Von Selbstbewusstsein und einem heißen Höschen
"Also beim dritten Date musste, Grete ... sonst wird das nie was!" Das Fräulein Grete Meier war sich zwar ganz sicher, dass dem nicht so ist, dennoch ... Susis Worte schwirrten ununterbrochen in ihrem Kopf herum. Ab und an prallten sie mal gegen eine Wand und purzelten herunter (wenn die Grete den Kopf schüttelte und sich selber zu Ordnung rief), nur um sich danach wieder in ungeahnte Höhen aufzuschwingen.
Muss ich? Grete wurde von Stunde zu Stunde unsicherer. Zu gerne hätte sie Lieschen um Rat gefragt, aber neee, wie peinlich. Und überhaupt, woher sollte das Lieschen sowas auch wissen. Immerhin, war diese ja nun schon seit Jahren verheiratet. Grete überlegte hin und her. Frau Korters vielleicht? Nee, zu alt. Und die Heber? Auch verheiratet. Kruzitürken ... bleibt nur noch Marie ... geht auch nicht. Die is ja mit dem Wenig in Urlaub. So ein Mist aber auch, die wüsste bestimmt ... das mit dem Wenig ist ja noch nicht so lange her.
Grete seufzte, während sie die Reste des Feinwaschmittels aus der schwarzen Spitzenwäsche unter lauwarmen Wasser ausspülte. "Exquisit, hochmodern, da wird jeder Mann schwach", hatte die Verkäuferin im Dessousgeschäft gesagt. "Seide, also nur Handwäsche", hatte sie ihr noch mit auf den Weg gegeben. Als wenn die Grete sowas nicht wüsste.
Zuhause hatte die Grete sich erstmal geduscht, eingecremt und dann die Unterwäsche übergestreift. So ganz wohl war ihr nach einem Blick in den Spiegel dabei nicht gewesen. Fest ist anders, hatte sie gedacht und dabei die Körbchen des BHs immer wieder von rechts nach links geschoben. "Sie sind doch in den besten Jahren, da können Sie doch gut noch sowas tragen", hatte die Dame im Geschäft bei der Anprobe gesagt. ... So ein Scheiß. Beste Jahre hin oder her, die Dinger hängen nun mal. Naja, zumindest etwas. Und so, in diesem BH, sieht man das ja auch gar nicht. Doch was wenn ... Grete hatte es nicht gewagt auch nur einen einzigen weiteren Gedanken an das WAS WENN zu verschwenden. Das Höschen jedenfalls hatte ihr dann doch recht gut gefallen. Alles in allem ... kannste dich doch noch sehen lassen, Grete. Zumindest verpackt. Aber jetzt ... erstmal waschen. Wer weiß, wer das schon alles am Hintern kleben hatte.
Grete legte den BH sorgfältig auf ein Handtuch. Daneben das Spitzenhöschen. Zubbelte noch etwas hier und zupfte und zog noch etwas da. Befriedigt betrachtete sie ihr Werk. "Schön sieht es ja aus", murmelte sie. Butter bei die Fische Grete, mit deinen ollen Baumwollschlüppern kannste jedenfalls keinen Blumentopp gewinnen. Vielleicht gerade noch so beim Heinevetter. Jetzt kicherte die Grete.
Doch dieser Zustand hielt nicht lange an, denn Susis Worte begannen wieder zu rollen. Grete schüttelte sich. "Selber schuld, was mussteste auch der Susi von Holzmanns Einladung zum Essen erzählen!"
Sie atmetete tief durch, schnappte sich die Spitzenteile, den kleinen Wäscheständer und eilte auf den Balkon. Es gibt doch nichts Schöneres als Frühlingswind zum Wäschetrocknen. Flugs war das Ding aufgestellt. Vorsichtig legte die Grete beide Teile darauf. Hach, die Wäscheklammern. Vergessen. Grete hastete zurück in ihr Badezimmer und schnappte sich den Klammerbeutel. Ein spitzer Schrei, gefolgt von einem Grunzen, ließ sie zusammenfahren. Was ...? Grete raste zurück.
Und da stand er. Nebenan auf dem Balkon. Herr Heinevetter. Völlig erstarrt. Zigarette im Mundwinkel und Gretes schwarzem Spitzenhöschen im Gesicht.