinlich nur die Überschrtift und schon legen sie los zu hetzen. sie haben nicht anderes zu tun und suchen sich Anerkennung bei ihresgleichen. Schlimm, schlimm...wir sind im Ausland auch Ausländer , das vergessen die meisten.
    Miteinander leben!!!!
    Grüssle, Klärchen, die solche Gedanken nicht hat und nie haben wird

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...