Samstag, 31. August 2013

Das Fräulein Grete Meier hebt den Daumen



Das Fräulein Grete Meier hebt den Daumen


Sowas von hoch. Sie streckt ihn bis in den Himmel.  Der heute zwar etwas grau daherkommt, doch das macht der Grete nix.

Da ja heute mal wieder Samstag ist, hat das Fräulein Grete Meier wie immer die Wohnung geputzt. Wer sie kennt, weiß - blitzeblank. Nach der üblichen Ichverschnaufmalkurzzigarette und einem kurzen Plausch mit dem Herrn Heinevetter, so von Balkon zu Balkon, hat sich die Grete an die Wäsche gemacht.  Korb voll, Treppe runter in den Keller, Maschine anwerfen und wieder hoch. Eine runde Kreuzworträtsel und ein Kaffee. Gretes Maschine läuft etwa eine Stunde, sofern sie nicht Handtücher oder Bettwäsche wäscht. Um ja nichts zu verpassen und um den Zeitplan einzuhalten, stellt die Grete sich immer die Eieruhr in der Küche. Irgendwann hatte sie nämlich die Wäsche mal vergessen, und es erst am nächsten Samstag gemerkt. Na, die hat vielleicht gerochen!

Die Uhr schrillte natürlich pünktlich. Also wieder … Korb voll, Treppe runter, Wäsche umladen in den Trockner, Maschine neu befüllen und flugs wieder rauf. Zum nächsten Kreuzworträtsel. Vier Stunden später war alles geschafft. Die Grete holte die letzte Wäscheladung aus dem Trockner. Jetzt noch alles falten oder auf Bügel hängen und ab in den Schrank. Von Bügeln hält die Grete nichts. Zumindest nicht direkt nach dem Waschen. Grete benutzt für fast alles den Trockner. Eine tolle Erfindung, meint sie. Kaum noch zerknittert ist die Wäsche nach dem Trocknen. Früher, ja früher, hat die Grete alles gebügelt. Stundenlang. Oft vor dem Fernseher, weil es ihr sonst zu langweilig war. Und was hatte sie davon? Kreuzschmerzen und sonst nix. Denn jedesmal, wenn die Grete ein gebügeltes Teil anziehen wollte, konnte sie nochmal drüberbügeln. Knicke vom Falten oder Abdrücke vom Bügel. Manchmal lag es einfach auch nur daran, dass zu viel im Kleiderschrank lag oder hing. Alles eng aneinander gequetscht oder zu eng aufeinander gestapelt. Zuerst hat sie es mit Aussortieren versucht, dann mit einem größeren Kleiderschrank. Das Ergebnis war nach ein paar Wochen immer wieder gleich. Gebügelt in den Schrank und zerknittert wieder raus. Lieschen hat diese Probleme bestimmt nicht, da sie auf dem Standpunkt steht, dass man so viele Klamotten eh nicht braucht.

Seit ein paar Jahren spart sich die Grete deshalb das Bügeln. Na, nicht ganz natürlich. Heute bügelt die Grete eben nur einmal. Nämlich erst dann, wenn sie das Teil auch anziehen möchte. Dafür hat sie eine kleine Bügelstation aufgestellt in ihrem Schlafzimmer, die immer betriebsbereit ist. Und ein, zwei Teile sind in Nullkommanix gebügelt. Ohne Kreuzschmerzen.

Nun, das letzte Wäschestück war verstaut, alles blitzte rundherum und für die Grete konnte das Wochenende beginnen. Kein Büro, kein Chef, kein ständig klingelndes Telefon. Herrlich.

Grete weiß, dass sie es gut hat. Sie kennt so einige Mitmenschen, die auch am Wochenende nicht von der Arbeit lassen können, oder die Arbeit nicht von denen. Wie man es nimmt. Manchmal geht sie mittags mit der Frau Wilde essen. Die arbeitet in einer Firma, gleich gegenüber von Gretes Büro. Auch im Vorzimmer. Aber der ihr Chef ruft auch am Wochenende oft an. Oder schriebt Mails. Fragt was, will was, erzählt was und die Frau Wilde muss springen. Akten vorbeibringen, Hotelzimmer buchen für den Chef, weil dem mal wieder erst am Samstag eingefallen ist, dass er am Montag nach Wiesbaden muss, usw.

Oft genug ist die Frau Wilde fix und fertig. "Mein Mann ist total sauer, weil ich immer ans Handy gehe! Aber was soll ich denn machen. Ich brauch den Job. Das Haus ist noch nicht bezahlt."

Grete versteht das mit dem Haus. Was sie nicht versteht, sind die ständigen Anrufe von Frau Wildes Chef. Ihr Chef würde das niemals tun. "Wochenende ist Wochenende", sagt der stets. "Es gibt nichts, was so eilig ist, dass es nicht auch am Montag erledigt werden kann."

Und deshalb hebt die Grete heute den Daumen. Bis in den Himmel. Weil sie nämlich gelesen hat, dass die Frau von der Leyen ebenso denkt. Kein Mitarbeiter des Bundesarbeitsministeriums wird mehr durch Telefonate oder E-Mails während der Freizeit gestört. Nur im äußersten Notfall. Und im Urlaub ist selbst das nicht gestattet. Wie hat Frau von der Leyen so schön gesagt: Eine Selbstausbeutung der Beschäftigten soll vermieden werden.

Klasse, findet die Grete. Einfach nur klasse. Und gleich am Montag wird sie den Zeitungsartikel, den sie feinsäuberlich ausgeschnitten und dann laminiert hat, der Frau Wilde geben. Die soll den mal ihrem Chef dezent auf den Schreibtisch legen. Grete würde im Falle des Falles den Text ihrem Chef ja einfach unter die Nase halten. Mit ein paar passenden Worten garniert. Aber Frau Wilde ist ja nicht Grete. 


Was Lieschen dazu sagt? ----> KLICK

Freitag, 30. August 2013

Von Popcorn und feuchten Gebieten



Von Popcorn und feuchten Gebieten



Da saß sie nun, die Grete. Donnerstagabend, im Kino, letzte Reihe. Versteckt hinter einem Riesenbecher Popcorn. Mit roten Ohren, peinlich berührt und wusste nicht, wo sie hinschauen sollte. Nach vorne auf die Leinwand auf jeden Fall nicht. Zum wohl  hundertsten Mal innerhalb von zehn Minuten verfluchte sie den Moment, als sie Susi zugesagt hatte, mit ins Kino zu kommen. Weiß der Geier, welcher Teufel sie da geritten hat. Zuerst hatte sie ja auch nein gesagt, aber weil Susi, Berta Kalt und Heidi Seelig ihr vorwarfen prüde zu sein, hat sie sich dann doch überreden lassen. Prüde, nein das wollte das Fräulein Grete Meier nicht auf sich sitzen lassen. Jetzt hatte sie den Salat. Vorsichtig blickte sie zu Heidi Seelig, die rechts neben ihr saß. Die starrte zwar nach vorne, schien sich aber ebenfalls nicht recht wohlzufühlen in ihrer Haut. Das erkannte die Grete an der angespannten Haltung. Grete schielte nach links zu Berta Kalt. Die saß zusammengekrümmt da, als ob sie Magenschmerzen hätte. Nicht, dass die mir gleich auf mein Popcorn kotzt, dachte die Grete. Sie beugte sich ein wenig vor und riskierte hinter dem Popcorn einen Blick auf Susi. Die schien sich zu amüsieren. Jedenfalls lächelte sie  in Richtung Leinwand und nickte ab und an zustimmend mit dem Kopf. Wem, oder was diese Zustimmung galt, wollte die Grete gar nicht erst wissen.

Die ersten Minuten gingen ja noch, aber was dann so über die Leinwand flimmerte … Grete schüttelte sich allein schon bei dem Gedanken daran. Im Kinosaal war es recht still. Ab und an hörte die Grete mal das pubertierende Gekicher einiger Mädchen oder das röhrende Lachen von männlichen Spätpubertierenden. Grete war froh, sich für den Riesenbecher Popcorn entschieden zu haben. Bot der ihr doch jetzt genug Schutz vor all den glibbrigen Körpersäften die über die Leinwand schwallten. Die Ohren längst auf Durchzug gestellt, verharrte die Grete in ihrem Sitz. Zehn Minuten, fünfzehn Minuten und noch zweimal endlos scheinende fünf Minuten. Dann hielt sie es nicht mehr aus. Resolut stand sie ganz plötzlich auf. " Das is mir jetzt zu dumm. Egal was ihr von mir denkt. Dann bin ich eben prüde. Den Unsinn hier tu ich mir nicht weiter an. Ne, da bleibt einem ja das Popcorn einzeln im Hals stecken. Ich geh jetzt!" Sprachs, drückte der verdutzten Heidi Seelig den Popcornbecher in die Hand, schnappte sich ihre Tasche, quetschte sich an offenen Mündern und Gesichtern vorbei, die vor Ekel an Schieflage litten, und fand sich in Nullkommanix vor dem Kino wieder. Dort holte sie tief Luft, schüttelte sich noch einmal, schnappte sich dann ihr Fahrrad und machte dass sie nach Hause kam. In ihre Burg, hinter eine geschlossene Tür. Fernab von irgendwelchem Muschischleim und anderem Gedöhne. In Sicherheit.

Das Fräulein Grete Meier suchte und fand. In der hintersten Ecke im Schrank. Mirabellenschnaps. Selbstgemacht. Ein Geschenk von Tante Heidi. Für Notfälle hat auf der beiliegenden Karte gestanden.  Und so ein Notfall war jetzt da. Grete nahm einen tiefen Zug. Direkt aus der Flasche. Lieschen würde jetzt garantiert schimpfen, aber das war der Grete egal. Aufatmend ließ sie sich dann auf ihrem Sessel nieder. Prüde, prüde, na dann bin ich eben prüde. Eine prüde alte Schachtel. Den Preis zahle ich doch gerne, bevor ich mir so einen Mist nochmal antue.

Schon das Buch hat die Grete nicht gelesen. Auch  nicht Shades of Grey. Intim ist intim, das gehört nicht an die Öffentlichkeit. Und wie, oder mit was, oder mit wem man intim ist auch nicht. Ist denn heute nichts mehr dem Menschen heilig? Noch nicht mal die wunderbarste Sache der Welt? Muss alles breitgetreten, analysiert und von Kameras eingefangen werden? Wird das Wort Scham jetzt zum Unwort des Jahres gekürt? Grete nahm noch einen Schluck, und sehnte sich nach einer Zigarette und normaler Gesellschaft. Also ab auf den Balkon. Ganz bestimmt ist der Herr Heinevetter auch draußen und raucht.

War er auch. Grete war richtig erleichtert. Kein Muschischleim, keine Eiterbeulen und keine Hämorrhoiden, nur das Gesicht von Herrn Heinevetter. Allerdings etwas angespannt. "Ach Frau Meier, gut dass ich sie sehe. Wissense vielleicht ein Mittel gegen Durchfall? Also das lief heute wie …."

Und wie immer, hat das Lieschen auch eine Meinung zum Thema ---> KLICK

Donnerstag, 29. August 2013

Werbung ist blöd



Werbung ist blöd



Schon zwanzig Minuten vor der verabredeten Zeit saß das Fräulein Grete Meier gestern im Cafe und wartete ungeduldig auf das Lieschen. Bedient war sie, aber so richtig. Vollkommen. Von vorne bis hinten. Eigentlich wollte sie sich ja nix anmerken lassen, als das Lieschen ankam. Zu peinlich war ihr das Ganze. Doch vor dem Lieschen lässt sich eben nichts verbergen. Zuerst hat sie fröhlich geplaudert aber dann, so zwischen Zwetschgenkuchen (mit Sahne!) und Toffeemuffins, konnte sie wohl nicht mehr. "Grete, ich seh doch, dass dir eine Laus über die Leber gelaufen ist. Oder zwei. Mir kannste nichts vormachen. Also spucks aus!" Zuerst zögerte die Grete, wand sich wie ein Aal. Dann spuckte sie ihren Frust aus. Flüsternd, mit vorgeneigtem Kopf, damit nur ja niemand an den Nachbartischen hören konnte, wie dumm die Grete sich verhalten hat. Lange Rede, kurzer Sinn, die Grete hat sich tatsächlich äußerst dämlich verhalten.  

Manchmal schaut sie sich Youtube–Videos an. Musik, Beauty, Politik oder auch lustige Clips. Vorangestellt ist ja meist eine kurze Werbung. In letzter Zeit öfter von der allseits beliebten braunen Brause, dessen Herstellungsgeheimnis auch in der Tat ein Geheimnis ist. Der Grete gefielen diese Werbeclips. Und ganz spontan, wie die Grete ist (Papperlapapp, nur manchmal!), hat sie sich eine ganze Stunde früher als sonst auf ihr Fahrrad geschwungen, ist zu einem Supermarkt gefahren, hat dort zehn Flaschen von der Brause gekauft und in ihren Einkaufskorb vorne am Lenker verstaut.

So bepackt ist sie zum Flussufer geradelt. Direkt zu einer kleinen Brücke. Dort halten sich in den wärmeren Monaten immer einige Obdachlose auf. Sie stieg vom Rad, schnappte sich eine Flasche mit dem Aufdruck - Trink ne "braune Brause" mit FREUNDEN – und drückte sie dem erstbesten Obdachlosen, der auf einer Bank saß, freudestrahlend einfach in die Hand. Bei dem war allerdings von Freude nicht mal ein Fitzelchen zu finden.  Im Gegenteil. Er ließ die Flasche fallen, schaute die Grete grimmig an und … ja, er bespuckte sie. "Was bildeste dir ein? – Unverschämtheit – Kann mir die Brause auch selber kaufen" – war da noch als harmlos zu bezeichnen. Die Grete stand ganz verdattert neben ihrem Fahrrad. Mittlerweile waren andere Obdachlose aufmerksam geworden und näherten sich der Bank. Die Grete machte schleunigst, dass sie wegkam. Aufgeben war aber nicht. Ebensolch eine Flasche schenkte sie einer älteren Dame, die mit ihrem Hund am Ufer spazieren ging, und einer jungen Frau, die einen Kinderwagen schob. Die ältere Dame schmiss die Flasche gleich in den nächsten Papierkorb, die junge Frau wehrte sich mit Händen und Füßen gegen das Geschenk. Sie zeterte so laut, dass man meinen konnte das Fräulein Grete Meier wolle sie vergiften. Einen Versuch machte die Grete noch. Ein Teenager mit einem Skateboard nahm die Flasche wenigstens an, nachdem die Grete ihm versichert hat, dass hinter der nächsten Hecke kein Kameramann hockt.

"Also in der Werbung haben sich immer alle gefreut", sagte sie, noch immer flüsternd, mit rotem Kopf, zu Lieschen. Die war sprachlos. Viel hat sie ja schon mit Grete erlebt. Aber Flaschen verteilen, mit so einem Aufdruck, an wildfremde Menschen? Nene, Grete, nene.

Gerade, als sie ansetzen wollte etwas zu Grete zu sagen, um sie aufzuheitern, oder um ihr die Meinung zu geigen ( man weiß es nicht so genau) kamen ein paar Skater am Cafe vorbei. "Echt Jungs, das hättet ihr sehen müssen. Da fährt so eine bekloppte Alte auf einem bunten Fahrrad, mit Froschklingel, am Ufer entlang und verteilt Flaschen mit brauner Brause. Mir hat sie auch eine geschenkt!"


 Und das Lieschen? Na, was dann noch passierte hat sie aufgeschrieben ---> KLICK

Dienstag, 27. August 2013

Das Fräulein Grete Meier macht es auf die alte Tour



Das Fräulein Grete Meier macht es auf die alte Tour

Ausgerechnet heute musste in der Firma von der Grete der Strom ausfallen. Einem Straßenbauarbeiter war es gelungen, mit einem Schaufelbagger nach mehrstündiger Plackerei, eine Leitung zu kappen. Und nicht nur die. Das Datenkabel der rosafarbenen Telekommunikation  nehmen wir doch gleich auch mit. Wenn schon denn schon, muss der sich gedacht haben.

Gegen zehn Uhr machte es jedenfalls Zapp und die Grete saß, nein nicht im Dunkeln, war doch lichter Tag, vor einem schwarzen Bildschirm. Nichts ging mehr. Rein gar nichts. Der Chef bekam keinen Kaffee, Susis Telefonat mit der Freundin wurde unterbrochen, Simon kam händeringend aus der Werbeabteilung, weil seine letztes Projekt noch nicht gespeichert war, und  Berta Kalt und Heidi Seelig saßen im Aufzug fest - allerdings genau auf der Etage - und lamentierten unentwegt. Eido grinste zu allem nur und meinte: "Shit happens. Wird die Ware eben später verpackt und ausgeliefert." Und die Grete tat nichts anderes als sich zu kümmern. Der Chef bekam statt Kaffee Cola, Susi eine Modezeitschrift, Simon versicherte sie mehrfach, dass ganz bestimmt keine Daten verlorengegangen sind und den Eido schickte sie nach unten zum Hausmeister, damit sich einer um den Aufzug kümmert. Während der dann versuchte die Türe zu öffnen, mit für die Grete suspektem Werkzeug, redete diese beruhigend auf Berta und Heidi ein.

Nach einer halben Stunde war der Spuk vorbei. Der Fahrstuhl quietschte sich wieder fröhlich von einem Stockwerk zum nächsten, die Kaffeemaschine blubberte, Eido saß wieder in seinem Glaskasten in der Warenausgabe und Berta und Heidi waren auf dem Weg nach Hause. Mit denen war nach der Fahstuhlmisere eh nichts mehr anzufangen. Susi und Grete konnten allerdings noch immer nicht ihr täglich Brot mit Arbeit verdienen. Strom war zwar wieder da, aber eben nicht überall.  Vor allem nicht beim Chef und im Vorzimmer. Eido vermeldete, dass die Warenausgabe wieder funktioniert, ergo natürlich auch sein PC und Simon konnte sich von der Angst des Datenverlustes befreien. Internet und Telefon war denen nicht so wichtig. Aber der Susi. Wobei die Grete sich nur kurz das Gejammere von wegen offline und facebook und was sie alles verpassen würde, anhörte und Susi  mit den Worten "Arbeitszeit ist Arbeitszeit und nicht Facebooktime" wieder in die Rechtsabteilung schickte. Da wo sie hingehört. Und wo Strom war.



Jetzt allerdings bekam dann doch auch die Grete ein Problem. Oder besser gesagt, eigentlich  der Chef. Obwohl, sind wir mal ehrlich, dem Chef seine Probleme immer auch Gretes Probleme sind, oder werden, oder waren oder was auch immer. Wichtige Geschäftsbriefe mussten unbedingt noch vor Mittag geschrieben werden. Hat der Chef mal wieder vor sich hergeschoben und jetzt drängte die Zeit. "Eine Katastrophe Frau Meier, eine Katastrophe. Die Briefe müssen heute noch zur Post!"

Tja, ohne funktionierenden PC und Drucker war das eine schlechte Ausgangsposition, zumal es mittlerweile die Info gab, dass sich der Ausfall noch den ganzen Tag hinziehen könnte. Ganz bekümmert war er, der Arme. Aber die Grete wäre nicht die Grete, wenn sie nicht auch für dieses Problem eine Lösung parat hätte. "Mir nach!" forderte sie den Chef auf. Und der Chef wäre nicht der Chef, wenn er der Grete nicht blindlings vertrauen würde. Er folgte ihr in den Aktenkeller wie ein Lämmchen. Dort kramte das Fräulein Grete Meier aus der hintersten Ecke eine verstaubte Schreibmaschine hervor. Gabriele 110 Elektrik von Triumph Adler. Triumphierend (passt doch!) hielt sie dem Chef das Ding unter die Nase. Der schaute verständnislos durch eine kleine Staubwolke die Grete an. "Auf die alte Tour Chef, könnense sich denn nicht mehr erinnern?"  Langsam dämmerte es dem Chef und er fing an zu grinsen. " Ja, das ist es, Frau Meier, machen wir es auf die alte Tour."

Zurück im Büro schnappte sich die Grete Block und Bleistift. Schön spitz. Dann marschierte sie in das Chefbüro, nahm gegenüber vom Schreibtisch auf einem Stuhl Platz und wartete. Während der Chef im Zimmer auf und ab lief, diktierte er der Grete die Briefe. Die schrieb in ihrer schönsten Steno-Schrift alles mit. Danach suchte sie noch aus alten Akten die Adressen der Empfänger raus, schnappte sich die Schreibmaschine und marschierte zu Susi in die Rechtsabteilung. Verscheuchte diese kurzerhand von ihrem Schreibtisch, schloss die Maschine am Stromnetz an, schob Firmenbriefpapier in die Halterung und klapperte los. Die Finger flogen nur so über die Tasten. Nein sowas, die Susi staunte nicht schlecht. So ein Teil  hatte sie noch nie gesehen. Und überhaupt, dass die Meier diese merkwürdigen Hieroglyphen entziffern kann.

Die Grete tippte, lächelte still über die Susi, tippte und lächelte wieder. Nach getaner Arbeit packte sie alles wieder ein, klemmte sich die Schreibmaschine unter den Arm und mit den Worten "Alte Tour, Susi, alte Tour, da kommt selbst die neueste Technik nicht mit" kehrte sie Susi und dem Schreibtisch den Rücken.

Zu gerne würde sie ja morgen beim Mittwochskaffe dem Lieschen erzählen, wie die Susi ihr mit offenem Mund hinterher gestarrt hat. Aber leider hat die Grete das nicht mehr gesehen. 



Und was hat das Lieschen dazu zu sagen? ---> KLICK

Montag, 26. August 2013

Von Töpfen und Holländern



Von Töpfen und Holländern



Gerade als das Fräulein Grete Meier die Füße hochlegen wollte - das braucht sie nämlich manchmal nach einen arbeitsreichen Tag  - klingelte die Frau Heber bei ihr. Mit Kind und mit einem Kochtopf. Grete ahnte schon, dass es ein Problem gibt und setzte sofort die Kaffeemaschine in Gang. Der kleine Luis wurde mit Butterkeksen und Bauklötzen versorgt. Ein Topfset hat ihr Mann mitgebracht, erzählte die Frau Heber. So ein richtig teures. Dabei drückte sie der Grete den mitgebrachten Topf in die Hand. Schwer war der und glänzte ungemein. Ein schöner Topf. Grete war ganz begeistert. Fünf Töpfe, einen Dampfgartopf und einen Bräter enthält das Set. Zum Schnäppchenpreis. Mit goldenem Zertifikat. Frau Hebers Stimme überschlug sich fast vor Begeisterung. "Neue Töpfe waren längst überfällig. Meine sind doch schon so alt. Und aus dem Kaufhaus. Billigware. Aber damals hatten wir eben nicht viel Geld."

Grete hakte nach und fragte, wo denn dann das Problem liegt.  Es stellte sich heraus, dass zwar alles sehr teuer aussieht, von der Verpackung angefangen über die Ware und nicht zuletzt dieses wunderbare Zertifikat, in Form einer goldenen Scheckkarte, doch leider keine Gebrauchsanweisung beiliegt. Ob die Grete denn nicht mal im Internet nachschauen kann.

Natürlich kann die Grete. Hochfahren, Browser auf und fix die angegebene Internetadresse eingeben.

Leider, so schön die Webseite auch aufgemacht war, gab es zwar eine Gebrauchsanweisung, aber nur auf Englisch. Und die war auch noch ellenlang.  Dafür waren Preise angeben, die der Grete die Sprache verschlugen. "Nee, Frau Meier, das ist ja das tolle. Mein Mann hat nur hundertzehn Euro dafür bezahlt. Nicht neunhundertachtzig. Komisch finde ich da ja schon."

Bei der Grete schrillten sämtliche Alarmglocken. So laut, dass Lieschen zuhause bestimmt vom Stuhl gefallen ist. '" Wo hat er die denn gekauft?" Frau Heber erzählte der Grete, dass ein Mann auf der Baustelle aufgekreuzt sei, auf der Herr Heber gerade arbeitet. "Der kam von einer Messe, wissen sie, der wollte die Töpfe nicht mehr mit nach Hause nehmen und hat sie deshalb so günstig abgegeben. Er hat sie dort auch billiger verkauft und ein Paket sei übrig geblieben. Mein Mann hat ihn dann sogar noch runtergehandelt. Und doch, das kommt mir alles suspekt vor."

Grete setzte sich sofort wieder an den PC. "Fragen wir doch Mr. Google nach den Töpfen!" Und der feine Herr spuckte auch sofort Antworten aus. Und nicht nur eine. Ein ganzes Forum und diverse Meldungen der Kriminalpolizei beschäftigten sich mit den Töpfen. Frau Hebers Gesicht wurde lang und länger. "Dieser Trottel, ist doch tatsächlich einem Betrüger aufgesessen."

Wahrlich handelt es sich um eine Betrugsmasche von Banden aus Holland die vorzugsweise an Baustellen und Raststätten die Menschen mit immer der gleichen Geschichte reinlegen. Im Forum fanden sich hunderte Einträge von Geschädigten. Die meisten hatten weit mehr als einhundertzehn Euro für die Töpfe bezahlt. Sie lasen und lasen und schüttelten dabei immer wieder ihre Köpfe. So viel Dummheit. Manches war so offensichtlich beschrieben, dass die Grete  sich an den Kopf fasste.

"Sagense Frau Meier, fällt ihnen nichts auf?" Die Frau Heber grinste plötzlich von einem Ohr zum anderen. "Das sind fast nur Männer, die darauf reingefallen sind. Kaum eine Frau ist dabei."

Grete schaute sich die zahlreichen Einträge genauer an. In der Tat, die Frau Heber hatte recht. Fast ausschließlich Männer.  Der Grete fiel dann noch der Eintrag einer Frau auf, die meinte, egal was die Töpfe im Grunde wert sind. Man könne toll mit ihnen kochen. Somit sei sie ihrem Mann nicht böse gewesen.

"Na, dann wissen sie ja Frau Heber, was sie gleich machen. Einfach mal ausprobieren. Und für was braucht eine gute Hausfrau wie sie es sind schon eine Gebrauchsanweisung. Einfach vorher mal mit heißem Wasser spülen, dann dürfte sich der Boden nicht verbiegen. Und wenn die Töpfe sich  gut zum Kochen eignen,  umso besser. "

Frau Heber nickte zustimmend, schnappte sich Topf und Luis und bedankte sich bei der Grete. Ihrem Mann würde sie aber nachher noch was erzählen. Von wegen teure Töpfe mit Zertifikat und so.

Grete konnte dann endlich die Füße hochlegen und ein wenig dösen. Nicht ohne sich allerdings das Gesicht von Herrn Heber vorzustellen, wenn ihm seine Frau alles erzählen würde.

" Na, Männe, hat dir vielleicht so ein kleiner Holländer die Töpfe verkauft?"





Ob Lieschen tatsächlich die Ohren geklingelt haben? ---> KLICK