Dienstag, 31. März 2015

Das Fräulein Grete Meier ist gerädert

Das Fräulein Grete Meier ist gerädert

Herrjeh, war das eine Nacht gewesen. Das Fräulein Grete Meier fühlte sich so, als ob zehn Güterzüge über sie hinweg gerast wären. Buchstäblich gerädert. Aber sowas von.
Da passte ihr der heutige freie Tag ganz gut in den Kram. Ihr Spiegelbild war wohl ebenfalls dieser Meinung. Denn es nickte ihr zustimmend aus verquollenen Augen zu. Augen, die die sie gestern Nacht keine 5 Minuten zugemacht hatte.  
Da, da war es schon wieder. Grete spürte, wie sich leise Wut in ihrem noch leeren Magen breit machte. Diese verdammte Baustelle. Grete eilte noch im Morgenmantel zur Balkontür und riss diese auf. Das hätte sie besser nicht getan. Denn sofort prasselten dicke Hagelkörner auf den Laminatbodes ihres Wohnzimmers. Und der Grete ins Gesicht. Nur mit viel Mühe gelang es ihr, die Tür wieder zu schließen. Was für ein Sturm.
Und genau der war es auch, der Grete um den Schlaf gebracht hatte. Oder besser gesagt, eines der metallenen Absperrgitter, das in schöner Regelmäßigkeit gegen ein anderes knallte. Klong ... und schon wieder. Grete hielt sich die Ohren zu. Das ist Folter, dachte sie. Reine Folter. Durchatmen, Grete. Tief durchatmen. Das hilft immer. Und eine heiße Dusche.

Eine halbe Stunde später durchzog Rührei- und Kaffeeduft die Küche von der Grete. Aus dem Radio dudelte Musik, etwas lauter als sonst, um das KLONG zu übertönen. Und die Grete fühlte sich tatsächlich etwas besser. Zumal sich der Himmel etwas aufgeklart hatte und Sonne durch das Küchenfenster auf den Frühstückstisch fiel. Grete spießte etwas Rührei auf ihre Gabel und griff nach ihrer Tasse. Während sie genüsslich kaute und schluckte, beobachtete sie aus dem Küchenfenster die Wolken, die in rasender Geschwindigkeit am Himmel vorüberzogen. Vielleicht sollte ich die Gelegenheit nutzen, solange die Sonne ...  Grete schob den Teller mit dem Rührei beiseite, stand auf und ging ins Wohnzimmer. Alles ruhig. Kein Klong. Der Sturm hatte etwas nachgelassen. Also öffnete die Grete die Balkontür, was ihr diesmal problemlos gelang, um nach ihren Blumenkästen zu sehen. Wohlweislich hatte sie die Kästen gestern abend schon von der Balkonbrüstung heruntergenommen und auf den Boden gestellt. Wie die Grete dann allerdings feststellen musste, hatte das wenig genutzt. Überall auf dem Balkon lagen entwurzelte Pflanzen zwischen Blumenerde und den Trümmern der Kästen. "Verdammte Scheiße", entfuhr es der Grete. "Die teuren Terracotta-Blumenkästen!"
"Ich habe es ihnen doch gleich gesagt", ertönte es von links. "Plastikkästen sind viel praktischer. Denen macht ein bisschen Hagel nichts aus." 
Herr Heinevetter. Wie konnte es auch anders sein. Alter Besserwisser, knurrte die Grete vor sich hin. Ein bisschen Hagel. Na, nach einem bisschen Hagel sah das hier auf keinen Fall aus. eher nach einem Tornado. Ohne ihren Nachbarn weiter zu beachten, holte die Grete Besen, Schaufel und einen Müllsack. Fluchend kehrte sie alles zusammen. Mittlerweile hatte sich der Himmel wieder komplett zugezogen. Grete schaffte es gerade noch den Müllsack zuzubinden, bevor es wieder los ging. Klong ...

"Und dann, Lieschen, habe ich mir ein Buch geschnappt, Mir Ohropax in die Ohren gesteckt und mich wieder ins Bett verzogen. Mit einer riesen Schachtel Pralinen, die mir Tante Heidi neulich mitgegeben hat. Deshalb habe ich das Telefon vorhin nicht gehört. Glaub mir, noch ein Klong und ich wäre ausgerastet." 







Dienstag, 24. März 2015

Das Fräulein Grete Meier leidet mit

Das Fräulein Grete Meier leidet mit

In sich gekehrt hockte das Fräulein Grete Meier auf ihrer Couch. Trotz Decke fror sie. Da sieht man mal wieder, wie kurz das Leben sein kann. Dieser Satz von Herrn Heinevetter wollte ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen. Erst war er ihr nur lose durchs Hirn getanzt, dann aber hatte er sich  festgekrallt. Aber so richtig. Bis es weh tat. So weh, dass die Grete weinen musste. Natürlich weiß die Grete ganz genau, wie schnell das Leben vorbei sein kann. Hatte es am eigenen Leibe erfahren, als ihre Eltern verunglückten. Auch wenn es schon lange her ist, manchmal denkt die Grete, dass es erst gestern passiert ist. Und doch, so im Laufe der Jahre gerät vieles in Vergessenheit. Der Alltag schleicht sich ein und mit ihm die täglichen Probleme und Ärgernisse. Im Grunde sind es alles nur Problemchen, dachte die Grete. Kleine Staubkörner, kurz aufgewirbelt. Doch was machen wir? Wir nehmen so ein Staubkorn und machen daraus einen riesigen Felsbrocken. Stehen davor und jammern was das Zeug hält. Ganz schnell summieren sich die Brocken und weil wir nicht wissen wohin damit, stapeln wir sie. Und jammern noch lauter. Dabei könnte man dieses Staubkörner ganz leicht mit einer Hand von der Tischkante fegen.
Grete seufzte. Verdammt nochmal, muss denn immer erst ein Unglück passieren, damit der Mensch aufwacht und merkt, wieviel er von seiner kostbaren Lebenszeit mit Nichtigkeiten verbringt? Sich mit Problemen beschäftigt die keine sind? Was ist denn schon ein kaputtes Auto, ein nörgelnder Chef, ein tropfender Wasserhahn oder ein Riss im neuen Mantel. Nichts. Nichts im Gegensatz dazu, dass heute 150 Menschen ihr Leben verloren haben. Urplötzlich und ohne Vorwarnung. Da fliegen 16 junge Menschen für eine Woche zu einem Schüleraustausch und kommen nicht wieder nach Hause. Da waren Mütter mit ihren Babies an Bord, deren Väter voller Freude auf die Rückkehr gewartet haben. Da stehen jetzt von 150 Menschen die Familienangehörigen und Freunde am Flughafen und müssen mit einem Verlust klarkommen. Eine ganze Schule wird traumatisiert sein.  
Man sollte nicht soviel nachdenken, lieber das beste draus machen. In jeder Sekunde. Auch das hatte Herr Heinevetter vorhin zu ihr auf dem Balkon gesagt, als sie sich über das heutige tragische Flugzeugunglück unterhielten. Und dabei hatte er ihr einen Topf mit Osterglocken rübergereicht. "Hier, riechen sie mal, so riecht Frühling"
Eine kaltherzigen Ignoranten hatte ihn die Grete daraufhin genannt und ihn einfach stehengelassen, auf dem Balkon.
Dabei hatte er doch im Grunde recht, so im Nachhinein betrachtet. Es ist unendlich traurig, was heute passiert ist. Und man sollte sich wirklich Gedanken machen, wie schnell einem auch selber so etwas passieren kann. Und die Welt und das Leben an sich mit anderen Augen betrachten. Grete schniefte wieder in ihr Tempo. Und überhaupt, als ob der gute Herr Heinevetter kaltherzig ist. Nie und nimmer. So betroffen wie der war vorhin. Grete, du dumme Pute, raff dich auf und entschuldige dich bei ihm.
Und wenn die Grete laut denkt, dann handelt sie meist auch. Die Decke landete auf dem Sessel und die Tempos im Mülleimer. Und die Grete fand sich keine 5 Minuten später im Flur wieder. Und klopfte energisch an der Tür von Herrn Heinevetter.  


 



Mittwoch, 18. März 2015

Gretes Senf am Mittwoch (18.03.15)

Gretes Senf am Mittwoch (18.03.15) 

Ausnahmezustand in Frankfurt, Terror in Tunesien und über Griechenland kreist bereits der Pleitegeier. Putin scharrt mal wieder mit den Hufen und die Piloten wollen zum X-ten Mal den Flugverkehr lahmlegen. Eigentlich genug, um an die Decke zu gehen. Will ich aber nicht. Nicht heute. 
Ich will es mir nämlich durch nichts, aber wirklich durch rein gar nichts nehmen lassen. Dieses rosarot und himmelblau getönte Frühlingsgefühl. Diese gelbgetupfte Grünewiesenlaune. Dieses Dreischrittevorundindieluftspringkribbeln im Bauch. Nichts da. All das will ich heute genießen. Scheißegal, was da draußen wieder passiert. Geht mir am Arsch vorbei. Aber sowas von. Sollen die Chaoten doch machen was sie wollen. Ich will davon nichts wissen. Heute zumindest nichts. Will lieber durch die Felder spazieren, den Duft frischer Erde einatmen, mich an den ersten Pflänzchen ergötzen und an den Blüten der Zierkirsche in Nachbars Garten schnuppern. Hach, das Leben kann so schön sein, wenn man es an sich ran lässt. Wenn man einmal nicht an die Probleme unserer schnöden Welt denkt. Wenn man einfach mal alles ausklammert, was nur im entferntesten an all die Gewalt und den Terror erinnert. Das ist gewiss nicht leicht. Dennoch ... 18 Grad und Sonne satt wirken da wie ein Erste-Hilfe-Kasten. Und wisst ihr was ... so ein kleiner Kirschlutscher im Mundwinkel ist das Wundermittel schlechthin. Sozusagen das getüpfelte i. Das Sahnehäubchen auf der GuteLauneTorte. Saugut.
Morgen ist ein neuer Tag. Und da kann ich mich bestimmt wieder aufregen. Ganz bestimmt sogar. Ist quasi schon vorprogrammiert, denn die Welt kann wohl nicht anders. Aber wie gesagt. Erst Morgen.

Gruß vonner Grete 




Dienstag, 17. März 2015

Von pinkem Zuckerguss und einem schönen Tag

Von pinkem Zuckerguss und einem schönen Tag

Nee, was war das für ein schöner Tag gewesen. So ein richtig rosaroter. Sonne satt und jeder, dem die Grete heute begegnet war, hatte vor guter Laune nur so gesprüht. Wenn einer heute glücklich ist, dann das Fräulein Grete Meier. Und vielleicht auch die Susi. Denn die hatte eine mehr als gute Nachricht erhalten.
Das Fräulein Grete Meier stand in ihrer Küche vor dem Backofen und klopfte sich selber auf die Schulter. Gut haste das gemacht, der Kuchen für die Susi sieht mehr als gelungen aus. Nun noch schnell den Ofen aus, das Machwerk rausnehmen, abkühlen lassen und dann verzieren. Mit pinken Zuckerguss und perlmuttfarbenen Liebesperlen. Sogar ein paar pinke Schmetterlinge aus Fondant hatte die Grete extra dafür besorgt.
Grete schnappte sich ihre Teetasse und die Tageszeitung und machte es sich am Küchentisch bequem. Auskühlen konnte der Kuchen schließlich alleine und für den Guss, der angerührt werden musste, war es noch zu früh. Keine einzige Schlagzeile konnte jedoch die Grete fesseln. Vielleicht wollte sie das aber auch nicht. Wer will sich denn schon die gute Laune verderben lassen von all den Merkwürdigkeiten unserer Zeit. Grete jedenfalls nicht und so blätterte sie einfach nur die Zeitung durch, mit den Gedanken ganz woanders. Nämlich bei all den heutigen freudigen Ereignissen. Und die hatten nicht erst im Büro angefangen. Sondern bereits vor Gretes Wohnungstür. Genauer gesagt auf ihrer Fußmatte. Da hatte er nämlich heute morgen gelegen. Der bunte Strauß mit den Tulpen. Einfach so. Keine Tausend, aber immerhin zwölf an der Zahl. Mit einem kleine Zettel dran. "Für die Frau, die Tulpen so gerne mag" , hat da gestanden. In einer schönen, gestochen scharfen Handschrift. Zuerst hatte die Grete ja den Herrn Heinevetter als edlen Blumenspender in Verdacht gehabt, aber dann viel ihr ein, dass dieser immer nur Nachrichten in Druckschrift hinterlässt. Weil ich doch so ne Sauklaue habe, die keiner lesn kann, hatte er der Grete mal auf Nachfragen erzählt. Der fiel also schon mal aus. Vielleicht Herr Wenig, oder Marie? Nee, die waren ja gar nicht zuhause. Kurztrip nach Holland. Und die Hebers, oder Frau Korters? Kein Grund für Blumen. Blieb also nur noch ... Grete hatte es nicht gewagt, weiterzudenken. Auch jetzt schob sie den Gedanken an jemand ganz bestimmten in den hintersten Winkel ihres Kopfes. Was wenn ich falsch liege? Nee, besser nicht. Sie zündete sich eine Zigarette an. Der Weg ins Büro war dann allerdings ein einziges Schweben auf irgendwelchen ominösen Wolken gewesen. Dort angekommen, hatte sie dann allerdings auch keine Zeit mehr gehabt weiter über die Tulpen nachzudenken. Denn Susi war ihr direkt freudestrahlend um den Hals gefallen.

"Ach Frau Meier, gestern war es in der Post, als ich nach Hause kam. Das Ergebnis. Zwei, zwei, zwei, ich fass es nicht!" 
Grete konnte es auch nicht fassen und musste sich erstmal setzen. "Zwei? Wie kann das denn sein. Und keinem ist das bis jetzt aufgefallen?" 
Susi hörte ihr gar nicht richtig zu, so sehr war sie damit beschäftigt durch das Vorzimmer zu tanzen. "Wer hätte das gedacht, ne Frau Meier. Sie auch nicht. Nur der Simon, der hat es von Anfang an gewusst. Hach, ich bin so glücklich. Zwei, zwei, zwei ..."
Grete war verwirrt. "Wie, der Simon hat das gewusst. Wie geht das denn. Und überhaupt, was sagt denn dein Arzt dazu?" 
Jetzt war es an der Susi verwirrt zu sein. "Wieso der Arzt? Welcher Arzt?"
"Na, dein Frauenarzt. Ich verstehe immer noch nicht, wie man das übersehen konnte", erklärte die Grete.
Susi blieb mitten im Zimmer stehen, starrte die Grete an und als sie endlich verstand,  prustete sie los. "Also das is ja ein Ding, Frau Meier. Also sowas. Ich krieg nicht zwei Babies. Ich habe meine Prüfung mit Zwei bestanden. Klingelt es jetzt bei Ihnen?"
Es dauerte noch ganze fünf Sekunden. aber dann brach auch die Grete in Lachen aus. "Yesses, in dem Brief stand das Prüfungsergebnis." Grete schnappte nach Luft, Tränen liefen ihr vor lauter Lachen über die Wangen. "Und ich dachte schon ... ich bin aber auch eine dumme Pute."

Grete musste schon wieder lachen, als sie daran dachte. Schnell hatte die Geschichte die Runde in der Firma gemacht. Das Wörtchen ZWEI war das Wort des Tages gewesen. Egal wo Grete auch aufgetaucht war. Es war schon vorher da gewesen.Sogar der Chef hatte es ich nicht nehmen lassen, die Grete damit aufzuziehen .Lachen ist eben gesund, das hatte man den ganzen Tag im Büro gespürt.
 
So Grete, nu aber mal fix an den Kuchen, der Guss rührt sich nicht von alleine. Grete stand auf, nahm den Kuchen vorsichtig aus der Form und stellte ihn auf einen Rost. Schnell den Puderzucker in eine Schüssel, etwas Zitronenwasser dazu und die pinke Farbe. Während die Grete alles verrührte, blieb ihr Blick sinnend an der Vase mit den Tulpen hängen, die auf der Fensterbank stand.  Nee, was für ein wunderschöner Tag.



Mittwoch, 11. März 2015

Gretes Senf am Mittwoch (11.03.15)

Gretes Senf am Mittwoch (11.03.15) 

Ganz Deutschland hustet, schnieft und rotzt. Ganz Deutschland? Nee, ich nicht. Und das soll auch so bleiben. Aber, ( und das ABER ist riesengroß!) das ist nicht so ganz einfach. Vor allem dann nicht, wenn meine Mitmenschen von den glücklichen Umstand, dass ich bis dato verschont gebleiben bin, scheinbar einfach nichts wissen wollen. Sie ignorieren es einfach. Geht ja auch nicht, dass alle krank sind und einer nicht. Nee, nee, auf keinen Fall. Da muss geändert werden, aber sofort. Wenn wir leiden, sollen gefälligst alle leiden. ALLE!!! 
Nun, die wenigsten meiner Mitmenschen starten ihre Angriffe erkennbar. Der prozentuale Anteil derer, die mir einfach ins Gesicht husten oder niesen ist wirklich sehr gering. Viel mehr wird subtil vorgegangen. Niesen ... in die vorgehaltene Hand und dann, wird mir die Virenschleuder freundlich lächelnd entgegengestreckt. Meist noch mit den Worten: "Tut mir leid, ich bin total vergrippt. Sie können sich glücklich schätzen, dass sie bis jetzt verschont geblieben sind." Grrr, das soll auch so bleiben.   
Noch schlimmer sind die Artgenossen, die sich den Rotz am Ärmel abwischen und ihn dann auf meinem Kugelschreiber verteilen. Sieht ja keiner. Oder die Kategorie "Ich geb ihnen lieber mal nicht die Hand, die Grippe, sie wissen schon, will sie ja nicht anstecken." Nur um im gleichen Moment das vollgerotzte Tempo auf meinem Schreibtisch abzulegen.  Gehts noch?
Mein Gott, muss das denn sein? Ehrlich, ich bin nicht panisch, doch ich gebe zu, dass der Griff zu der kleinen Flasche mit dem Desinfektionsmittel mittlerweile öfter stattfindet. Eigentlich fast ständig. Das nervt.
Natürlich kann nicht jeder gleich ins Bettchen huschen. Habe ich auch Verständnis für. Dennoch, ist ein bisschen Rücksicht auf die Mitmenschen zuviel verlangt? 

Gruß vonner Grete



Mittwoch, 4. März 2015

Gretes Senf am Mittwoch (04.03.15)

Gretes Senf am Mittwoch (04.03.15) 

Edathy. Ich habe lange überlegt ob ich mich zu dieser unsäglichen Thematik äußern kann.  Ja, ihr lest richtig. Da steht KANN. Dürfen darf ich ja, schließlich haben wir in Deutschland so etwas wie Meinungsfreiheit. Wir halten sie sogar hoch. Doch nach all dem, was ich die letzten Tage in den üblichen Blättern und am längsten Thekenstammtisch der Welt (facebook) lesen musste, hatte ich doch ernste Zweifel, ob ich mit heiler Haut davon komme. Ob mir ein Edathy das wert ist? Ist er mir natürlich nicht, dennoch habe ich mich entschlossen, ein bisschen Senf aus meiner Tube zu drücken.
Ein wenig vorweg. Ich verabscheue Menschen, deren sexuelle Fantasien sich um Kinder drehen. Menschen, die diese Fantasien  nicht nur im Kopf rumtragen, sondern deren Neigung so weit geht, dass sie anfangen sich Aktbilder von Kindern zu beschaffen. Im Wissen, dass irgendjemand diese Kinder zu derartigen Fotos, Filme etc. gezwungen hat. Und einem Herrn wie Edathy unterstelle ich dieses Wissen. Allerdings verabscheue ich auch Hetzkampagnen, wie sie zur Zeit tausendfach durch Presse und die Netzwelt kursieren. Hetzkampagnen der übelsten Sorte, wo auch nicht vor Morddrohungen zurückgeschreckt wird. Ja, Herr Edathy hat sich strafbar gemacht. Nicht nur vor dem Gesetz. Vor allem hat er sich an den Kindern auf diesen Bildern vergangen. Jetzt aber anzunehmen, dass er es nicht beim Betrachten der Bilder belassen hätte, sondern noch einige Schrittte weitergegangen wäre (welche möchte ich mir hier nicht ausmalen), so wie viele öffentlich aufschreien ... nein, das ist nicht richtig in meinen Augen.
Herr Edathy ist "verurteilt" worden für sein Handeln. Nach unseren geltenden Gesetzen. Was hier bedeutet: Einstellung des Verfahrens gegen eine Geldbuße.  Ohne Promibonus. Sein Bekanntheitsgred hat ihn eben nichts gebracht. Denn im Gegensatz zu ihm, dessen Taten bereits im Vorfeld bekannt gemacht wurden,  laufen Tausende solcher gleichermaßen "Verurteilter" unerkannt durch unsere Straßen. Im Gegensatz zu ihm, haben die noch einen Arbeitsplatz. Und im Gegensatz zu ihm, wissen deren Nachbarn nichts, aber auch rein gar nichts von deren Neigungungen und vertrauen evt. ihre Kinder solchen Menschen an. Vor dem Gesetz ist jeder gleich. Hier wohl nicht. Und da klemmt die Jacke.
Das Verhalten von Herrn Edathy ist durch nichts zu entschuldigen. In diesem Zusammenhang mag ich persönlich auch nicht von grenzwertigem Material sprechen. Er ist auch kein Mittäter. Er ist ebenso Täter in meinen Augen, wie die Hintermänner, die diese Bilder produzieren und ins Netz stellen. Das stelle ich nicht in Frage. Aber, das sind all die anderen, deren Verfahren auf die gleiche Art eingestellt wurde und deren Namen wir nicht kennen, die weiterhin als unbescholtene Bürger nebenan wohnen, ebenso. Sie alle sind Täter.
Verfahren solcher Art (aber auch andere) werden gegen eine Geldbuße eingestellt, die sich am Gehalt bemisst.  Man gilt nicht als vorbestraft. Hintergrund ist, dass der Angeklagte nicht sein soziales und Arbeitsumfeld verliert. 
Und hier denke ich, müsste etwas getan werden. Es müsste eine Möglichkeit geben, trotz solcher Gesetze, die sicherlich in anderen Fällen sinnvoll sein können (Diebstahl, Unterschlagung aus Not heraus), differenzieren zu können.
Die Kinder dieser Welt sollten sicher aufwachsen. Das haben sie verdient. Deswegen muss alles getan werden, damit sie es können. Der Gesetzgeber ist gefragt, unsere Politiker sind gefragt. Dafür sollte man kämpfen. Stammtischgewäsch und Hetze des FB-Thekengeschwaders sind da wenig hilfreich.
Meine Meinung.

Gruß vonner Grete






Dienstag, 3. März 2015

Von Prüfungsangst und einem Hauch von Frühling

Von Prüfungsangst und einem Hauch von Frühling 

"Tausend rooote, tausend gääälbe, alle saaagen dir das sääälbe ... " Zum x-ten Mal dudelten die Amsterdamer Blumenschönheiten, in ihrer ganzen breitgefächerten Farbenpracht, bereits über den Äther. Und das Fräulein Grete Meier dudelte mit, während sie voller Inbrunst Staubwedel und Putzlappen schwang. Frühjahrsputz war an diesem Samstag bei der Grete angesagt. Und was konnte einen Frühjahrsputz besser unterstützen als dieses Lied. Endlosschleife natürlich. 
Die Grete schäumte über vor guter Laune. "Was mein Hääärz nicht saaagen kann ..." 
Grete legte den Putzlappen beiseite und sah sich um. Alles blinkte und blitze. Und wie gut das roch. Zitronenfrischer Meister Proper- Duft vermischt mit dem Tulpengeruch aus mindestens 10 Vasen, die die Grete allsamt in ihrem Wohnzimmer auf diversen Tischen und Regalen verteilt hatte. Bestückt mit Tulpen. Vielleicht nicht ganz tausend, und es waren auch ein paar orange und lilafarbene dabei. Aber das war der Grete glatt egal. Sie kicherte, als sie an das Gesicht der Verkäuferin im Supermarkt denken musste. Nee, was hatte die dumm aus der Wäsche geguckt, als die Grete alle Tulpensträuße, die sich in den zwei Plastikeimern direkt an der Kasse befanden, geschnappt und auf das Band gelegt hatte. "Echt jetzt, alle?" Mehr hatte sie nicht rausgebracht. 
Jetzt schnell noch die Fenster, dachte die Grete und dann ... weiter kam sie nicht, denn in die Klänge des Amsterdamer Herz-Schmerz-Liedes mischte sich unangenehm und penetrant die Türklingel. Grete spurtete zum PC - Lautstärke runter - und dann zur Tür. 

"Und da stand sie dann vor mir. Die Susi. Weiß wie eine Wand. Ich sag ihnen, lieber Herr Heinevetter. Meine frisch geputzen Badezimmerfliesen sind nix dagegen. Ich hab das Mädchen kaum erkannt, so ganz ohne Schminke. Und verheult war sie auch. Also, mein erster Gedanke war ja ... der Simon, was hat der bloß mit dem Mädchen angestellt. Na warte, hab ich gedacht. Den Knaben kaufste dir gleich. Der kann was erleben. Aber das war´s gar nicht."
Herr Heinevetter hielt der Grete eine Zigarette hin. "Nee, lassense mal. Ich nehm lieber eine von mir. Ihr Kraut verträgt doch eh keiner!" Grete angelte sich eine Zigarette aus ihrer Packung und zündete sie an. "Glaubense mir, hätte ich vorhin auch gerne, bei der ganzen Aufregung, hab ich aber nicht. Wegen dem Baby."
Das glaubte Herr Heinevetter der Grete aufs Wort. Wenn Kinder im Raum sind, raucht die Grete nämlich nie. Er konnte sich noch gut an den Vortrag erinnern, den Grete ihm wutschnaubend gehalten hatte, als er sich eine Zigarette in Gretes Küche genehmigen wollte, wo der Luis von den Hebers gerade einen Kakao trank. Das Baby ... das Baby?
"War denn was mit dem Baby von der Susi? Ach Gottchen, Frau Meier, das arme Ding!"
"Papperlapapp, Herr Heinevetter", antwortete die Grete. "Mit dem Baby is alles gut. Das wächst und gedeiht, wie es sich für ein Baby gehört. Angst hat die Susi. Mehr nicht."
Also das konnte Herr Heinevetter gut verstehen. Was er da so alles gehört hatte ... diese Schmerzen, das Blut ... er schüttelte sich. "Jaja, so ne Geburt is bestimmt Horror, da hätte ich auch Panik vor."
"Was wissen sie denn schon vonner Geburt. Nüscht. So wie ich auch nix weiß. Steht auch nicht zur Debatte. Ich glaub, da macht die Susi sich momentan am wenigsten Gedanken drüber. Die hat schlichtweg Prüfungsangst. Aber sowas von. Ich sag ihnen, der schlottern die Knie. Nächste Woche isses nämlich soweit. Abschlussprüfung. Sonst immer so taff, das Mädel. Aber heute ... nee, die hatte richtige Panikattacken. Hab ihr erstmal eine Tasse Lieschentee aufgebrüht und ihr dann erzählt, wie es mir damals ergangen ist, bei meiner Abschlussprüfung. Das hat sie etwas beruhigt und nu isse zu Simon, noch ein bisschen lernen."
Grete drückte ihre Zigarette aus und zog sich ihre Gummihandschuhe an. "So, nu muss ich aber die Fenster putzen."
"Nee, nee, Frau Meier, so einfach kommense mir nicht davon. Wie war das denn damals bei ihnen, das müssense mir jetzt aber noch erzählen!"
Grete lachte. "Heut nicht, Herr Heinevetter, die Fenster warten ..." Und schon klappte die Balkontür.
Und während Herr Heinevetter der Grete noch sprachlos hinterher starrte, hatte diese sich bereits Eimer und Lappen geschnappt und den Lautstärkeregler wieder hoch gedreht. "saaagen Tulpen aus Amsterdam ..."
Schließlich, dachte die Grete so zwischen ihren Gesangseinlagen, schließlich muss der nicht alles wissen. Schon gar nicht, dass ich damals vorher soviel Baldrian geschluckt hatte, dass ich dem Prüfer vor die Füße gekotzt hab.