Dienstag, 29. September 2015

Von #facebookdown und falschen Brüsten

Von #facebookdown und falschen Brüsten

Zahnschmerzen, facebook kaputt und dann noch das Theater am Telefon mit der Berta Kalt. Das Fräulein Grete Meier lag in ihrem Bett und wälzte sich von einer Seite auf die andere. Sie war völlig erledigt. Total erschossen. Immerhin, so langsam zeigte die Schmerztablette Wirkung, denn das unangenehme Pochen im rechten Unterkiefer ließ langsam nach. So einer langwierigen Zahnbehandlung hatte sich die Grete noch nie unterziehen müssen. "Ein Versuch noch, Frau Meier. Wenn wir dann die Entzündung nicht rauskriegen ... na, dann muss der Zahn weg. Aber alles kein Problem, wir setzen dann einfach ein Implantat ein." Der hatte gut reden. Ein Implantat. Was das wieder kosten würde. Trotz Zusatzversicherung. Natürlich hatte die Grete, gleich als sie vom Zahnarzt zurück in ihrer Wohnung war, den Computer angeschmissen und Mr. Google gefragt. Nicht nur nach den Kosten so eines Implantats. Die waren relativ schnell gefunden. Zumindest Pi mal Daumen. Grete hatte auch nach den Methoden geschaut, wie man so ein Implantat einsetzt. Und war über die ganze Sucherei  schnell in irgendwelchen Foren gelandet, wo ihr völlig fremde Menschen eine  Horrorgeschichte nach der anderen auftischten. Da war eine Ulla H. gewesen, aus Herne, der hatte man beim Einsetzen der Verschraubung in den Kieferknochen gebohrt. Oder der Herr Ludger S., aus Hamburg. Bei dem hatte sich alles so entzündet, dass das Zahnfleisch verfaulte. Grete hatte es richtiggehend mit der Angst zu tun  bekommen. Dennoch, sie hatte danach das einzig richtige getan, zumal mittlerweile die Betäubung nachgelassen und der Zahn sich wieder bemerkbar gemacht hatte. Sie hatte die Gefilde gewechselt. Weg von Mr. Google und seinen Schreckgespenstern. Ab zu facebook. Da gibt es wenigstens Katzenvideos. Doch, Pustekuchen, facebook war nicht erreichbar gewesen.  Keine Katzenvideos - keine Ablenkung! Vielleicht twitter? Nun, der alles beherrschende Twittertrend war ... #facebookdown. Als wenn die Grete das nicht selbst schon wüsste. Also doch wieder Ulla H. aus Herne und dieser Ludger aus Hamburg. Wie gut, dass justament das Telefon geklingelt hatte. Die Berta Kalt, was Grete unweigerlich an "Hoch auf dem gelben Wagen ..." erkannt hatte. "Für jeden einen anderen Klingelton, für jeden. So weiß ich immer wer dran ist!", hatte sie erst neulich zu Herrn Heinevetter gesagt. 
Grete drehte sich wieder um in ihrem Bett. Streng darauf achtend, den Kopf nicht allzu sehr zu bewegen. Wo doch gerade Ruhe war in ihrem Mund. Nicht dass da der Zahn wieder wachgerütelt wurde. Nee, wie der Herr Heinvetter da geguckt und neugierig nach seinem Klingelton gefragt hatte. Aber die Grete hatte nix verraten. Sie kicherte. Nach der Kletterpartie damals auf seinem Balkon war es der Grete passend erschienen "Faust auf Faust" von Klaus Lage für ihn auszuwählen. Immerhin hatte er es damals ja Schimanski gleichtun wollen. "Hoch auf dem gelben Wagen" für die Berta. Wo die doch so gern wandert.  
Na, jedenfalls war die Berta in der Leitung gewesen. Also Ablenkung. Und die Grete hatte dann auch gleich losgelegt. Von wegen Implantat für die rechte Seite und dass das ja so teuer sei und überhaupt die ganzen Gefahren bei so einer OP. Grete musste jetzt doch schmunzeln, als sie das Gespräch nochmals Revue passieren ließ. 
"Und stell dir vor Berta, ich kann auch ohne Vollnarkose!" Doch anstatt vor Mitleid zu zerfließen, wie es die Grete erwartet hatte, reagierte die Berta recht ungehalten. "Also, Grete, dass du sowas nötig hast, ausgerechnet du. Also nee, das hätte ich nicht gedacht. Das muss sich doch total falsch anfühlen, wenn man sowas hat!
Grete stutzte. Diesen Aspekt hatte sie noch gar nicht bedacht. "Man gewöhnt sich bestimmt Berta. Und dann fühlt es sich wie echt an."
"Und wieso überhaupt nur rechts? Ist denn links weniger? Das ist mir noch gar nicht aufgefallen." Immer noch klang Bertas Stimme irgendwie empört.
Nun war Grete leicht verwirrt. Doch ehe sie antworten konnte redete Berta schon weiter. Diesmal schwang deutliche Missbilligung in ihrem Ton mit. "Sag mal Grete, und dann noch ohne Vollnarkose? Du fährst doch wohl nicht nach Polen zu irgendeinem Stümper. Und das alles wegen dem Holzmann! Nee, Grete, also wirklich!" 
Tausend Fragezeichen tanzten mittlerweile vor Grete auf und ab. Was bitte hat denn jetzt der Holzmann mit ihrem Zahn zu tun! "Echt jetzt Berta, was quasselst du denn da, Wieso der Holzmann?"
In der Leitung war es augenblicklich still. Grete hörte, wie die Berta scharf die Luft einzog. "Grete, sag jetzt nicht, dass du den Holzmann für einen anderen abserviert hast. So ein feiner Herr. Hätte ich mir ja denken können, dass der nie und nimmer von dir eine Brustvergrößerung gefordert hätte. Also, wie heißt der Kerl?"
Grete fiel dast der Hörer aus der Hand."Berta, was erlaubst du dir. Brustvergrößerung? Ich?!! Für den Holzmann? Oder für wen auch immer ...  Ja bist du denn von allen guten Geistern verlassen?  

Grete, schon halb im Schlaf, lächelte. Zu gerne hättte sie das Gesicht von der Berta gesehen, als die kapierte, dass es nicht um ein Brust - sondern um ein Zahnimplantat ging.




Dienstag, 22. September 2015

Das Fräulein Grete Meier hat den Blues

Das Fräulein Grete Meier hat den Blues

Das Fräulein Grete Meier saß in der geöffneten Balkontür auf einem Stuhl, eingemummelt in ihrer Wolljacke und starrte in den Regen, der unaufhörlich die Geranien mit dicken Tropfen bedachte. Der Himmel schimmerte in einem trägen einheitsgrau. Und das schon seit dem frühen Morgen. So hatte die Grete sich ihren freien Tag nciht vorgestellt. Eigentlich mag die Grete den Herbst ja, vor allem die ersten Tage, wenn die Bäume sich langsam verfärben und im Sonnenlicht die ersten bunten Blätter zu Boden segeln. Doch dieses miese Wetter schlug ihr mächtig auf die Seele. Sonst voller Elan, vor allem wenn sie mal einen Tag in der Woche frei hatte, konnte sich die Grete heute zu nix aufraffen. Den halben vormittag hatte sie lustlos in Schlafanzug und Bademantel mit Kaffeetrinken und dem Lesen diverser alten Zeitungen verbracht. Selbst der PC war ausgeblieben. Ein anschließendes Schönheitsbad hatte ihre Stimmung auch nicht angehoben. Auch Rühreier mit Speck, sonst ein Allheilmittel gegen schlechte Stimmung, hatten nichts ausrichten können. Die Laune blieb im Keller. Zujmal die Grete nur Brot dazu hatte und keine Brötchen. Und das war auch nicht mehr taufrisch gewesen. So wie ich nicht, dachte die Grete, während sie an ihrer Zigarette zog. 
Sie betrachtete ihre Hände.  Faltig. Fast schon wie bei Frau Korters, die immerhin fast 20 Jahre älter ist. Die Grete sog die kühle Regenluft ein. Ist eben der Lauf der Dinge. Das Alter fordert seinen Tribut. Fast 55 Jahre haste nun schon auf dem Buckel. Gute und schlechte Jahre. Grete, wennste ehrlich bist, sind es wohl doch eher mehr gute. Dennoch, jetzt sitzte hier, allein und starrst in den  Regen. 
Ihre Gedanken liefen rückwärts. Was wäre wohl gewesen, wenn ich damals nicht ... Ach herrjeh, ja, der Rolf. "We had joy we had fun, we had seasons in the sun, but the hills that we climbed were just seasons out of time" ... Terry Jacks. Leise summte die Grete die Melodie vor sich hin. Und dann der Unfall ... Mein Gott, wie lange ist das jetzt schon her. Die Jahre bei Tante Heidi und Onkel Günther, der Einzug hier im Haus. Die erste Begegnung mit Herrn Heinevetter ... jetzt schmunzelte die Grete. Wie der damals vor mir stand auf dem Balkon nebenan, mit zerzausten Haaren auf dem schief ein Hut saß von dem der Regen tropfte, und mir einen Kaffee anbot. "So auf gute Nachbarschaft, Frau Meier, und hammse schon gehört ... also ich kann ihnen da was erzählen ..." War genau so ein Regentag gewesen wie heute. Lieschen, die sie vor etlichen Jahren wiedergetroffen hatte und die nun so weit weg wohnt. Ach, wie ich den Mittwochskaffee doch vermisse. Das gute Lieschen. 
Grete erinnerte sich an den ersten Tag von Susi im Büro. Das Gesicht total zugekleistert, auf hohen Hacken und vorlaut. Und heute? Heut isse schon Mama, die Susi. Das waste nie hingekriegt hast Grete! Jetzt liefen die Tränen. Grete kramte nach einem Taschentuch. Dumme Pute, dachte sie, während sie sich über die Augen wischte. Is so, hat nicht sein sollen. Sie schneuzte kräftig in das Tuch. Und außerdem, wer weiß, wozu das alles gut war. Und gut ist. Alleine biste doch deshalb nicht. Da sind Tante Heidi und Onkel Günther, Marie, das ferne Lieschen, die Kollegen und der Chef, Frau Korters, die Hebers,  Luis der Rabauke, Herr Wenig, der Holzmann ( ja, der auch!) und natürlich ... Eine Tür klappte. "Tach Frau Meier, hammse schon gehört?"


 

Dienstag, 15. September 2015

Von einem Stich und blauen Freunden

Von einem Stich und blauen Freunden 

Aufgeregt wuselte das Fräulein Grete Meier durch ihre Wohnung. Schob hier etwas zurecht und da etwas. Zupfte an der zartgelben Tischdecke und rückte wohl zum hundertsten Mal das Besteck gerade. Zwischendurch immer der Blick zur Uhr. Wo zum Henker ist denn nur das Feuerzeug! Grete zog planlos eine Schublade nach der anderen von ihrem Sidebord auf. Nichts. Küche vielleicht? Da fand sie zwar die Zigarettenschachtel, aber kein Feuerzeug. Grete fummelte eine Zigarette heraus und klemmte sie sich zwischen die zart rosé gefärbten Lippen. 24 - Stunden Lippenstift. Sauteuer, aber er war sein Geld wert. Kein rosa Abdruck an den Zigaretten und auch nicht an Glas oder Kaffeetasse. Und er überstand jedes Essen. Ohne Nachziehen. Sogar Rot geht damit. Aber nachdem die Heidi Seelig im Büro mal getönt hatte, dass Rot auf den Lippen ab 40 vulgär aussieht, fristete der rote Lippenstift sein Dasein neben dem blauen Lidschatten (O- Ton Susi: "Total out, Frau Meier!") in der Karnevalskiste. Wegschmeißen kam für die Grete nämlich nicht in Frage. Hat doch schließlich mal was gekostet. Von Blau war sie danach auf bescheidens Beigebraun umgestiegen. Und eben zu Rosè. Ah, da war es ja, das Feuerzeug. Auf der Fensterbank. Rasch zündete die Grete ihre Zigarette an. Doch noch vor dem ersten Zug klingelte es an der Wohnungstür. Ohne zu zögern versenkte die Grete die brennende Zigarette im Blumentopf mit dem Kaktus. Die einzige Grünpflanze in der Wohznung übrigens, die sich permanent hielt. Trotz, oder vielleicht auch, wegen der gelegentlichen Tabakdüngung. Nee, mit Pflanzen in der Wohnung hat die Grete nie Glück. Auf dem Balkon die Geranien dagegen. Ein Traum. In Rot. Das wird ja wohl nicht verboten sein. auch nicht mit Ü 50.  Grete eilte zur Tür. Soll ja keiner sagen, dass geladene Gäste bei der Grete zwei Mal klingeln müssen.

Gretes Stimme überschlug sich fast. Oder ganz, nach Lieschens Gesicht auf  Gretes Bildschirm zu urteilen.  "Jetzt weißte Lieschen, warum du mir unbedingt deinen Tee schicken musst. Alle isser, ausgerechnet heute! Das halt ich im Kopp nich aus!" Grete verdrehte die Augen.  
"Nu mal langsam Grete", antwortete Lieschen. "Hol mal tief Luft und dann erzählste mir alles von vorne. Ich hab kaum etwas verstanden. Nur, dass Herr Heinevetter und dein Holzmann zum Kaffee da waren. Und dass sie einen Stich hatten." 
"Na", empörte sich die Grete, senkte dabei aber etwas die Stimme. "Das kannste laut sagen. Die hatten einen Stich, aber sowas von. Dabei habe ich es nur gut gemeint!" 
Lieschen lachte. "Grete, wenn du schon was gut meinst ...Also, was war los?" 
Grete beugte sich vor und sah direkt in die Kamera. "Ich hatte dir doch erzählt, wie sauer der Heinevetter war, dass ich den Holzmann duze und ihn nicht, wo wir uns doch schon viel länger kennen. Gar nicht mehr geredet hat er mit mir. Guck nicht so, ich habe mich ja entschuldigt bei ihm. Und dann hab ich mir gedacht, ich lad den Holzmann und den Heinevetter mal zusammen zum Kaffee ein. Damit die sich mal kennenlernen. Ich hab extra Pflaumenkuchen gebacken. Und dann, du musst dir diese Peinlichkeit mal vorstellen, dann hatte die Sahne einen Stich!"
Lieschen war verwirrt."Die Sahne? Hast du nicht eben gesagt, die zwei Männer hatten einen Stich? 
"Mensch Lieschen, du hörst aber auch gar nicht zu. Zuerst war es die Sahne und dann der Heinevetter und kurz danach auch der Holzmann. Die haben Lieder gesungen und sogar Brüderschaft getrunken  Stell dir das mal vor! Es war entsetzlich. Der Heineveter wollte sogar mir mir tanzen und der Holzmann hat sich eine der Rosen aus der Vase geschnappt und sie sich zwischen die Lippen geklemmt. Zwei Tassen und ein Teller sind kaputt. Ich brauch den Tee, Lieschen, dringend!"
"Grete!", Lieschens Stimme klang streng. "Grete, du hast doch nicht etwa den Mirabellenschnaps von Tante Heidi ..." Sie redete nicht weiter.
"Naja!", kam es recht kleinlaut von der Grete. "Ich dachte, weil doch die Sahne einen Stich hatte .. so für den Magen ... woher sollte ich denn wissen, dass die nicht Mal ein, zwei Schnäpse vertragen! Kann ich doch auch."
"Das sind wohl eher vier, fünf gewesen laut deinen Schilderungen, gell?"
Grete versank regelrecht in ihrem Schreibtischstuhl. Sie traute sich kaum noch das Lieschen anzublicken. "Nun, da kannste recht haben. Wenn ich so recht überlege, war die Flasche fast voll. Nu isse leer. Und irgendwie geht es mir jetzt gerade gar nicht gut.. Mir dreht sich alles. Aber sowas von ..."




Dienstag, 8. September 2015

Das Fräulein Grete Meier hat die Hose voll

Das Fräulein Grete Meier hat die Hose voll

Das Fräulein Grete Meier schwang sich von ihrem Fahrrad, lehnte ihr Vehikel an den rostigen Mülleimer und setzte sich schnaufend auf die Parkbank. Sie nestelte ein Taschentuch aus ihrer Jackentasche und wischte sich den Schweiß von der Stirn. "Grete, du wirst alt", murmelte sie dabei. "Nicht mal zwei Kilometer schaffste ohne Pause!" Im Grunde wusste sie genau, dass weniger ihr Alter daran schuld war, dass sie nach Luft schnappend und mit Herzjagen auf der Parkbank saß, sondern viel mehr ihre ewige Unlust an jeglicher Art von sportlicher Betätigung. Aber das muss man ja nicht laut sagen. Auch nicht, wenn es eh keiner hören konnte. Ab und an ein bisschen Gymnastik ... das reicht doch. Und wenn ihr Arzt fragt, na dann wird aus dem ab und an ganz gerne mal ein "Jeden Tag Herr Doktor, jeden Tag ein bisschen, ehrlich!" Grete schob den Gedanken an den zweifelnden Blick ihres Arztes in die hinterste Ecke ihres Kopfes. Und die mahnenden Stimme von Dr. Heimel: "Denken sie an ihren Blutdruck, Sport ist wichtig", gleich hinterher. Denn wichtig war jetzt etwas ganz anderes. 
Grete nestelte am Gepäckträger des Fahrades. Besser gesagt, an der knallgelben Tasche, die sie dort festgeklemmt hatte. Schnell fand sie in den endlosen Weiten der Tasche, das was sie suchte. Da lag er, unter dem Handy und der Packung Tempos. Zwischen Hausschlüssel, Brieftasche, Hustenbonbons, diversen Einkaufsquittungen, einem Schraubenzieher (Ach da ist der!) Zigarettenschachtel und Feuerzeug. Ein Brief. Schmal und in elegantem Champagnerton gehalten. 
"Nur unter Protest, Frau Meier!", hatte Herr Heinevetter gesagt, als er vorhin bei ihr geklingelt hatte. Mit spitzen Fingern hatte er ihr den Brief entgegengestreckt. Begleitet von einem wütenden Blick. Sie hatte sich gar nicht getraut den Brief zu öffnen. Stattdessen hatte sie ihn in die gelbe Handtasche gesteckt und sich auf das Rad geschwungen. Raus an die Luft. In den Park, zum Nachdenken.
Grete drehte und wendete den Umschlag. Für Frau Grete Meier stand darauf geschrieben. Immer noch unschlüssig und auch etwas beunruhigt starrte die Grete auf die Schrift. Wenn der mir jetzt ... und dann auch noch schriftlich ... die Grete mochte gar nicht weiterdenken. Stur war er ja schon immer, der Heinevetter. Aber sowas von. Gretes Gedanken liefen von einer Ecke in die nächste. Dann im Kreis. Ohne Ausweg. Sie straffte ihre Schultern. Also wenn der Heinevetter mir wirklich wegen der Sache mit der Duzerei die Freundschaft kündigt, dann .... Ja was dann? Grete wurde es urplötzlich schlecht. Sie sah sich schon auf dem Balkon stehen, allein, Selbstgespräche führend und einsame Rauchwölkchen in die Luft pustend. Keine Fußballabende mehr mit Schnittchen und nie wieder: Hammse schon gehört ... Grete zitterte und der Brief fiel aus ihren Händen. Grete bückte sich und hob ihzn wieder auf. Es hilft nix, Grete, du musst ihn öffnen. 
Mit einem Ruck riss sie den Umschlag auf. Eine Karte! Eine Karte? Grete zog sie heraus. EINLADUNG prangte ihr in ein fein ziselierten Schrift entgegen. Wie jetzt? Keine Freundschaftskündigung, eine Einladung? Aufgeregt las die Grete weiter. Stefan Heinevetter und Markus Werberitz sagen JA ... am 26. September 2015 ... im alten Rathaus in ...
Stefan heiratet? "Wie geil ,ist das denn!", entfuhr es der Grete. Und mich will er dabei haben  ... Grete kullerten ein paar Tränen über die Wangen. Was für ein guter Junge, der Neffe von Herrn Heinevetter. 
Herrjee, Herr Heinvetter. Keine Freundschaftskündigung also. Grete war sichtlich erleichtert. Gleichzeitig kamen ihre Schuldgefühle wieder hoch. Denn dass Herr Heinevetter immer noch sauer ist, steht wohl kaum außer Frage. "Nur unter Protest!" Also das hat er damit gemeint. Nur unter Protest hat er ihr die Einladung übergeben. Grete grinste. Sie konnte sich die Szene ganz gut vorstellen, als Stefan Herrn Heinevetter die Einladung für die Grete mitgegeben hatte. Mit Engelszungen wird er auf Stefan eingeredet haben. Aber der Junge ist eben auch stur. Naja, Äpfel fallen ja bekanntleich nie weit vom Stamm herunter. 
Grete steckte die Karte wieder in den Umschlag zurück, selbigen in die gelbe Tasche, die sie wieder fest auf den Gepäckträger klemmte und schwang sich auf das Rad. Beschwingt trat sie in die Pedale. Ihre Gedanken tanzen bei jedem Tritt Samba. Eine Hochzeit. Wie aufregend. Nee, was da alles noch erledigt werden musste. Ob das blaue Kleid wohl noch passt? Und überhaupt, zum Friseur musste sie auch. Ganz dringend. Und neue Schuhe und einen neue Handtasche. Passend zum Kleid natürlich. Und wenn es regnet? Was die Braut wohl trägt? Hier stockte die Grete etwas. Wer ist denn da nur die Braut, oder spricht man da von zwei Brätigammen? Immerhin, so  eine Hochzeit nur mit Männern, das war auch für die Grete neu. Da musste noch einiges recherchiert werden. Man will ja schließlich nichts falsch machen. Und die Grete schon dreimal nicht. Hoffentlich weiß Mr. Google da etwas drüber. 
Aber zuerst ... nun zuerst musste die Sache mit Herrn Heinevetter bereinigt werden. Und zwar ganz schnell. Da half nu nix mehr.
Mittlerweile war Grete wieder zuhause angekommen. Ungeachtet ihres Blutdruckes, der mittlerweile ganz sicher einige Höhen erklommen hatte, stürmte die Grete in ihre Wohnung und schnurstracks auf den Balkon. Gott sei Dank, da stand er. Mit einer Zigarette im Mundwinkel. "Mein lieber, lieber Herr Heinevetter ..."



Mittwoch, 2. September 2015

Gretes Senf am Mittwoch (02.09.15)

Gretes Senf am Mittwoch (02.09.15)

Uhhh ... da hat doch einer das N -Wort gesagt . Wie böse. Böse. böse, böse. Aber sowas von! Ne, Herr Joacheim Herrmann, das war nicht fein. Dafür gibbet Hause. So richtig. Vonner Presse, von den besetzten Hockern der längsten Theke der Welt (facebook), ja, sogar von allem Zwitschervögeln. Also, um es klar auszudrücken: Von allen Seiten. Nur einer regt sich nicht auf. Der Betroffene, der, dem der Satz " ... war immer ein wunderbarer Neger ..." gegolten hat. Roberto Blanco. Der versteht nämlich wie ich, die ganzen Schreie nach Vergeltung überhaupt nicht. Der hat scheinbar als einziger (neben mir natürlich) verstanden, dass dieser Satz lediglich eine spontane und nett gemeinte (nett in Richtung Roberto Blanco) Reaktion auf die Aussage eines bayrischen Mitbürgers war. Der da lapidar sagte, er wolle keine Neger haben. Okay, ich gebe zu, hätte Herr Herrmann ein wenig nachgedacht und den Satz nicht gleich rausgehauen ... tja, dann hätte am nächsten Tag Stille auf FB und Twitter und in den Medien geherrscht. Nun, das kann man ja nicht verantworten, oder? 
Jetzt mal Butter bei die Fische. Soviel Aufregung um Nix. Ist das nötig? Klar, in der heutigen Zeit, ist es Sitte, derartige Wörter zu vermeiden. Es gehört quasi zum guten Ton, sie nicht auszusprechen. Schließlich will man ja kein Rassist sein. Ich bin mit Mohrenköpfen, Negerküssen, Sarottimohren und den 10 kleinen Negerlein groß geworden. Herr Herrmann garantiert auch. Mir fehlen sie. Ungemein. Schaumküsse, was für ein blödes Wort. Ein Negerkuss ist ein Negerkuss und bleibt ein Negerkuss. Für mich. Basta. Nichts desto Trotz gehöre ich auch zu der Gemeinde der N-Wort Vermeider. Farbige, oder Menschen mit dunkler Hautfarbe, hört sich in der Tat wesentlich netter an. Also Herr Herrmann, nächstes Mal einfach das Gehirn für ein paar Sekunden einschalten und dann erst loslegen. Aber das weiß der Herr mittlerweile. Ganz sicher. Das braucht man ihm kein zweites Mal zu sagen.

Mehr als ein zweites Mal möchte ich allerdings der BILD etwas sagen. Und das schon seit Tagen. Liebe BILD-Online ... ich mache eure Seite jeden Morgen auf. Man will ja schließlich kurz und knackig wissen, was über Nacht so in der Welt passiert ist. So quasi noch vor dem ersten Schluck Kaffee. Das VOR dem Kaffee ist jetzt echt wichtig. Der wäre mir nämlich glatt wieder hochgekommen. Der Schluck, wenn ich ihn denn getrunken hätte. Denn seit Tagen blickt es mich morgens an. Dieses Gesicht. Muss das sein?  Reicht euch nicht der POPO von  Kim Kardashian? 
Ich will ihn nicht sehen, diesen Irren mit dem hasserfüllten stieren Blick und dem lächerlichen Bartersatz unter der Nase. Und von Goldschätzen in einem Zug, will ich auch nichts wissen. Denn, wenn es tatsächlich vorhanden ist: Es ist dreckig. Dreckiger geht es schon gar nicht mehr. Schiebt es euch sonstewo hin. Samt dieser Fratze. 

Gruß vonner Grete



Dienstag, 1. September 2015

Von einer falschen Vorstellung und nackten Tatsachen

Von einer falschen Vorstellung und nackten Tatsachen

"Neeneenee, Herr Heinevetter. Das war nix für mich. Viel zu viele Nackedeis um mich herum." Das Fräulein Grete Meier zog leicht genervt an ihrer Zigarette. Herr Heinevetter beschattete mit einer Hand seine Augen, denn die Abendsonne blendete ihn. "Ja nun, Frau Meier, das is nu mal so in sone Sauna. Das weiß man doch vorher!" Flugs bückte er sich nach seiner Einkaufstasche, die er vor der Haustür abgestellt hatte, als die Grete seinen Weg kreuzte. Denn er wollte auf jeden Fall verhindern, dass sie sein Grinsen sah. So empört wie sie war, wäre das wahrscheinlich nicht gut für ihn ausgegangen.
"Vorher, vorher, Schlaumeier! Natürlich weiß ich, dass man da nicht im Jogginganzug herumläuft. Aber ich dachte ... zumindest ein Handtuch ... echt jetzt, das kann man sich doch umbinden. Aber nee, splitterfasernackt muss es sein. Wenn die Berta mir das doch nur vorher gesagt hätte. Wo ich doch noch nie in einer Sauna war. Also ich bin nicht ohne Handtuch. Gar nicht hingucken konnte ich bei den andern. Ich hab mich sowas von geniert ... "
"Wer war splitterfasernackt?" Die Grete fuhr herum. Natürlich, der Holzmann. Ausgerechnet. Grete wurde knallrot. "Müssen sie mich immer so erschrecken? Nicht die feine Art sich anzuschleichen ...!"
Aus Gretes Augen schossen Blitze. Herr Holzmann ließ sich davon allerdings nicht abschrecken. "Du etwa?", hakte er schmunzelnd nach. 
"Und wenn?", blaffte die Grete zurück. "Geht sie gar nichts an! Und überhaupt gucken sie mal nicht so blöd. Oder meinen sie vielleicht ich kann es mit nicht mehr leisten?" Ein herausfordernder Blick traf Herrn Holzmann. Grete, du bist total übergeschnappt, was laberst du da eigentlich? 
Herr Holzmann lachte. "Sie? Waren wir nicht schon bei Du, liebe Grete? 
Herr Heinevetter blickte zu Grete. Dann zu Herrn Holzmann und wieder zurück zur Grete. "Hab ich da was verpasst? Is ja ´n Ding!" 
Jetzt war die Grete auf einhundertachtzig. "Nix da, nix haben sie verpasst, Herr Heinevetter. Kümmern sie sich mal  lieber um ihre Einkäufe. Muss doch bestimmt so einiges von in den Kühlschrank, oder?" Grete bückte sich nach der Einkaustasche, hob sie auf und drückte sie Herrn Heinevetter in die Hand. "Nu los, machen sie schon!" Sie schob den völlig verdatterten Herrn Heinevetter in den Hausflur. 

"Mensch, Grete, du machst Sachen. Der arme Herr Heinevetter. Und erstmal der Holzmann." Lieschen sah auf Gretes Bildschirm richtig ernst aus. "Wie biste denn aus DER Nummer wieder rausgekommen?" 
"Ach Lieschen", seufzte die Grete. "Ich glaub, diesmal so gar nicht. Herr Heinevetter ist beleidigt, weil ich ihm nie das Du angeboten habe, obwohl wir uns ja schon sooo lange kennen. Da haben noch nicht mal meine Haferflockenkekse geholfen. Und Gerd, also der Herr Holzmann, na, den hab ich einfach stehen lassen.  War mir alles zu peinlich. Ich weiß ja auch nicht was mich da geritten hat. Aber schuld haben die Nackten. Wenn die nicht gewesen wären ... ich sag ja, ein Handtuch nur ... "