Dienstag, 10. November 2015

Von Wehmut und Anerkennung mit Mentholgeschmack

Von Wehmut und Anerkennung mit Mentholgeschmack 

"Hamse schon gehört?" ... Hatte das Fräulein Grete Meier nicht. Und eigentlich wäre es ihr lieber gewesen, wenn Herr Heinevetter damit etwas Tratsch aus dem Haus gemeint hätte. Aber so ...
Grete lehnte sich auf ihrem Lesesessel zurück. Für jeden kommt ja mal der Tag, dachte sie traurig. Und 96 Jahre ist ja nun wirklich ein hohes Alter. Dennoch ... 
Obwohl sie Helmut Schmidt nie persönlich begegnet war, ging ihr die Nachricht über seinen Tod an die Nieren. Grete nippte an einem kleinen Glas Mirabellenschnaps. Ein  kleiner großer Mann, das war er. Immer in Zigarettenqualm gehüllt. Reyno-Menthol. Sie konnte sich noch gut an die Filmaufnahmen und Reportagen erinnern, die sie über Sturmflut, damals in Hamburg, gesehen hatte. Als er noch nicht Kanzler sondern Senator der Polizeibehörde in der Hansestadt gewesen war. Und ohne rechtliche Grundlagen gehandelt hatte. Alles hatte er getan, damit sich diese Katastrophe nicht noch zu einer weitaus größeren ausweitete. Nie waren seine Worte leer gewesen. Immer gefolgt von Taten. Sicher, manchmal recht unverblümt. Und doch, immer zum Wohle der Bürger dieses Landes. Was hatte sie sich gefreut, dass er 1974 Kanzler wurde. Auch wenn dies auf dem Rücken von Willy Brandt geschehen war, den die Grete im Übrigen auch sehr gemocht hatte. Ein würdiger Nachfolger ist er gewesen. Der die damalige Bundesrepublik durch die Ölkrise geführt und unnachgiebig der RAF die Stirn geboten hatte. Gut, man mag einige seiner Entscheidungen aus der Zeit heute mit anderen Augen sehen. Er selber hat ja mal in einem Interview gesagt, dass er heute anders handeln würde und seine Entscheidung, nicht auf die Lösegeldforderungen der Schleyer-Entführer eingegangen zu sein, bereut. 
Grete zündete sich eine Zigarette an. Menthol. Wie immer. Vor ihrem inneren Auge stiegen Bilder der damaligen Fernsehansprache von Helmut Schmidt auf. Sie schüttelte sich. Nein, in seiner Haut hätte sie damals nie und nimmer stecken wollen. Sie dachte an die Landshut. Die Berichte und Filmaufnahmen der Stürmung des entführten Flugzeuges durch die GSG 9 in Mogadischu liefen wie ein Film ab. Der tote Pilot, die Bilder des später ermordeten Hans Martin Schleyer. Was für ein Drama. Und für alles hatte Helmut Schmidt die Verantwortung getragen. So eine große Last auf schmalen Schultern. Grete verneigte sich. Im Qualm ihrer Zigarette. Noch einen Zug. Allein für dich Helmut Schmidt, für dich und deine Loki. Die immer zu dir gehalten hat. In guten, wie in schlechten Tagen. 
Jetzt rollten der Grete doch ein paar Tränen über die Wangen. Wieder zog sie an ihrer Zigarette. Helmut, dachte sie, jetzt kannste wieder mit ihr zusammen eine rauchen. Das haste dir verdient. Aber sowas von. Ruhe in Frieden. 

Ein letzter Gruß vonner Grete






4 Kommentare:

  1. Liebe Grete,
    du hast das sehr schön in Worte gefasst. Ich verneige mich ebenfalls vor einem großen Politiker, den ich immer sehr bewundert habe!
    Herzliche Grüße
    Regina

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  2. Ich kann mich Deinen und Reginas Worten nur anschließen. Ein großer Mann! Und er möge seinen Frieden gefunden haben!
    LG
    Astrid

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  3. Das hast du gut geschrieben.
    Ja, er war ein großer Politiker, aber vor allem immer Mensch.
    LG
    Marle

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  4. du sprichst mir tief aus dem herzen liebe Grete, besser hätte man einen Nachruf und Gedanken dazu nicht aussprechen können, den hat er sich verdient. Nicht von allen geliebt doch von jedem geehrt und verehrt hat man den großen Helmut, der an äußerer gestalt doch nicht allzu groß war, da sieht man mal wieder was die innere Größe doch aussagen kann..
    ich schließe mich - mit einem Tränchen deinen Ausführungen und Gedanken an!
    herzlichst ein Gruß an Helmut der nun über den Wolken thront, sicher sich die qualmende menthol mit seiner Loki teilt....da bin ich sicher!
    Angelface

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...