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Dienstag, 3. Mai 2016

Von Selbstbewusstsein und einem heißen Höschen

Von Selbstbewusstsein und einem heißen Höschen

"Also beim dritten Date musste, Grete ... sonst wird das nie was!"  Das Fräulein Grete Meier war sich zwar ganz sicher, dass dem nicht so ist, dennoch ... Susis Worte schwirrten ununterbrochen in ihrem Kopf herum. Ab und an prallten sie mal gegen eine Wand und purzelten herunter (wenn die Grete den Kopf schüttelte und sich selber zu Ordnung rief), nur um sich danach wieder in ungeahnte Höhen aufzuschwingen. 
Muss ich? Grete wurde von Stunde zu Stunde unsicherer. Zu gerne hätte sie Lieschen um Rat gefragt, aber neee, wie peinlich. Und überhaupt, woher sollte das Lieschen sowas auch wissen. Immerhin, war diese ja nun schon seit Jahren verheiratet. Grete überlegte hin und her. Frau Korters vielleicht? Nee, zu alt. Und die Heber? Auch verheiratet. Kruzitürken ... bleibt nur noch Marie ... geht auch nicht. Die is ja mit dem Wenig in Urlaub.  So ein Mist aber auch, die wüsste bestimmt ... das mit dem Wenig ist ja noch nicht so lange her.
Grete seufzte, während sie die Reste des Feinwaschmittels aus der schwarzen Spitzenwäsche unter lauwarmen Wasser ausspülte. "Exquisit, hochmodern, da wird jeder Mann schwach", hatte die Verkäuferin im Dessousgeschäft gesagt. "Seide, also nur Handwäsche", hatte sie ihr noch mit auf den Weg gegeben. Als wenn die Grete sowas nicht wüsste.

Zuhause hatte die Grete sich erstmal geduscht, eingecremt und dann die Unterwäsche übergestreift. So ganz wohl war ihr nach einem Blick in den Spiegel dabei nicht gewesen. Fest ist anders, hatte sie gedacht und dabei die Körbchen des BHs immer wieder von rechts nach links geschoben. "Sie sind doch in den besten Jahren, da können Sie doch gut noch sowas tragen", hatte die Dame im Geschäft bei der Anprobe gesagt. ...  So ein Scheiß. Beste Jahre hin oder her, die Dinger hängen nun mal. Naja, zumindest etwas. Und so, in diesem BH, sieht man das ja auch gar nicht. Doch was wenn ... Grete hatte es nicht gewagt auch nur einen einzigen weiteren Gedanken an das WAS WENN zu verschwenden. Das Höschen jedenfalls hatte ihr dann doch recht gut gefallen. Alles in allem ... kannste dich doch noch sehen lassen, Grete. Zumindest verpackt. Aber jetzt ... erstmal waschen. Wer weiß, wer das schon alles am Hintern kleben hatte.
Grete legte den BH sorgfältig auf ein Handtuch. Daneben das Spitzenhöschen. Zubbelte noch etwas hier und zupfte und zog noch etwas da. Befriedigt betrachtete sie ihr Werk. "Schön sieht es ja aus", murmelte sie. Butter bei die Fische Grete, mit deinen ollen Baumwollschlüppern kannste jedenfalls keinen Blumentopp gewinnen. Vielleicht gerade noch so beim Heinevetter. Jetzt kicherte die Grete. 
Doch dieser Zustand hielt nicht lange an, denn Susis Worte begannen wieder zu rollen. Grete schüttelte sich. "Selber schuld, was mussteste auch der Susi von Holzmanns Einladung zum Essen erzählen!" 
Sie atmetete tief durch, schnappte sich die Spitzenteile, den kleinen Wäscheständer und eilte auf den Balkon. Es gibt doch nichts Schöneres als Frühlingswind zum Wäschetrocknen. Flugs war das Ding aufgestellt. Vorsichtig legte die Grete beide Teile darauf. Hach, die Wäscheklammern. Vergessen. Grete hastete zurück in ihr Badezimmer und schnappte sich den Klammerbeutel. Ein spitzer Schrei, gefolgt von einem Grunzen, ließ sie zusammenfahren. Was ...? Grete raste zurück. 
Und da stand er. Nebenan auf dem Balkon. Herr Heinevetter. Völlig erstarrt. Zigarette im Mundwinkel und Gretes schwarzem Spitzenhöschen im Gesicht.






Dienstag, 13. Oktober 2015

Von Wille,Wolle und einem kleinen Betrug

Von Wille, Wolle und einem kleinen Betrug

Das Fräulein Grete Meier stöhnte. Und das nicht zum ersten Mal. Die Augen fest auf das Youtube-Video gerichtet, während ihre Hände Stricknadeln und Wolle umklammerten. Die im übrigen schon quietschte, wenn Grete versuchte eine Masche aufzunehmen. Kein Wunder, denn Gretes Hände waren schweißnass. Und das hatte sich bereits auf die Wolle übertragen. Rosa Wolle, wohlgmerkt. Extra weich. Sozusagen babyweich. "Bestens für ein Mützchen geeignet. Sie wollen doch nicht, dass sich das Kleine unwohl fühlt, weil die Wolle kratzt", hatte die Verkäuferin im Wollgeschäft gesagt. Nein, nein - das wollte die Grete natürlich nicht. Susis kleine Anna, würde nie und nimmer eine kratzende Mütze erhalten. Nicht von ihr. Denn eine solche wollte die Grete stricken. Eigenhändig. Für die kleine Anna. Kaufen kann ja schließlich jeder. Und natürlich sollte es eine ganz besonders schöne Mütze werden. Ausgefallen. Eben, was nicht jedes Baby hat. Geht doch nicht. Nicht bei Susis Kind. 

Also hatte sich die Grete stundenlang Youtube-Videos über selbstgestrickte Babymützen angeschaut. Bis sie endlich fündig wurde. Ein rosa Babymützentraum. Mit Muster und sogar mit einer kleinen Schleife, die mit Perlchen besetzt war. Und kompliziert sah es auch nicht aus. Ohne sich das Video genauer anzuschauen, war die Grete gleich losgestürmt um Wolle, Stricknadeln und Perlchen zu besorgen. Dass es schon Ewigkeiten her war, als Grete das letzte Mal gestrickt hatte, dürfte ja wohl kein Problem sein. Schnell noch Kaffe gekocht und los ging es.
Dann der Schock. Alles in Englisch. Nun gut, hatte die Grete gedacht, wozu gibt es denn Mr. Google, der hat schließlich so ein Übersetzungsdingens. Und ein bisschen Englisch kann ich ja durchaus. Allerdings stellte sich die Sache dann doch als komplizierter heraus, als Grete angenommen hatte. Ständig hatte sie die Wörter nachschlagen müssen und die Nadeln wollten auch nicht so recht. Maschen waren gefallen und nie hatte das das angefangene Strickwerk so ausgesehen wie im Video. Grete war nichts anderes übrig geblieben, als ständig wieder alles aufzuribbeln und von vorne anzufangen. Gut, dass man die Videos zurückspulen kann. 

Verflucht! Jetzt war auch noch die Nadel herausgerutscht. Grete fummelte sie wieder in die Maschen. Sie drehte und wendete das klägliche Etwas. Irgenwie sieht das nicht nach einer Mütze aus. Eher nach einem Kaffepottwärmer. Und das vorher so schöne Rosa, gleicht mehr einem schmutzigen Schweinchenton. 
Sie griff nach der Kaffeetasse. Leer. Auch das noch. Grete schaute auf die Uhr. Mein Gott, da sitzte hier schon drei Stunden und nix is mit Mütze. Vielleicht sollte ich doch ein anderes Video .. vielleicht etwas Einfacheres ... Grete legte Wolle und Nadeln beiseite. Und fing an zu suchen.  Die hier vielleicht? Nee, alles auf Spanisch. Oder die? Komisches Muster. Da, die könnte richtig sein ... nein, doch nicht. Gehäkelt. Gerade als Grete schon aufgeben wollte fiel ihr Blick auf einen rosa Traum. Mit Schleife und Perlchen. "Da ist ja wieder meine Mütze", jubelte sie. Grete klickte das Video an. Deutsch. Sie konnte es kaum fassen. Grete, jetzt biste aber schlauer. Zuerst anschauen, dann anfangen. Gesagt getan. Doch einfacher schien es deshalb nicht zu werden. Auch wenn Grete alles verstand, was die nette Frauenstimme da so erklärte, während sie ihre Nadeln vor laufender Kamera klappern ließ. Grete war kurz davor aufzugeben als ... "Diese besondere Mütze kann auch fertig bei mir erworben werden. Schreiben Sie mir einfach eine E-Mail und nennen mir Größe und Farbe. Die Wolle die verwendet wird kratzt garantiert nicht. Ihr Baby wird sich wohlfühlen." 
Schnell ... Stift , Papier ...  
Fünf Minuten später lehnte sich die Grete aufatmend zurück. "Jetzt ne Zigarette und einen Mirabellenschnaps. Das haste dir verdient!"




 


Dienstag, 22. September 2015

Das Fräulein Grete Meier hat den Blues

Das Fräulein Grete Meier hat den Blues

Das Fräulein Grete Meier saß in der geöffneten Balkontür auf einem Stuhl, eingemummelt in ihrer Wolljacke und starrte in den Regen, der unaufhörlich die Geranien mit dicken Tropfen bedachte. Der Himmel schimmerte in einem trägen einheitsgrau. Und das schon seit dem frühen Morgen. So hatte die Grete sich ihren freien Tag nciht vorgestellt. Eigentlich mag die Grete den Herbst ja, vor allem die ersten Tage, wenn die Bäume sich langsam verfärben und im Sonnenlicht die ersten bunten Blätter zu Boden segeln. Doch dieses miese Wetter schlug ihr mächtig auf die Seele. Sonst voller Elan, vor allem wenn sie mal einen Tag in der Woche frei hatte, konnte sich die Grete heute zu nix aufraffen. Den halben vormittag hatte sie lustlos in Schlafanzug und Bademantel mit Kaffeetrinken und dem Lesen diverser alten Zeitungen verbracht. Selbst der PC war ausgeblieben. Ein anschließendes Schönheitsbad hatte ihre Stimmung auch nicht angehoben. Auch Rühreier mit Speck, sonst ein Allheilmittel gegen schlechte Stimmung, hatten nichts ausrichten können. Die Laune blieb im Keller. Zujmal die Grete nur Brot dazu hatte und keine Brötchen. Und das war auch nicht mehr taufrisch gewesen. So wie ich nicht, dachte die Grete, während sie an ihrer Zigarette zog. 
Sie betrachtete ihre Hände.  Faltig. Fast schon wie bei Frau Korters, die immerhin fast 20 Jahre älter ist. Die Grete sog die kühle Regenluft ein. Ist eben der Lauf der Dinge. Das Alter fordert seinen Tribut. Fast 55 Jahre haste nun schon auf dem Buckel. Gute und schlechte Jahre. Grete, wennste ehrlich bist, sind es wohl doch eher mehr gute. Dennoch, jetzt sitzte hier, allein und starrst in den  Regen. 
Ihre Gedanken liefen rückwärts. Was wäre wohl gewesen, wenn ich damals nicht ... Ach herrjeh, ja, der Rolf. "We had joy we had fun, we had seasons in the sun, but the hills that we climbed were just seasons out of time" ... Terry Jacks. Leise summte die Grete die Melodie vor sich hin. Und dann der Unfall ... Mein Gott, wie lange ist das jetzt schon her. Die Jahre bei Tante Heidi und Onkel Günther, der Einzug hier im Haus. Die erste Begegnung mit Herrn Heinevetter ... jetzt schmunzelte die Grete. Wie der damals vor mir stand auf dem Balkon nebenan, mit zerzausten Haaren auf dem schief ein Hut saß von dem der Regen tropfte, und mir einen Kaffee anbot. "So auf gute Nachbarschaft, Frau Meier, und hammse schon gehört ... also ich kann ihnen da was erzählen ..." War genau so ein Regentag gewesen wie heute. Lieschen, die sie vor etlichen Jahren wiedergetroffen hatte und die nun so weit weg wohnt. Ach, wie ich den Mittwochskaffee doch vermisse. Das gute Lieschen. 
Grete erinnerte sich an den ersten Tag von Susi im Büro. Das Gesicht total zugekleistert, auf hohen Hacken und vorlaut. Und heute? Heut isse schon Mama, die Susi. Das waste nie hingekriegt hast Grete! Jetzt liefen die Tränen. Grete kramte nach einem Taschentuch. Dumme Pute, dachte sie, während sie sich über die Augen wischte. Is so, hat nicht sein sollen. Sie schneuzte kräftig in das Tuch. Und außerdem, wer weiß, wozu das alles gut war. Und gut ist. Alleine biste doch deshalb nicht. Da sind Tante Heidi und Onkel Günther, Marie, das ferne Lieschen, die Kollegen und der Chef, Frau Korters, die Hebers,  Luis der Rabauke, Herr Wenig, der Holzmann ( ja, der auch!) und natürlich ... Eine Tür klappte. "Tach Frau Meier, hammse schon gehört?"


 

Dienstag, 4. August 2015

Von Eiapopeia und gutschi gutschi

Von Eiapopeia und gutschi gutschi

Sowas von blamabel. Das Fräulein Grete Meier konnte es nicht fassen. Und das ausgerechnet mir, fluchte sie vor sich hin, während sie über den Parkplatz des Krankenhauses zu ihrem Auto ging. Und auch noch vor dem Chef! Das ärgerte die Grete am Allermeisten. Was musste der auch ausgerechnet heute nachmittag, wenn ich ... Grete ließ sich in den Fahrersitz sinken und zog energisch die Autotür zu. Wenn der morgen im Büro auch nur einen Ton sagt. Gretes Miene verfinsterte sich zusehends. Allein bei der Vostellung verkrampfte sich ihr Magen. Sie startete den Motor und fuhr mit quietschenden Reifen an. Gut, dass der Parkplatz vor dme Krankenhaus ausnahmsweise mal relativ leer war. 
Bis zur nächsten Ampel hatte sich die Grete wieder einigermaßen beruhigt. Nein, nein, der Schokoriegel, den sie aus ihrer Handtasche gefummelt hatte und der nun langsam in ihrem Mund die Geschmacksnerven zum Glühen brachte, hatte nun wirklich rein gar nichts damit zutun. Ehrlich nicht. Wie dem auch sei, als die Grete zuhause ankam war aller Ärger fast verflogen. Der Rest wich bei einer Tasse Kaffe und einer Zigarette. Denn da fand die Grete endlich Zeit, sich das Bild von der kleinen Anna anzuschauen. Das Baby von Susi und Simon war aber auch wirklich allerliebst. Gretes Herz schmolz dahin, wie vorhin die Schokolade in ihrem Mund. Kein Wunder, dachte die Grete, tief in das Bild versunken, dass ich mich da hab  Sohinreißen lassen. Sie lehnte sich auf ihrem Sessel zurück und schloss die Augen. Sie musste daran denken, wie unglücklich die Susi anfangs über die Schwangerschaft gewesen war. Und jetzt? So glücklich hatte die Susi ausgesehen. Und erst der Simon. Gestrahlt hatte er, als ob er gerade den Jackpot im  Lotto geknackt hätte. 
Simon hatte schon morgens ganz früh im Büro angerufen und voller Stolz mitgeteilt, dass die Anna auf der Welt ist. Grete war nach der Arbeit gleich ins Krankenhaus geeilt. Nicht ahnend, dass der Chef den gleichen Gedanken hatte. Gerade als Grete sich über das Babybettchen gebeugt  und leise "Eiapoapeia was raschelt im Stroh" sang, war er wohl ins Zimmer getreten. Grete war so versunken in den Anblick des knuddeligen kleinen Wesens vor sich im Bett, dass sie es nicht bemerkte.  Erst nachdem sie das Baby mit einem quitschenden "gutschi, gutschi" am Bauch gekitzelt hatte und sich aufrichtete, sah sie die Bescherung. Auf der anderen Seite des Kinderbettes stand er. Der Chef. Mit einen eigentümlichen Grinsen im Gesicht. "Gutschi, gutschi, Frau Meier!"

Herr Heinevetter lachte sich schlapp. "Echt jetzt, Frau Meier, gutschi, gutschi?" Die Grete grinste schief. "Ach ich weiß auch nicht. Immer habe ich mich aufgeregt, wenn ich solche Töne aus den Mündern anderer gehört habe. Hab mich gefragt, wie man nur so bescheuert reagieren kann, beim Anblick eines Babys. Und dann das ... aber ich sag Ihnen, mein lieber Herr Heinevetter. Die Kleine ist aber auch zu süß. So richtig zum Knuddeln sieht die Anna aus. Da konnte ich einfach nicht anders. Ganz die Susi ... nur ohne Make-up!" Grete hielt Herrn Heinevetter das Bild unter die Nase.
"Sieht aus wie jedes Baby, also ich würde da niemals ... gutschi, gutschi ...ich krieg mich nicht mehr ein!"
Grete riss das Bild wieder an sich und drückte es an ihre Brust. "Typisch Mann", knurrte sie. "Keine Ahnung von nix. Und das ganz viel!"





Dienstag, 17. März 2015

Von pinkem Zuckerguss und einem schönen Tag

Von pinkem Zuckerguss und einem schönen Tag

Nee, was war das für ein schöner Tag gewesen. So ein richtig rosaroter. Sonne satt und jeder, dem die Grete heute begegnet war, hatte vor guter Laune nur so gesprüht. Wenn einer heute glücklich ist, dann das Fräulein Grete Meier. Und vielleicht auch die Susi. Denn die hatte eine mehr als gute Nachricht erhalten.
Das Fräulein Grete Meier stand in ihrer Küche vor dem Backofen und klopfte sich selber auf die Schulter. Gut haste das gemacht, der Kuchen für die Susi sieht mehr als gelungen aus. Nun noch schnell den Ofen aus, das Machwerk rausnehmen, abkühlen lassen und dann verzieren. Mit pinken Zuckerguss und perlmuttfarbenen Liebesperlen. Sogar ein paar pinke Schmetterlinge aus Fondant hatte die Grete extra dafür besorgt.
Grete schnappte sich ihre Teetasse und die Tageszeitung und machte es sich am Küchentisch bequem. Auskühlen konnte der Kuchen schließlich alleine und für den Guss, der angerührt werden musste, war es noch zu früh. Keine einzige Schlagzeile konnte jedoch die Grete fesseln. Vielleicht wollte sie das aber auch nicht. Wer will sich denn schon die gute Laune verderben lassen von all den Merkwürdigkeiten unserer Zeit. Grete jedenfalls nicht und so blätterte sie einfach nur die Zeitung durch, mit den Gedanken ganz woanders. Nämlich bei all den heutigen freudigen Ereignissen. Und die hatten nicht erst im Büro angefangen. Sondern bereits vor Gretes Wohnungstür. Genauer gesagt auf ihrer Fußmatte. Da hatte er nämlich heute morgen gelegen. Der bunte Strauß mit den Tulpen. Einfach so. Keine Tausend, aber immerhin zwölf an der Zahl. Mit einem kleine Zettel dran. "Für die Frau, die Tulpen so gerne mag" , hat da gestanden. In einer schönen, gestochen scharfen Handschrift. Zuerst hatte die Grete ja den Herrn Heinevetter als edlen Blumenspender in Verdacht gehabt, aber dann viel ihr ein, dass dieser immer nur Nachrichten in Druckschrift hinterlässt. Weil ich doch so ne Sauklaue habe, die keiner lesn kann, hatte er der Grete mal auf Nachfragen erzählt. Der fiel also schon mal aus. Vielleicht Herr Wenig, oder Marie? Nee, die waren ja gar nicht zuhause. Kurztrip nach Holland. Und die Hebers, oder Frau Korters? Kein Grund für Blumen. Blieb also nur noch ... Grete hatte es nicht gewagt, weiterzudenken. Auch jetzt schob sie den Gedanken an jemand ganz bestimmten in den hintersten Winkel ihres Kopfes. Was wenn ich falsch liege? Nee, besser nicht. Sie zündete sich eine Zigarette an. Der Weg ins Büro war dann allerdings ein einziges Schweben auf irgendwelchen ominösen Wolken gewesen. Dort angekommen, hatte sie dann allerdings auch keine Zeit mehr gehabt weiter über die Tulpen nachzudenken. Denn Susi war ihr direkt freudestrahlend um den Hals gefallen.

"Ach Frau Meier, gestern war es in der Post, als ich nach Hause kam. Das Ergebnis. Zwei, zwei, zwei, ich fass es nicht!" 
Grete konnte es auch nicht fassen und musste sich erstmal setzen. "Zwei? Wie kann das denn sein. Und keinem ist das bis jetzt aufgefallen?" 
Susi hörte ihr gar nicht richtig zu, so sehr war sie damit beschäftigt durch das Vorzimmer zu tanzen. "Wer hätte das gedacht, ne Frau Meier. Sie auch nicht. Nur der Simon, der hat es von Anfang an gewusst. Hach, ich bin so glücklich. Zwei, zwei, zwei ..."
Grete war verwirrt. "Wie, der Simon hat das gewusst. Wie geht das denn. Und überhaupt, was sagt denn dein Arzt dazu?" 
Jetzt war es an der Susi verwirrt zu sein. "Wieso der Arzt? Welcher Arzt?"
"Na, dein Frauenarzt. Ich verstehe immer noch nicht, wie man das übersehen konnte", erklärte die Grete.
Susi blieb mitten im Zimmer stehen, starrte die Grete an und als sie endlich verstand,  prustete sie los. "Also das is ja ein Ding, Frau Meier. Also sowas. Ich krieg nicht zwei Babies. Ich habe meine Prüfung mit Zwei bestanden. Klingelt es jetzt bei Ihnen?"
Es dauerte noch ganze fünf Sekunden. aber dann brach auch die Grete in Lachen aus. "Yesses, in dem Brief stand das Prüfungsergebnis." Grete schnappte nach Luft, Tränen liefen ihr vor lauter Lachen über die Wangen. "Und ich dachte schon ... ich bin aber auch eine dumme Pute."

Grete musste schon wieder lachen, als sie daran dachte. Schnell hatte die Geschichte die Runde in der Firma gemacht. Das Wörtchen ZWEI war das Wort des Tages gewesen. Egal wo Grete auch aufgetaucht war. Es war schon vorher da gewesen.Sogar der Chef hatte es ich nicht nehmen lassen, die Grete damit aufzuziehen .Lachen ist eben gesund, das hatte man den ganzen Tag im Büro gespürt.
 
So Grete, nu aber mal fix an den Kuchen, der Guss rührt sich nicht von alleine. Grete stand auf, nahm den Kuchen vorsichtig aus der Form und stellte ihn auf einen Rost. Schnell den Puderzucker in eine Schüssel, etwas Zitronenwasser dazu und die pinke Farbe. Während die Grete alles verrührte, blieb ihr Blick sinnend an der Vase mit den Tulpen hängen, die auf der Fensterbank stand.  Nee, was für ein wunderschöner Tag.



Dienstag, 3. März 2015

Von Prüfungsangst und einem Hauch von Frühling

Von Prüfungsangst und einem Hauch von Frühling 

"Tausend rooote, tausend gääälbe, alle saaagen dir das sääälbe ... " Zum x-ten Mal dudelten die Amsterdamer Blumenschönheiten, in ihrer ganzen breitgefächerten Farbenpracht, bereits über den Äther. Und das Fräulein Grete Meier dudelte mit, während sie voller Inbrunst Staubwedel und Putzlappen schwang. Frühjahrsputz war an diesem Samstag bei der Grete angesagt. Und was konnte einen Frühjahrsputz besser unterstützen als dieses Lied. Endlosschleife natürlich. 
Die Grete schäumte über vor guter Laune. "Was mein Hääärz nicht saaagen kann ..." 
Grete legte den Putzlappen beiseite und sah sich um. Alles blinkte und blitze. Und wie gut das roch. Zitronenfrischer Meister Proper- Duft vermischt mit dem Tulpengeruch aus mindestens 10 Vasen, die die Grete allsamt in ihrem Wohnzimmer auf diversen Tischen und Regalen verteilt hatte. Bestückt mit Tulpen. Vielleicht nicht ganz tausend, und es waren auch ein paar orange und lilafarbene dabei. Aber das war der Grete glatt egal. Sie kicherte, als sie an das Gesicht der Verkäuferin im Supermarkt denken musste. Nee, was hatte die dumm aus der Wäsche geguckt, als die Grete alle Tulpensträuße, die sich in den zwei Plastikeimern direkt an der Kasse befanden, geschnappt und auf das Band gelegt hatte. "Echt jetzt, alle?" Mehr hatte sie nicht rausgebracht. 
Jetzt schnell noch die Fenster, dachte die Grete und dann ... weiter kam sie nicht, denn in die Klänge des Amsterdamer Herz-Schmerz-Liedes mischte sich unangenehm und penetrant die Türklingel. Grete spurtete zum PC - Lautstärke runter - und dann zur Tür. 

"Und da stand sie dann vor mir. Die Susi. Weiß wie eine Wand. Ich sag ihnen, lieber Herr Heinevetter. Meine frisch geputzen Badezimmerfliesen sind nix dagegen. Ich hab das Mädchen kaum erkannt, so ganz ohne Schminke. Und verheult war sie auch. Also, mein erster Gedanke war ja ... der Simon, was hat der bloß mit dem Mädchen angestellt. Na warte, hab ich gedacht. Den Knaben kaufste dir gleich. Der kann was erleben. Aber das war´s gar nicht."
Herr Heinevetter hielt der Grete eine Zigarette hin. "Nee, lassense mal. Ich nehm lieber eine von mir. Ihr Kraut verträgt doch eh keiner!" Grete angelte sich eine Zigarette aus ihrer Packung und zündete sie an. "Glaubense mir, hätte ich vorhin auch gerne, bei der ganzen Aufregung, hab ich aber nicht. Wegen dem Baby."
Das glaubte Herr Heinevetter der Grete aufs Wort. Wenn Kinder im Raum sind, raucht die Grete nämlich nie. Er konnte sich noch gut an den Vortrag erinnern, den Grete ihm wutschnaubend gehalten hatte, als er sich eine Zigarette in Gretes Küche genehmigen wollte, wo der Luis von den Hebers gerade einen Kakao trank. Das Baby ... das Baby?
"War denn was mit dem Baby von der Susi? Ach Gottchen, Frau Meier, das arme Ding!"
"Papperlapapp, Herr Heinevetter", antwortete die Grete. "Mit dem Baby is alles gut. Das wächst und gedeiht, wie es sich für ein Baby gehört. Angst hat die Susi. Mehr nicht."
Also das konnte Herr Heinevetter gut verstehen. Was er da so alles gehört hatte ... diese Schmerzen, das Blut ... er schüttelte sich. "Jaja, so ne Geburt is bestimmt Horror, da hätte ich auch Panik vor."
"Was wissen sie denn schon vonner Geburt. Nüscht. So wie ich auch nix weiß. Steht auch nicht zur Debatte. Ich glaub, da macht die Susi sich momentan am wenigsten Gedanken drüber. Die hat schlichtweg Prüfungsangst. Aber sowas von. Ich sag ihnen, der schlottern die Knie. Nächste Woche isses nämlich soweit. Abschlussprüfung. Sonst immer so taff, das Mädel. Aber heute ... nee, die hatte richtige Panikattacken. Hab ihr erstmal eine Tasse Lieschentee aufgebrüht und ihr dann erzählt, wie es mir damals ergangen ist, bei meiner Abschlussprüfung. Das hat sie etwas beruhigt und nu isse zu Simon, noch ein bisschen lernen."
Grete drückte ihre Zigarette aus und zog sich ihre Gummihandschuhe an. "So, nu muss ich aber die Fenster putzen."
"Nee, nee, Frau Meier, so einfach kommense mir nicht davon. Wie war das denn damals bei ihnen, das müssense mir jetzt aber noch erzählen!"
Grete lachte. "Heut nicht, Herr Heinevetter, die Fenster warten ..." Und schon klappte die Balkontür.
Und während Herr Heinevetter der Grete noch sprachlos hinterher starrte, hatte diese sich bereits Eimer und Lappen geschnappt und den Lautstärkeregler wieder hoch gedreht. "saaagen Tulpen aus Amsterdam ..."
Schließlich, dachte die Grete so zwischen ihren Gesangseinlagen, schließlich muss der nicht alles wissen. Schon gar nicht, dass ich damals vorher soviel Baldrian geschluckt hatte, dass ich dem Prüfer vor die Füße gekotzt hab.











Dienstag, 27. Januar 2015

Das Fräulein Grete Meier hat eine Mission

Das Fräulein Grete Meier hat eine Mission

Das Fräulein Grete Meier genoss die sonntägliche Stille und ihr Rührei. Völlig entspannt blätterte sie im Wochenblättchen, dass immer Sonntags den Weg in sämtliche Briefkästen der Stadt findet. Neben der Sonntagszeitung gehört das Wochenblättchen zu Gretes Sonntagsmorgensentspanndichgefälligstmalritual, ist also somit Pflicht für die Grete. Die Werbebeilagen lässt sie meistens außer acht, mehr interessiert sie der Veranstaltungskalender und die großen und kleinen Nachrichten, die direkt ihre Stadt betreffen und die, wegen "wen interessiert schon der Dackelclub", keinen Passierschein für die Tagespresse erhalten hatten.  Heute jedoch interessierte sie nicht mal, dass im Kindergarten unten an der Ecke schon wieder die Rutsche kaputt ist. Gretes sonntägliches Interesse galt nur zwei Seiten der Zeitung. Den zwei Seiten, auf denen man die Kontaktanzeigen findet. Und es handelte sich hierbei keinesfalls um ein flüchtiges, der Neugierde entsprungenes Interesse. Nein, eher um ein um vielfach gesteigertes. Zumindest, seit ihr die Berta vor ein paar Tagen angeraten hatte, sich diese Kontaktanzeigen doch mal genauer anzuschauen. "Weißte, Grete, eine Bekannte von mir hat so ihren Mann gefunden. Man muss sich auch mal was trauen." 
Heidi Seelig hatte natürlich sofort eingeworfen, dass Kontaktanzeigen oldscool sind und man heute Internetkontaktbörsen bevorzugt. Susi hatte sich nur kaputtgelacht und ein "ich sag nur Disco" in die Runde geschmissen. Etwas leiser war dann noch "aber dafür sindse ja schon zu alt, Frau Meier", zu hören gewesen. Spätestens ab diesem Zeitpunkt hatte es die Grete zutiefst bereut, dass sie von ihren IchsuchmireinenMann-Plan so leichtfertig in der Frühstückspause erzählt hatte. Erst als die Grete nachmittags mit Nachdruck die Vorzimmertür ins Schloss hatte fallen lassen, hatten sie aufgehört, die ungebetenen Ratschläge. Zumindest vorerst.
Nun, Grete ist ja nicht nachtragend und guten Ratschlägen durchaus schon mal zugetan. Und ein bisschen neugierig, was da in solchen Kontaktanzeigen wohl steht, ja, das war sie dann wohl auch.
Grete nahm noch einen Schluck Kaffee, atmete einmal tief ein und begann sich der ersten Anzeige in der Kategorie "Er sucht Sie" zu widmen. Jung, dynamisch sucht ... Grete stockte. Schnurzelbärchen zum Kuscheln? Was sollte das denn. Nee, ein Schnurzelbärchen bin ich nicht, will ich auch gar nicht sein. 
Nächste Anzeige. Guterhaltener Mittfünfziger sucht anlehnungsbedürftiges Mädchen ... das wird ja immer doller. Zwei Annoncen gelesen und schon hatte die Grete die Nase voll. Erst nochmal einen Schluck Kaffee und ein bisschen Rührei. Und dann ...  sei tapfer Grete, les einfach weiter. Mehr Schwachsinn geht schon gar nicht, kann nur noch besser werden. 
Lebenskünstler, 35 Jahre, gutaussehend sucht Dame, gern auch älter, die er verwöhnen kann. Keine finanziellen Absichten ... Also das ist doch ... Grete war empört. Keine finanziellen Absichten! Ach nee! Was ist das hier? Eine Seite mit Kontaktanzeigen oder ein einschlägiges Magazin?
Eine Tasse Kaffee später lag das Sonntagsblättchen bereits im Müll. Und mit ihr der erste Teil der Mission "GretesuchteinenMann". 
Bertas Kontaktanzeigen? Abgehakt. Aber sowas von.



Dienstag, 20. Januar 2015

Von rosa Albträumen und einer Erkenntnis

Von rosa Albträumen und einer Erkenntnis 

Das Fräulein Grete Meier saß am Montagnachmittag mutterseelenallein in ihrem LieblingsMittwochnachmittagsLieschenCafe und nippte an einem Glas Procecco. Nippte und grummelte. Grummelte und nippte. Zweimal war der Kellner schon bei ihr gewesen und hatte nachgefragt, ob denn mit dem Fräulein alles in Ordnung sei. Keinen Kuchen, keinen Kaffee, nichts dergleichen wollte die Grete haben. Das war schon recht ungewöhnlich. Zumal heute frischer Apfelkuchen auf der Karte stand. "Isst das Fräulein doch sonst immer. Zwei Stücke. Mit Sahne!" Der Kellner war wirklich besorgt und ließ, trotzdem das Cafe gut gefüllt war und die Gäste seine ganze Aufmerksamkeit benötigten, die Grete nicht aus den Augen.
Die bemerkte das nicht einmal vor lauter Grummelei. Erst als er sie ein drittes Mal ansprach reagierte sie und sah auf. "Fräulein, darf sich dieses junge Dame zu ihnen setzen? Alle anderen Tische sind besetzt, nur bei ihnen ist noch ein Stuhl frei." Neben dem Kellner stand ein junges Mädchen. Eingehüllt in einen riesigen rosa Schal. Man meinte fast, vor einer rosa Wolke zu stehen. Grete zuckte zusammen. Rosa! Nicht schon wieder! Automatisch schüttelte sie den Kopf. Der Kellner sah sie entgeistert an. Im letzten Moment besann sich die Grete und machte eine einladende Handbewegung, die auf den Kellner mehr als gequält wirkte.
Das junge Mädchen setzte sich zögernd. "Ich möchte ihnen keine Umstände machen, wenn sie lieber alleine sein möchten ..." Grete unterbrach sie mit einem ungeduldigen "Ist schon gut". Schließlich konnte das arme Mädchen ja nichts für ihre Laune. 
Hoffentlich zieht sie das rosa Ding aus, dachte sie. Das kann ich nicht ertragen. Die Farbe verfolgt mich heute auf Schritt und Tritt. Grete starrte in ihr Glas. Eigentlich mochte sie ja Rosa. Sehr sogar. Nur heute war ihr die Farbe unangenehm. Den ganzen Vormittag war Susi nämlich mit irgendwelchen kleinen rosa Stramplern und Söckchen und Mützchen und Lätzchen in Gretes Büro aufgetaucht. "Ist das nicht süß, Frau Meier!"
Ach was heißt hier den ganzen Vormittag. Seit Tagen ging das nun schon so. Rosa Babysachen hier und rosa Babysachen da. Gretes vorsichtiger Einwand, dass Susi ja noch gar nicht wisse, ob es überhaupt ein Mädchen wird, hatte diese mit einer Handbewegung abgetan. "Also Frau Meier, das spürt man doch als Mutter!" 
Wenn die Grete ehrlich mit sich selber war, waren es weniger die rosafarbenen Umstände die sie immer gereizter werden ließen. Vielmehr war es dieser eine Satz, der sie auf die innerliche Palme gebracht hatte. Auf der sie nun saß und nicht mehr herunter kam. 
Der Satz hatte etwas in ihr angerührt. Etwas, was schon lange verschüttet war. Denn sie hatte ja nie die Erfahrung gemacht, was es heißt Mutter zu werden. Was man da so alles spüren würde. Und überhaupt, allzuviel Erfahrungen hatte sie bis heute mit Schwangeren nicht gesammelt.
Damals, als die Hebers ins Haus zogen, war der Luis ja schon 4 Monate alt gewesen. Und in der Firma? Na, die Berta hat keine Kinder und Heidi Seelig auch nicht. Grete runzelte die Stirn. Sie hätte ja auch ... 
Jetzt werd mal nicht sentimental, Grete. Es hat nicht sollen sein. Tante Heidi fiel ihr ein. "Grete, Grete, es gíbt noch mehr Männer. Vergiss doch endlich den Rolf und schau dich nach einem anderen um. Bevor es zu spät ist!" 
Ist es nun zu spät? Hätte ich doch lieber .... ? Grete, sei nicht albern. Du hast deine Entscheidung vor langer Zeit getroffen. Und zu spät? Ja, für Kinder auf jeden Fall. Da brauchste jetzt mit Mitte 50 nun wirklich nicht mehr dran zu denken. Aber den Rolf, den könnteste jetzt wirklich mal ad acta legen. So in der hintersten Herzensschublade versenken. Denn für ne neue Liebe ist es niemals zu spät!
Grete lachte laut auf. Hatte sie das wirklich eben gedacht? Rolf versenken? Die rosa Wolke, die ihr gegenüber saß, schaute sie verdutzt an.
Ja, schau du nur, dachte die Grete. Denk ruhig, die Alte ist bekloppt. Haste wahrscheinlich auch noch recht mit. Neue Liebe! Nee, wat fürn Driss haste dir da nun wieder ausgedacht.
Obwohl, so ganz ließ sich der Gedanke nicht verscheuchen. Wie ein kleiner Klammeraffe setzte er sich in Gretes Kopf fest. Vielleicht ... wer weiß ... du bist total bescheuert ... was soll denn der Herr Heinevetter denken ..  und wenn doch ... und überhaupt, woher nehmen? Grete schüttelte sich wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt. Lieschen! Ich muss nach Hause ... sofort. Lieschen anrufen. 










Dienstag, 16. Dezember 2014

Von Glühweinleichen und einem freudigen Ereignis

Von Glühweinleichen und einem freudigen Ereignis

Das Fräulein Grete Meier zuckte zusammen als urplötzlich Susi vor ihrem Schreibtisch stand. Ganz in Selbstmitleid versunken, hatte die Grete das Öffnen der Bürotür komplett überhört. Jegliche Nervenfaser schaltete in Sekunden auf eines. ABWEHR!
Dementsprechend grantig klang auch ihre Stimme. "Was is nu schon wieder! Hat man denn niemals Ruhe hier in diesem Büro?" Grete rieb sich ihre schmerzenden Schläfen. Was würde sie jetzt alles für ein Bett und eine Kopfschmerztablette geben ...
Susi öffnete den Mund, nur um ihn gleich darauf wieder zuzuklappen. Das schien ihr wohl ratsamer angesichts Gretes Laune. "Dann eben nicht!", brachte sie dann doch noch heraus, bevor sie sich umdrehte und fluchtartig das Vorzimmer verließ. "Scheiß was drauf!"
Ärgerlich sah Grete ihr hinterher. Doch bevor sie sich über den Ton von Susi weiter aufregen konnte, klingelte das Telefon. 
Grete fertigte den Kunden gezwungenermaßen freundlich ab und widmetet sich dann wieder hingebungsvoll ihrem Selbstmitleidsbad. Der Sekt im Büro, dann Weihnachtsmarkt, Glühwein ... Grete war es todschlecht. Erst als der Chef im Türrahmen erschien, ebenfalls mit Leichenbittermiene und ebenso unausgeschlafen wie die Grete, riss sie sich etwas zusammen. "Kaffee, Frau Meier ... stark .. und bitte, bitte, besorgen sie mir doch Kopfschmerztabletten." Sprachs und verschwand in seinem Büro.
Grete seufzte. Nun, immerhin stand sie mit ihrem Glühweinkater nicht alleine da. Der war aber auch zu lecker gewesen. So schön süß ... Grete drehte sich der Magen um. Gerade noch so schaffte sie es auf die Toilette.

"Echt jetzt, Frau Meier, sie haben gekotzt?" Herr Heinevetter grinste wie ein Schuljunge. Grete sah ihn strafend an, während sie ihm eine Tasse Tee eingoss. "Na und? Kommt in den besten Familien vor. Aber das wollte ich ihnen ja auch gar nicht erzählen."
Herr Heinevetter griff nach einem von Gretes selbstgebackenen Zimtsternen. "Was kommt denn noch? Hmmm ... lecker! Hat der Chef auch die Schüssel geküsst?"
"Soweit kommts noch!" Die Grete lachte. "Nee, nicht der Chef. Die Susi! Na, klickts bei ihnen?" Erwartungvoll beugte sich die Grete zu ihm herüber. Allerdings blickte ihr nur absolutes Nichtverstehen entgegen aus Herrn Heinevetters Gesicht. 
"Susi? Kotzen?", versuchte sie es noch einmal. 
Herr Heinevetter schüttelte den Kopf. "Was issen daran jetzt so merkwürdig. Die war doch auch mit auf dem Weihnachtsmarkt. Und die jungen Leute trinken doch auch ganz gerne mal einen über den Durst. Ist doch nix Neues. Also, ich könnte ihn da Geschichten erzählen ..."
Die Grete unterbrach ihn. "Genau das isses doch. Die Susi hat nichts getrunken. Also etwas schon. Wasser und Apfelsaft. Nur eben keinen Glühwein. Hatte mich gestern abend schon etwas gewundert, aber in dem ganzen Trubel ... "
"Na, vielleicht hat se was falsches gegessen. Was man da alles so hört. Ich könnte ihnen da Geschichten erzählen ..."
Wieder unterbrach ihn die Grete. "Papperlapapp, mit dem Essen war alles in Ordnung. Ganz bestimmt." So langsam wurde die Grete ungeduldig. "Sie sind heute aber wirklich schwer von Begriff. Nochmal von vorne. Susi, Kotzen ... na klingelts jetzt endlich?"
Immer noch völlige Verständnislosigkeit bei Herrn Heinevetter. Er zuckte mit den Schultern. "Nu sagense doch schon, was mit dem armen Ding los ist?"
Vor soviel Unwissenheit musste die Grete sich erstmal ein Zigarette anstecken. Männer, dachte sie. Typisch. Genüsslich zog sie an ihrer Zigarette und blies den Rauch theatralisch in die Luft. Dann platzte es aus ihr heraus. "Schwanger isse, unsere Susi. Im August kommt das Kindchen. Na, was sagense dazu?"
Herr Heinevetter sagte erstmal für eine Weile gar nichts. Er sah die Grete nur durchdringend an. "Und das wollte sie ihnen wohl erzählen, heute morgen im Büro? Und sie habense verscheucht? Die arme Susi, schwanger, so kurz vor der Abschlussprüfung."
Grete senkte den Kopf. "Wo ich do so Kopfschmerzen hatte", versuchte sie sich zu verteidigen. Aber im Grunde wusste sie genau, dass Herr Heinvetter nicht ganz unrecht hat.
Wenn sie so darüber nachdachte, war die Susi die ganze letzte Woche über außergewöhnlich still gewesen. Doch in der Firma geht es vor Weihnachten meist drunter und drüber und die Grete hatte überhaupt keine Zeit gehabt, sich Gedanken darüber zu machen.
"Ein glücklicher Zeitpunkt ist es ja nun wirklich nicht. Die Susi hat auch ganz schön geweint, als sie es mir dann erzählt hat. Ihr größtes Problem war allerdings der Simon, dem hatte sie nämlich noch nichts gesagt. Weil sie Angst hatte, wie er reagieren würde. Schließlich ist er ja auch noch nicht mit der Ausbildung fertig. Mädchen habe ich gesgat, Mädchen, nix wird so heiß gegessen wie Muttern es gekocht hat. Und zu so nem Baby gehören immer zwei. Also eben auch der Simon. Und jetzt trockneste dir die Tränen und dann gehste zum Simon und sagst ihm, dass er bald Windeln wechseln darf. Du wirst sehn, hab ich gesagt, der freut sich nen Loch innen Bauch. Und alles andere, das regeln wir in Ruhe nach den Feiertagen. Den Chef überlass mal mir. Jawoll, das habe ich der Susi gesagt."
"Und?" Vor lauter Aufregung zerkrümelte Herr Heinevetter eines von Gretes kostbaren Zimtsternen. Großzügig sah Grete darüber hinweg. "Und ... und ...natürlich hat sich der Simon gefreut. Ein Honigkuchenpferd war gar nichts dagegen. Und das mit dem Chef ... na, das kann warten bis nächstes Jahr. Schließlich kommt son Baby ja auch nicht über Nacht. Und von gestern is der Chef ja nun auch nicht!"






  



Dienstag, 11. November 2014

Das Fräulein Grete Meier hat Tomaten auf den Augen

Das Fräulein Grete Meier hat Tomaten auf den Augen 

Eigentlich wollte das Fräulein Grete Meier nur eine Lichterkette für den Weihnachtsbaum im Büro besorgen. Die vom letzten Jahr hatte nämlich den Geist aufgegeben. Vom letzten Jahr ist gut. Uralt isse schon die Lichterkette. So alt, dass man die Birnchen der einzelnen Kerzen nicht mehr nachkaufen konnte. So schwang sich die Grete in der Mittagspause in ihr Auto und düste in das nächstgelegene Einkaufszentrum. In der Erwartung, dass so ein Lichterkettenkauf in ein paar Minuten erledigt ist. Gab es da doch einen Woolworth. Doch Pustekuchen. Der kostenfreie Parkplatz? Rappelsvoll. Und vor dem gebührenpflichtigen Parkhaus? Eine Schlange. Endlich. Grünes Licht. Trotzdem hat die Grete ganze 15 Minuten hat gebraucht, um einen Parkplatz zu finden. Ist ja nun auch wirklich nicht leicht. Da zeigt die Anzeige der Tafel großspurig an ... 1 Parkplatz frei. Nur wo der freie Platz sich auf den drei Etagen befindet ... weiß der Geier. Grete wusste es jedenfalls nicht. Immerhin, direkt neben dem Aufzug. Und der, fuhr erst mal von der dritten Etage in die erste, dann zurück in die zweite. Grete kämpfte mit den Knöpfen, aber es half nichts. Erst nach einem nochmaligen Stopp in der dritten Etage, fuhr er wie gewünscht ins Erdgeschoss. Dort angekommen musste die Grete nach einigen Minuten verzweifelten Umherirrens, immer auf der Hut vor Döner, Coffee to go und Pommes Rot-Weiß (müssen denn alle immer ihr Mittagessen im Gehen verzehren?), feststellen, dass sich der Woolworth in der zweiten Etage befindet. Was man auch deutlich neben den Knöpfen im Fahrstuhl ablesen konnte. Wenn man denn hingeschaut hätte. Grete hatte nicht. Jedenfalls nicht so richtig. Sie hatte es eben anders in Erinnerung. Woolworth im Erdgeschoss. Eigentlich unverschämt, den Laden einfach so zu versetzen. Nur um Grete zu ärgern.
Grete prüfte noch einmal, ob der Reißverschluss ihrer Handtasche auch ja richtig geschlossen ist. Man kann ja nie wissen. Wo doch immer so viel über Handtaschendiebe in der Zeitung steht. Mit mir nicht, dachte die Grete. Mit mir nicht. Und klemmte die Tasche noch fester unter ihren Arm. So gerüstet stürzte sie sich in Getümmel. Und ein Getümmel war es wahrlich. Jeder drängelte und schubste. Vor allem in der Abteilung mit dem Christbaumschmuck war die Hölle los. Im Gang mit den Lichterketten war es etwas ruhiger und so konnte die Grete in aller Ruhe nach einer passenden Beleuchtung suchen. Was es da nicht alles gab. Kerzen mit Batterie, so ganz ohne Kabel, hatten es der Grete angetan. Doch der Preis war ganz schön happig und sprengte das Budget. Also suchte Grete weiter. Die Hongkongware war zwar recht günstig, sah aber auch dementsprechend aus. Als letztes blieb nur ein rieser Tisch übrig, angefüllt mit den verschiedensten LED Lichterketten. Na, dachte die Grete. Das ist doch mal was. LEDs sind modern und außerdem noch praktisch. Man kann diese Ketten ganz einfach im Baum verteilen, ohne dieses lästige stundenlange ausrichten der Kerzen. Grete nahm eine der großen Verpackungen in die Hand. 550 LEDs mit Fernbedienung und Farbwechsel, je nach Bedarf. Etwas kitschig vielleicht, aber da Susi und Heidi Seelig dieses Jahr auf einen weniger traditionellen Weihnachstschmuck bestanden haben, alles sollte kunterbunt sein, würde das schon passen. Grete suchte nach dem Preis. Auf der Packung war nichts vermerkt, aber mitten auf dem Warentisch prangte ein riesiges Schild. 7,99 Euro. Na, wenn das nicht ein Schnäppchen ist. Grete schnappte sich einen zweiten Karton und ab ging es zur Kasse. Schlange, was sonst. 
"Tüte?" Grete nickte. "Macht 179,80 Euro. Tüte ist gratis."

Auf dem Weg zurück ins Büro schwor sich die Grete, niemandem, aber auch wirklich niemandem davon zu erzählen.  Hundertmal hatte sie sich mindestens schon in Gedanken vor den Kopf geschlagen. Dämlich biste, Grete, aber sowas von. Und dann machste auch noch son Aufstand an der Kasse. Gott, war das peinlich als die Verkäuferin mir süffisant das Schild gezeigt hatte. AB 7,99 Euro hatte darauf gestanden. Deutlich lesbar. Hätte ich ja auch draufkommen können, dass eine Lichterkette mit 550 LEDs nicht sooo billig ist. Wer lesen kann ist eben klar im Vorteil. Nun, passiert ist eben passiert. Jetzt muss ich mir nur noch eine gute Ausrede einfallen lassen, warum ich ohne Lichterkette ins Büro zurückkomme. 







Dienstag, 16. September 2014

Das Fräulein Grete Meier will auswandern

Das Fräulein Grete Meier will auswandern

Vollkommen fertig saß das Fräulein Grete Meier an ihrem Schreibtisch. Da Susi die Türe vergessen hatte ins Schloss zu ziehen, kam sie nicht umhin zu hören, was diese der Frau Seelig auf dem Flur zurief. Das "Da gehense besser nicht rein, mit der Meier ist heute nicht gut Kirschen essen" ging ihr ganz schön unter die Haut. 
"Recht hat se ja, die Susi", dachte sie, während sie sich über die Haare strich. Die im Übrigen heute wie Spaghetti herunterhingen. Was kein Wunder war, bei den neuerdings merkwürdigen Schlafgewohnheiten der Grete. Wenn man denn überhaupt von einer Art Schlaf reden konnte. Denn meist lag die Grete hellwach und lauschte in die Dunkelheit. Dementsprechend gerädert war sie dann am nächsten Tag im Büro. Sogar der Chef ging ihr bereits aus dem Weg. Schuldbewusst starrte die Grete auf die geschlossene Tür zum Chefzimmer. "Grete, du musst was unternehmen, so geht es nicht weiter!"
Entschlossen klopfte die Grete an die Tür. Doch wie es im Leben oft genug ist, des einen Problem ruft beim anderen nur Lachanfälle hervor. So auch beim Chef, als Grete ihm schilderte, was sie seit Tagen um den Schlaf brachte. "Eine Spinne, Frau Meier, das ist doch nicht ihr ernst? Und deswegen schlafen sie Tagen unter einem Laken? Nee, Frau Meier, das ist ja zu köstlich! Alleine die Vorstellung wie sie zittternd unter einem Bettlaken liegen ..." 
Die Grete war ganz schön beleidigt. "Echt jetzt, Chef. Das ist nicht nur eine kleine Spinne. Handtellergroß ist die mit gaaanz haarigen Beinen. Und angestarrt hat die mich. Gruselig, direkt über meinem Kopfkissen hing die von der Decke runter." Grete schüttelte sich. "Total ekelig!"
"Ja in Gottes Namen, warum haben sie das Tier denn nicht entfernt? Und wenn sie das schon selber nicht hinkriegen, was ist denn mit den Herren bei ihnen im Haus. Dieser Herr Heinvetter wird ja wohl kaum vor einer Spinne Angst haben. Und Herr Heber und Herr Wenig ja wohl auch nicht!"
Grete schüttelte den Kopf. "Nee, haben die auch nicht. Zuerst habe ich ja den Herrn Heinevetter geholt. Der hat das Ding ja dann auch noch gesehen. Doch als er auf meinem Bett stand und mit seinem Schluffen draufhauen wollte, ist das Biest ab hinter den Schrank. Ich hab ihn dann als Wache dagelassen und Herrn Heber geholt. Der hat es dann allerdings nicht geschafft, den Schrank von der Wand zu rücken. Also musste Herr Wenig dann auch noch ran. Mit Marie habe ich dann erstmal den Schrank halb leer räumen müssen, damit die Herren ihn von der Wand wegbekamen. Aber das Biest war gar nicht mehr dahinter. Einfach weg war die Spinne. Wir haben die Kommoden abgerückt und alles ausgeräumt, weil Marie meinte, sie könnte sich ja auch in einer Schublade verkrochen haben. Sogar den Lampenschirm haben die runtergeholt. Nix ... spurlos verschwunden! Dabei sollte Herr Heinevetter doch aufpassen!"
Mittlerweile war Gretes Gesicht mit hektischen roten Flecken übersät, die sich langsam auf ihrem Hals ausbreiteten. Ein sicheres Zeichen für den Chef, sich nicht weiter über die Grete lustig zu machen. "Die ist bestimmt schon längst durch Flur und Wohnzimmer auf den Balkon und ab durch die Mitte", versuchte er die Grete zu beruhigen.
"Neee, neee, Chef, ganz bestimmt nicht. Die Tür vom Schlafzimmer haben wir immer zugelassen. Die muss noch da sein. Deswegen liege ich doch unter dem Laken. Krieg kaum Luft und ständig höre ich irgenwelche komischen Geräusche. An Schlaf ist da gar nicht zu denken." Grete holte tief Luft. "Chef, könnten sie nicht ... sonst muss ich auswandern!"
Der wehrte direkt ab. "Nee, Frau Meier, für eine Spinnenjagd habe ich nun wirklich keine Zeit. Sie wissen doch ...Termine, Termine ..." Ernst schaute er die Grete an. "Vielleicht ist auswandern gar keine so schlechte Idee ...!" Danach konnte er nicht anders. Er prustete vor Lachen und schlug sich auf die Schenkel.
Grete, total empört, drehte sich auf dem Absatz um und rauschte aus dem Büro. Die Tür fiel mit einem lauten Knall ins Schloss. Auswandern soll ich ... auswandern. Was fällt dem denn ein.
Wütend schnappte sich Grete ihre Tasche. Auswandern, das kannste haben. Mit einem letzten Fünkchen Verstand öffnete die Grete nochmals die Tür zum Chefzimmer. "Überstundenabbau!" Sprachs und ward für den Rest des Tages nicht mehr im Büro gesehen. 

Als Grete zuhause ankam, hatte sie sich wieder etwas beruhigt. Ein Übriges tat ein Tasse Lieschentee und eine Zigarette auf ihrem Balkon dazu. Vielleicht ist auswandern ja keine so schlechte Idee, sinnierte sie. Die Couch im Wohnzimmer ist doch im Grunde ganz bequem und ich könnte dann endlich mal wieder schlafen. 
Während die Grete schon gedanklich dabei war ihr Nachtlager vom Schlafzimmer ins Wohnzimmer zu verlegen spürte sie plötzlich etwas an ihrem rechten Fuß, der wie immer, wenn sie zuhause war, in einer offenen Birkenstockksandalette steckte.

Gretes Schrei war mit Sicherheit noch drei Straßen weiter zu hören. Immerhin hatte er die Spinne scheinbar so erschreckt, dass diese rüber zu Herrn Heinevetter floh. Den Grete die nächsten Tage ganz bestimmt nicht mehr besuchen gehen wird. So viel ist sicher.












Dienstag, 26. August 2014

Das Fräulein Grete Meier wird nominiert

Das Fräulein Grete Meier wird nominiert

"Ja, da wird ja der Hund in der Pfanne verrückt. Seid ihr denn von allen guten Geistern verlassen?" Wenn das Fräulein Grete Meier nicht so wütend gewesen wäre, hätte ihr es ihr glatt die Sprache verschlagen. Zumal nicht nur Susi und Simon an der Sauerei in der Küche beteiligt waren, sondern auch noch der Chef. Höchstpersönlich. "Also echt jetzt, Chef", empörte sich die Grete, "und das in ihrem Alter! Wo simmer denn hier, im Kindergarten?" Wenn Blicke töten könnten wäre der Chef glatt umgefallen. Und Susi und Simon gleich hinterher. Alle drei standen sie da wie begossene Pudel. Beim Chef konnte man das sogar fast wörtlich nehmen. Der war nämlich sickenass. Wie der Boden. Auf dem noch ein paar einzelne Eisklümpchen in Pfützen schwammen.

"Ja und jetzt kommts, Herr Heinevetter", erzählte die Grete später auf dem Balkon. "Das war kein Missgeschick. Die haben das mit voller Absicht gemacht. Einfach einen Eimer mit Eiswasser über den Chef gegossen, haben die zwei. Na, denen habe ich erstmal was erzählt. Von wegen Sitte und Anstand und Respekt vor dem Chef!" Noch immer aufgewühlt zog die Grete hastig an ihrer Zigarette. "Das gibt ne Abmahnung, habe ich gesagt und solange geschimpft und gezetert, bis die Susi angefangen hat zu heulen. Und dann, halten sie sich fest, habe ich die Kamera entdeckt. Die haben das doch auch noch alles aufgenommen. Sowas, ich dacht mich tritt ein Pferd!" 
Gespannt beugte sich Herr Heinevetter über die Mauer. Er mochte es, wenn die Grete sich so in Rage redet. "Und was hat ihr Chef dazu gesagt, der muss doch total fertig gewesen sein. Mein Gott, was er denn nur angestellt, dass die zwei sowas machen. Eiswasser über den Kopf schütten. Nee, nee, die heutige Jugend ..."
"Aber das war es doch", unterbrach ihn die Grete. "Der hat die dazu angestiftet. Ich bin bald aus den Latschen gekippt. Wer lässt sich denn freiwillig mit Eiswasser übergießen? Ich habe direkt seinen Puls gefühlt und wollte einen Arzt rufen. Simon musste mir das Telefon aus der Hand reißen. Ich sag ihnen, ein Tohuwabohu war das ...!
Die Grete kriegte sich noch immer nicht ganz ein. "Wie jetzt", sagte Herr Heinevetter. "Der wollte das? Und dann auch noch mit der Kamera dabei? Is der bekloppt?"
"Na, das könnense aber laut sagen. Total bekloppt. Da gibbet wohl auf facebook son Ding. Da muss man sich Eiswasser über den Kopf gießen und davon ein Filmchen machen. Und das dann da hochladen. Und wer nicht mitmacht muss was spenden. Aber alle machen mit und spenden trotzdem. Für ne gute Sache."

Grete erklärte dem Hern Heinevetter ausführlich wie das mit dem Eiswasser und dem Spenden funktioniert. Natürlich ohne zu erwähnen, dass Simon sie erst heute in die Geheimnisse dieser Eiswasser-Challenge eingeweiht hatte. Warum, wieso, weshalb ... und was es mit dieser Krankheit ALS auf sich hat, für deren Erforschung die Spenden sind. "Ja, und dat nennt man dann Challenge. Und wenn man da mitgemacht hat, muss man drei andere nominieren. Wie sone Kettenreaktion." Grete verstummte urplötzlich. 
"Und ihren Chef hat man nominiert, und deshalb ..." Herr Heinevetter lachte. "Schön blöd! Was ist denn, Frau Meier?"
Grete war nämlich ziemlich bleich geworden. Sie beugte sich zu Herrn Heinevetter rüber und flüsterte ihm etwas ins Ohr. Danach legte sie warnend den Finger auf den Mund. "Dass das aber ja unter uns bleibt!"

Keine zehn Minuten später klingelte Herr Heinvetter bei Klaus Wenig. "Hammse schon gehört ... "








Dienstag, 19. August 2014

Von Mäusen und einem Kater

Von Mäusen und einem Kater

Kaum hatte das Fräulein Grete Meier am Samstag ihren Balkon betreten, ergoss sich ein Schwall von Worten über ihr. Oh mein Gott, dachte sie, während sie sich ihre schmerzenden Schläfen rieb. Keine gute Idee! 
Obwohl sie nach klarer kühler Luft gierte, bereute sie den Schritt nach draußen sofort. Grete hatte einen Kater, und was für einen. Ein ausgewachsenes biestiges Tier, dass hartnäckig ihren Kopf malträtierte und in ihrem Magen wühlte. Und eines auf keinen Fall jetzt ertragen konnte. Herr Heinevetter. Besser gesagt seinen Redefluss. Fast schien es der Grete, als ob das Vieh davon noch mehr angestachelt würde. Und jetzt hielt der Trottel ihr auch noch eine Tasse Kaffee unter die Nase. Grete würgte. 
Endlich fiel auch Herrn Heinvetter auf, dass etwas mit Grete nicht stimmte. Ganz und gar nicht stimmte. "Was ist denn mit ihnen los, Frau Meier?", unterbrach er seine Litanei. "Und überhaupt, hammse mal auf die Uhr geguckt? Ist schon zehne durch. Ich wart schon seit mehr als einer Stunde auf sie."
Die Grete reagierte äußerst grantig. "Also ehrlich, darf man jetzt nicht mal mehr länger schlafen? Wo simmer denn hier, auffem Kasernenhof? Und nehmense bloß die Tasse weg!"
Erschrocken schaute Herr Heinevetter das Fräulein Grete Meier an. "Ja also, jetzt ... da meint es mal gut ... und dann sowas." Er stellte den Kaffee auf dem Mäuerchen, dass die Balkone trennt, ab. "Undank ist der Welten Lohn!"
Auch wenn sie jetzt gerne gelacht hätte über das beleidigte Gesicht von Herrn Heinevetter, es wollte der Grete nicht gelingen. Immerhin konnte sie ein "Ist ja schon gut" zwischen ihren Lippen herausquetschen. Dann revoltierte ihr Magen und Grete suchte schleunigst das Weite. Besser gesagt das Klo.
"Nee, neee", jammerte sie fünfzehn Minuten und eine Kopfschmerztablette später. "Und das mir! Ich werde alt, Herr Heinevetter." 
Der wusste noch immer nicht, was mit der Grete los war. Aber er hatte Geduld und wartete, bis die Grete einen Schluck Kamillentee intus hatte. Grete war ihm dankbar für die Ruhe. Nach weiteren Schlucken hatte sich ihr Magen einigermaßen beruhigt. Auch wenn der Kater immer noch einen Trommelwirbel nach dem anderen in ihrem Kopf schlug, so war die Grete zumindest wieder soweit, dass sie Herrn Heinevetter den Grund für ihre "kleine" Unpässlichkeit erzählen konnte.

Freitag, kurz vor Feierabend, war Eido in Gretes Vorzimmer gestürzt. "Wir haben Mäuse, Frau Meier. Um genau zu sein, drei Stück. Zumindest habe ich nicht mehr gesehen. Im Lager. Susi sitzt kreischend auf einem der Packtische und kommt nicht mehr herunter."
Mäuse? Im Lager? Also sowas. Und Susi, wie kommt die überhaupt aus ihrem Büro dahin? Gretes Gedanken stürzten übereinander. Ach egal was Susi da wollte, die Mäuse müssen weg und Susi vom Tisch herunter. Resolut wie immer packte die Grete Eido am Arm und eilte mit ihm ins Lager. 
"Ein Anblick für die Götter, Herr Heinevetter, wie die Susi da kreischend und zitternd auf dem Packtisch hockte. Bewaffnet mit einem Tacker und einer Rolle Paketklebeband. Zum Schießen! Na, jedenfalls haben wir dann noch die berta geholt und den Chef. Mit Pappkartons bewaffnet ist es uns dann nach einer Stunde gelungen alle drei Mäuse einzufangen. Susi ist die ganze Zeit nicht vom Tisch heruntergekommen. Erst als wir ihr mehrfach versichert haben, dass wir alle Mäuse im Hinterhof ausgesetzt haben, hat sie sich bequemt. Naja, und auf den Schreck hin und weil wir ja so erfolgreiche Mäusejäger waren, hat der Chef eine Flasche Wein spendiert. Und dann noch eine, und noch eine. Ja und dann hatten wir alle Hunger. Also haben wir den Pizzadienst gerufen. Und zu der Pizza gab es dann Rotwein, auf Kosten des Hauses. Und als der alle war, hab ich noch eine Flasche Sekt rausgerückt, die noch von Weihnachten in  meinem Büroschrank stand. Tja, und das Ergebnis sehen sie jetzt. Ich hab einen ausgewachsenen Kater."

Herr Heinevetter lachte sich kaputt. "Das letzte Glas, Frau Meier", japste er, "das letzte war ganz bestimmt schlecht!"





Dienstag, 13. Mai 2014

Das Fräulein Grete Meier und der europäische Gesang

Das Fräulein Grete Meier und der europäische Gesang 

Generell schaut sich die Grete ja mal ganz gerne Musiksendungen im Fernsehen an. Sofern es sich nicht um Sendungen handelt in denen Blasorchester spielen und Jodelattacken ihre Ohren quälen. Denn Volksmusik, nee, das ist nix für die Grete. Lediglich Andreas Gabalier hat da eine kleine Chance. Den mag sie nämlich. Aber auch erst seit dieser neuen Sendung "Sing meinen Song". 
"Der ist ja sowas von sympathisch", hat sie erst neulich der Berta Kalt im Büro vorgeschwärmt und den ganzen Tag "I sing a Liad für di" vor sich hin geträllert. Sehr zum Leidwesen von Susi. Nun, immerhin, die konnte in ihre Abteilung flüchten. Der Chef leider nicht. Aber weil er es sich nicht mit der Grete verscherzen wollte, machte er lediglich seine Bürotür zu.
Schon vor einer Woche war der Grete eine Einladung ins Haus geflattert. Besser gesagt, sie klebte mittig an ihrer Wohnungstür. Unverhofft kam sie nicht, die Grete hatte sie schon ewartet. Denn schon seit Jahren war es Tradition im Haus, dass jedes Jahr, wenn der europäische Songcontest (kurz ESC) ansteht, im Haus eine Party organisiert wird. Dieses Jahr war Marie an der Reihe, ihr Wohnzimmer zur Verfügung zu stellen.
Am Samstagabend war es dann soweit. Klaus Wenig hatte seinen Mega-Fernseher zu Marie hochgeschleppt. Denn Marie selber besitzt gar keinen Fernseher. "Ach ma Gretee, isch biin doch kaum zu ause ..." 
So nach und nach trudelten die anderen ein. Die Hebers hatten Sohn Luis zur Oma gebracht und turtelten schon im Flur miteinander. Grete sah es mit Vergnügen. Ist doch schön für die zwei, mal kinderfrei und losgelöst vom Alltag, dachte sie, während sie die Teller mit ihren mitgebrachten Schnittchen auf dem Tisch verteilte. Herr Heinevetter hatte es sich bereits in Maries Schaukelstuhl bequem gemacht und redete in einem fort auf Frau Korters ein, die in einem Sessel neben ihm saß. Und, wie Grete schmunzelnd feststellte, heimlich ans Ohr griff, um ihr Hörgerät leiser zu stellen. Grete setzte sich auf einen Stuhl, denn die Couch wollte sie den Hebers, Herrn Wenig und Marie überlassen. Letztere trippelte aufgeregt auf ihren High-Heels um Klaus Wenig herum und sah bewundernd zu ihm auf. Ist ja auch ein toller Kerl, dachte die Grete. Wäre doch super wenn die zwei ... Grete, ganz ruhig. Kuppeln is nich. Aber wer weiß, nachher, so auf der Couch, ganz dicht beieinander ...hach, wäre doch schön.
Gerade noch rechtzeitig, bevor Grete vollends in rosa Wolken versinken konnte, schaltete Klaus Wenig den Fernseher ein. Wurde auch höchste Zeit, denn in Kopenhagen war man schon startbereit. Von Kandidat zu Kandidat stieg die Stimmung in Maries Wohnzimmer. Es wurde mitgeträllert und jeder Song heiß diskutiert. Einig war man sich grundsätzlich nicht. Während Grete und Frau Korters den Beitrag aus den Niederlanden favorisierten, hing das Herz von Marie und, wie kann es auch anders sein, das von Herrn Wenig an dem deutschen Beitrag. Die Hebers dagegen waren für Herrn oder Frau Wurst ( von welcher Seite aus man es eben betrachtet). Einzig Herr Heinevetter hielt sich konsequent aus jeglicher Diskussion heraus. "Das is doch alles Mist. Ja, früher, da wurde noch richtig gesungen beim ESC. Wenn ich da noch an Conny Froboess denke ... zwei kleine Italiener!" Bei so einigen Liedern wünschte sich auch die Grete insgeheim die Conny oder den Udo Jürgens auf die ESC-Bühne zurück. 
Später, als die Votingergebnisse bekanntgegeben wurden, kochte die Stimmung nochmal so richtig hoch. Die Hebers jubelten als feststand, dass ihre "Conchita" die begehrte Trophäe erhalten würde. Marie und Klaus Wenig waren spürbar enttäuscht, dass der deutsche Beitrag kaum Punkte erhalten hatte. So ganz nachvollziehen konnte die Grete die verschiedenen Votings auch nicht. Sie gönnte es aber Österreich. Denn eigentlich war der Beitrag doch recht nett gewesen. Also gesanglich. Über den Rest mochte sie nicht urteilen. Auch nicht am nächsten Tag, als in den Zeitungen und im Internet dem Wort "Wurst" eine immense Bedeutung zugewiesen wurde.  
"Jedem Tierchen sein Pläsierchen", sagt Onkel Günther immer. Und daran hält sich die Grete. Meistens jedenfalls. 





Sonntag, 20. April 2014

Von Ostereiern und einem falschen Hasen

Von Ostereiern und einem falschen Hasen

Das Fräulein Grete Meier saß im Morgenmantel auf ihrem Balkon und genoss die Ostersonntagsruhe bei einer Tasse Kaffee und einer Zigarette. Nebenan bei Herrn Heinevetter war noch alles ruhig. So wie im ganzen Haus. Kein Wunder, denn es es war erst sechs Uhr. Grete lehnte sich auf ihrer Bank zurück und schloss die Augen. Himmlisch, diese Ruhe, dachte sie. Die Sonne legte sich wie ein leichter Seidenschal auf ihr Gesicht. 
Während die Stadt noch schlief, erwachte das Leben in Gretes Vogelhäuschen. Ununterbrochen plärrten nun die Meisenkinder nach Nahrung. Grete hatte sich fachlichen Rat geholt und einen kleinen Futterautomaten neben dem Vogelhaus installiert. Schließlich sollten die Meiseneltern bei Kräften bleiben. Grete störte das Gefiepse und Geflatter jedoch nicht im Geringsten. Die letzte Woche war so nervenaufreibend gewesen, dass sie heute nichts mehr aus der Ruhe bringen konnte. Mittlerweile konnte sie sogar schon wieder lachen. Das war ihr nämlich letzten Montag total vergangen, als sie nach der Mittagspause wieder zurück in ihr Vorzimmer wollte. Wollte, sie kam nämlich erst gar nicht bis zur Tür. Denn als sie aus dem Fahrstuhl stieg, stolperte sie als erstes über eine Kiste. Eine Kiste? Kisten soweit das Auge reichte. Bis hin zu ihrer Bürotür stapelten sich die Dinger. Mittendrin eine hilflose und heulende Susi, die händeringend in ihre Richtung blickte. "Es tut mir ja so leid Frau Meier!" Grete kämpfte sich durch die Kisten zu Susi vor. "Was um alles in der Welt ist das hier?"
Fünf Minuten und zwei Tempos später war das Fräulein Grete Meier im Bilde. Statt 1000 gefärbter Eier, die für die Belegschaft und Kunden als kleiner Ostergruß gedacht sein sollten, hatte Susi mal eben so 5000 Eier bestellt. Versehentlich natürlich. Grete konnte es nicht glauben und öffnete eine Kiste. Und noch eine. Und eine dritte. Eier, Eier und nochmals Eier. "Alles so schön bunt hier, jetzt kann Ostern kommen", rutschte es der Grete heraus. War sich aber im gleichen Moment der Katastrophe bewusst. "Mensch Susi, weißt du was das kostet? Zurückgeben können wir die garantiert nicht!" Susi heulte nun noch lauter. Grete packte sie bei den Schultern. "Nu hör mal auf! Davon verschwinden die Eier auch nicht. Hol Eido und bring auch gleich den Chef mit, der ist bei ihm im Lager."

Natürlich war der Chef stinksauer, aber Grete wusste ihn zu beschwichtigen. "Chef, kann doch jedem passieren. Ist das Kind, in diesem Fall die Eier, erstmal im Brunnen, ist es nicht wichtig, wie sie da rein gekommen sind. Wir müssen überlegen, wie wir sie da rausholen und das bitte noch vor Ostern!" Ein Plan nach dem anderen entstand und wurde wieder verworfen. Auch ein Anruf bei der Lieferfirma brachte nichts. Letzten Endes hatte dann Susi die zündende Idee. "Wir könnten die restlichen 4000 Eier an Kindergärten und Grundschulen verteilen! Statt Nikolaus mit Sack ein Osterhase mit Korb." Gespannt sah sie den Chef an. Nach kurzem Blickkontakt mit Grete segnete er die Aktion ab. "Besser verschenken, als in den Müll damit", sagte er. "Frau Meier, sie kümmern sich!"

Und Grete kümmerte sich. Sie telefonierte. Nach dem sie allen Kindergartenleitern/Innen und allen Rektoren/Innen der Grundschulen in der Stadt glaubhaft versichern konnte, dass es sich um einwandfreie Ware handelt, bekam sie die Erlaubnis für den Osterhasenbesuch. Nun musste nur noch ein entsprechender Osterhase her. Aber der war in Eido schnell gefunden. Susi sollte ihm assistieren. So ganz problemlos ging es dann doch nicht vonstatten. Denn niemand hatte ein Osterhasenkostüm in seinem Fundus. Auch der städtische Theaterkostümverleih konnte nicht helfen. Lediglich ein Bärenkostüm stand zur Verfügung.
Nun, Not macht bekanntlich erfinderisch. Susi fiel ein, dass sie noch einen Haarreif besitzt, mit rosa Hasenohren von einem Bunnykostüm. Kurzerhand wurden die Ohren von dem Bärenkostüm durch die rosa Öhrchen ersetzt. Grete trennte den rosa Puschel von Susis Bunnykostüm ab und setzte ihn kunstvoll auf der Rückseite des Bärenpopos in Szene. Ein großer Dekostrohkorb, den die Frau vom Chef beisteuerte wurde von seinen Kunstblumen befreit, österlich geschmückt und mit bunten Eiern gefüllt. Auch Susi fiel Gretes Kreativität zum Opfer. Was ihr allerdings so gar nicht schmeckte. Da sie ja im Grunde schuld an der ganzen Eieraffaire hatte, biss sie jedoch in den sauren Apfel und trottete als Biene Maja neben Eido her. Unter johlendem Gelächter der Belegschaft zogen die zwei am Mittwoch mit dem Firmentransporter los, der hochbeladen war mit den Eierkisten. Erst gegen abend kehrten sie zurück. Eierlos, und etwas zerzaust. Der falsche Hase besaß nur noch ein rosa Ohr und auch der Puschel hing lose herab."Es war so toll. Stellen sie sich vor Frau Meier, alle Kinder wollten mit Eido kuscheln, keiner hat gemerkt, dass er nur ein falscher Hase ist!" Richtig glücklich sah Susi dabei aus. Glücklich war auch die Grete. Denn kein einziger Eierkarton stand mehr im Weg. 
Von bunten Eiern hatte sie jetzt jedenfalls genug. Deshalb war sie froh, dass sie dieses Jahr ausnahmsweise über Ostern nicht zu Tante Heidi und Onkel Günther fahren würde. Die zwei haben sich nämlich in einen Kurzurlaub verabschiedet. Somit würde kein einziges Osterei ihren Weg kreuzen.

"Frohe Ostern, Frau Meier!" Grete öffnete die Augen. Herr Heinevetter hatte sich über das Mäuerchen gelehnt und hielt der Grete ein Körbchen unter die Nase. Eiersalat, dachte die Grete. Ich mach Eiersalat.





  
   



Samstag, 22. Februar 2014

Das Fräulein Grete Meier muss mit

Das Fräulein Grete Meier muss mit

Drücken gilt nicht, Frau Meier. Sie müssen mit. Unbedingt sogar. Is gut für das Betriebsklima. Nu sei mal kein Frosch, Grete. Ausreden gibbet nich. Selbst der Eido is dabei. Wird bestimmt lustig und ohne sie ...
Ohne mich, dachte die Gete, als gestern alle im Büro auf sie einredeten. Sagte dann aber, allerdings nur auf Grund des massiven kollegialen und sicherlich gutgmeinten Drucks, am Ende doch zu. Widerwillig, aber das schien keiner zu bemerken. Im Gegenteil, ihr lautes - Ja in Gottes Namen, dann komme ich eben mit - löste allgemeinen Jubel aus.

Das Fräulein Grete Meier rührte lustlos in ihrem Samstagskaffee. Selbst schuld, schimpfte sie in den beginnenden Tag hinein. Jetzt haste den Salat. 
Am liebsten hätte die Grete sich in den Allerwertesten gebissen.Weiberfastnacht nach Köln. Was für eine hirnrissige Idee. Alleine schon bei dem Gedanken blieb ihr das Rührei im Hals stecken. Grete musste würgen. Was aber nun weniger an der Tatsache lag, dass der Gedanke an diesen "Betriebsausflug" ihr derart Unbehagen bereitete, sondern vielmehr daran, dass ihr wohl der Salztopf ausgerutscht war. Grete hustete und spuckte. Nun völlig verärgert, griff die Grete nach dem Teller und das Samstagsfrühstück endete mit Schwung im Mülleimer. Was Grete jetzt brauchte, war frische Luft und eine Zigarette. 
Auf dem Balkon war es zwar noch kühl, der Himmel dafür wolkenlos und die Sonne zeigte bereits schon ihr strahlendes Gesicht. Vögel zwitscherten und während die Grete rauchte, nahm der samstägliche Frieden, der noch über der Stadt lag, langsam auch von ihr Besitz. Sätze wie - "wer A sagt muss auch B sagen" und "es gibt kein größer Leid ..." - krochen langsam von den großen Zehen bis unter die Haarspitzen. Gegenüber hielt ein Bus und im Quietschen der Bremsen vermeinte die Grete Worte von Tante Heidi zu hören. "Was immer du tust und egal wie du dich entscheidest, mach das Beste draus"
"Et kütt wie et kütt und es hätt noch immer joot jejange", palaverten die Spatzen im Tonfall von Onkel Günther. "Man soll die Feste feiern wie sie fallen!" Ja, genau das sagt er immer.  Irgendwie beruhigte das die Grete. Sehr sogar. Sie drückte ihre Zigarette aus und straffte die Schultern. Hoch erhobenen Hauptes ging sie wieder zurück in ihre Küche. Die zweite Tasse Kaffee schmeckte schon wieder richtig gut. Gretes Gedanken rotierten. Über den Sinn oder Unsinn dieses karnevalistischen Vorhabens wollte sie jetzt nicht mehr nachdenken. Fakt is Grete, du hast gesagt, dass du mitkommst. Also, brauchste jetzt erst mal ein Kostüm. Vielleicht das Clownkostüm von vor zwei Jahren? Nee, nicht wirklich. Die komische orange Perücke hatte der Grete nämlich damals den ganzen Abend verdorben. So gejuckt hatte die. Am liebsten hätte sie sich das Ding vom Kopf gerissen. Ging aber nicht, das die Frisur darunter garantiert nicht mehr vorzeigbar gewesen war. Und diese viel zu großen Schuhe erst. Ständig war sie über ihre eigenen Füße gestolpert.
Kein Clown, gut Grete. Streng deinen Grips an. Was lagert denn noch so in den Kostümkisten im Keller.  In Gedanken ging Grete alle vorhandenen Kostüme aus den letzten Jahren durch. Hexe? Nee, da ist doch der Hut kaputt.  Indianer? Bestimmt zu eng und sicher auch zu kurz. Fee? Grete, mach dich nicht lächerlich. Feenhaft gebaut biste nun ganz sicher nicht mehr.
Grete überlegte hin und her, aber so etwas wirklich Gescheites wollte ihr nicht einfallen. Was zur Folge hatte, dass sich Brüderchen Unmut wieder in Gretes Gedanken schlich. Huckepack mit Schwesterchen Selbstmitleid. Gerade noch rechtzeitig, bevor die zwei es sich so richtig gemütlich machen konnten, klingelte das Telefon. "Morgen Frau Meier, hier ist die Susi. Ich fahr gleich in die Stadt. Brauche noch ein Kostüm für Weiberfastnacht. Und da habe ich mir gedacht ... die Grete, also ich mein natürlich die Frau Meier, die hat bestimmt auch noch kein Kostüm. Stimmts?" Grete nickte stumm. " Frau Meier, sind se noch dran?" Wieder nickte die Grete. "Huhu, könnense mich hören?"
Endlich fand die Grete ihre Sprache wieder. "Klar bin ich noch da!"
"Supi Frau Meier, also was sagense, soll ich sie gleich abholen? Das wird bestimmt lustig. Wir zwei auf Kostümsuche!" Na, ob das so lustig werden würde? Grete war sich da nicht so sicher. Aber immerhin, das war eine Option. Grete sagte flugs zu. "Aber nix in Pink, hörste!"




Dienstag, 14. Januar 2014

Das Fräulein Grete Meier und ihr Unwort

Das Fräulein Grete Meier und ihr Unwort

Ja, auch das Fräulein Grete Meier hat es. Und sogar eines, das ganz allein ihr gehört. Das Unwort des Jahres. Allerdings ist es immer dasselbe. Jedes Jahr. Und es taucht immer zur gleichen Zeit auf. Nämlich in den ersten zwei Januarwochen. Immer dann, wenn das Thema Urlaubsplanung ansteht. Dafür ist die Grete nämlich im Büro verantwortlich. Der Chef zeichnet nur ab. "Frau Meier", sagt er stets, "Frau Meier, ich verlass mich da ganz auf sie. Hauptsache, die Abteilungen sind immer besetzt."
BRÜCKENTAGE - Ein Wort, dass der Grete schon Tage vorher schlaflose Nächte bereitet. Denn da will jeder irgendwie frei haben. Schon Anfang November taucht das Wort in diversen Zeitungen auf: "Wie nutzt man die Brückentage am besten" oder "Wie macht man aus dreissig Urlaubstagen durch Brückentage zweiundvierzig"
Ist ja alles schön und gut. Wertvolle Tipps. Aber in der Praxis kaum umzusetzen. Weil jeder sie haben will. Die zweiundvierzig Urlaubstage. So wie jeder an Ostern,  Karneval und zwischen Weihnachten und Neujahr frei haben möchte.
Und wie jedes Jahr, lagen schon die ersten Urlaubsanträge am zweiten Januar bei der Grete auf dem Schreibtisch. Wer zuerst kommt mahlt zuerst. Pustekuchen. Aber nicht bei der Grete. Die führt seit Jahren ganz genau Buch, wer - wann und wie oft - solche Brückentage in Anspruch genommen hat. Und obwohl jeder in der Firma darum weiß ... versuchen kann man es ja. Und wenn die Grete einen Antrag ablehnt, dann wird gebettelt und diskutiert was das Zeug hält. Als ob die Grete nicht schon genug damit zutun hätte alles zu koordinieren. Denn auch so ergeben sich manch Reibereien. Die heute vormittag sogar dazugeführt haben, dass Susi heulend vor der Grete stand.
"Wirklich, Frau Meier, es geht um mein Leben", schluchzte sie. "Ich muss über Ostern frei haben. Ich will doch mit Simon zusammen in den Urlaub fahren!" Die schwarze Wimpertusche kroch langsam ihre Wangen herab.
Ungerührt drückte ihr die Grete ein Taschentuch in die Hand. "Susi, das geht nicht. Du hast in den Herbstferien schon zwei Wochen frei. Der Simon auch. Dann müsst ihr eben in der Zeit zusammen wegfahren. Ihr seid beide noch in der Ausbildung. Könnt also nur wegen der Schule in den Ferien Urlaub nehmen. Und du hattest letztes Jahr über Ostern Urlaub. Dieses Jahr ist Kollege Wirtz dran, der hat letztes Jahr über die Ostertage gearbeitet. Und kann nicht tauschen, weil er geplant hat, zu seiner Silberhochzeit mit seiner Frau eine Schiffsreise auf der Aida zu machen. Ähnlich sieht es in der Werbeabteilung aus. Simon muss in den Osterferien Urlaub nehmen. In den Sommerferien kann er nämlich nur zwei Wochen frei machen, da sein Chef in die USA reist, auf ein Seminar. Und die Abteilung muss mindestens mit drei Leuten besetzt sein, damit der Betrieb einwandfrei läuft. Das weißt du doch!" 
Jetzt heulte Susi noch lauter. "Bitte, Frau Meier, wenn der Simon alleine fährt ... wer weiß was da alles passiert. Sonne, Strand, andere Frauen ... " Der Rest ging im Geheule unter.
Grete platzte der Kragen. "Mädchen, nun krieg dich mal wieder ein. Wo ist denn dein Vertrauen? Wenn der Simon was mit einer anderen anfangen will, dann kann er das auch während der Mittagspause machen. Dafür braucht der keine Sonne und keinen Strand. Jetzt geh mal in den Waschraum und wisch dir die Tusche aus dem Gesicht. Wenn der Simon dich nämlich so sieht, dann ... !
Was dann ist, wollte die Susi wohl nicht mehr so genau wissen, denn sie drehte sich sofort um und verschwand in Richtung Waschraum. Nicht ohne noch "Sie sind ja so gemein" zu murmeln.Was die Grete geflissentlich ignorierte. Denn dass die Susi es damit nicht ernst meinte, dass weiß die Grete ganz genau.  





Mittwoch, 8. Januar 2014

Das Fräulein Grete Meier hat auch ein Coming-out

Das Fräulein Grete Meier hat auch ein Coming-out

Mann, war das heute mittag im Büro eine hitzige Diskussion gewesen. Fast im wahrsten Sinne des Wortes. Das Fräulein Grete lachte lauthals, als sie an die Reaktion von Susi dachte, als Eido mit der Nachricht, dass Thomas Hitzlsperger schwul ist, herausplatzte. "Kam eben in den Medien. Ganz schön mutig der Kerl, das muss ich schon sagen. Öffentlich darüber zu sprechen, als ehemaliger Fußballnationalspieler!" 
"Der ist schwul?" Susis entsetzter Gesichtsausdruck sprach Bände. "Nee, das kann ich nicht glauben. Ich fand den immer total interessant und klasse. Nee, ach wirklich, Eido, sag dass das ein Scherz ist, wo ich den doch früher immer angehimmelt habe!" Eido konnte sich ein Grinsen nicht verkneifen. "Kannste doch jetzt immer noch, mein Susilein." 
"Susilein, Susilein, ich bin nicht dein Susilein. Und was den Hitzlsperger angeht. Lass man stecken. Aus und vorbei! Schlimm genug, dass ich für einen Schwulen geschwärmt habe. Damit muss ich jetzt erstmal fertig werden." Dabei schüttelte sie mit dem Kopf. 
Ein bisschen erstaunt war die Grete schon über Susis Ausbruch. Aber naja, dachte sie, ist ein junges Ding, was weiß die denn schon. Trotzdem warf sie Susi einen mahnenden Blick zu. Was Susi nicht entging ( ist bei Gretes Blicken auch nicht möglich ). Knallrot im Gesicht kramte sie verlegen in ihrer Tasche. Mittlerweile waren Eido, Frau Seelig und der Chef mitten in einer Debatte über das Für und Wider eines solchen Outings, wenn man wie der Hitzlsperger Profisportler ist. In einer Sportart, die immer noch von Männern dominiert wird. "Ist doch schon komisch", warf Heidi Seelig ein. "Im Frauenfußball stört es wahrscheinlich niemanden, wenn das ein oder andere Mädel eventuell lesbisch ist. Die duschen auch zusammen!"
Ob es hier wohl nur um gemeinsames duschen geht, sei wohl mal dahingestellt, dachte die Grete. Da spielen ganz sicher andere Gründe eine weitaus größere Rolle. Imageverlust. Nicht von Hitzlsberger, aber vom Fußball im Allgemeinen. Männersport eben, von Männern für Männer. Deutlicher, von richtigen Männern für richtige Männer. Der Chef sprach dann auch aus, was in die Richtung von Gretes Gedanken ging. Den Imageverlust betreffend. "Also, ich hab wirklich nichts gegen Schwule. Aber, wüsste ich es von einem Spieler, ich glaube ich würde statt einem Mann, der versucht ein Tor zu schießen,  nur ein tänzeldes Etwas in einem rosa Tütü sehen. Fußball ist was für Kerle und nichts für Tunten." 
Grete bekam mal wieder Kopfkino, schmunzelte, rief sich aber selber sofort zur Ordnung. "Ehrlich Chef, das ist sowas von blöde, was sie da von sich geben. Da haben wir doch schon den Grund, warum betroffene Sportler schweigen. Vorurteile, nix als falsche Vorstellungen. Als ob jeder Schwule im rosa Tütü rumläuft. Quatsch mit Soße, aber ganz gewaltig." Nach Gretes Ausbruch kannte plötzlich jeder einen der schwul ist. Und in der Tat, niemand von denen rannte geschminkt, in Frauenkleidern, Lederklamotten oder im rosa Tütü herum, geschweige denn, dass derjenige komisch redete. Was immer man halt auch als komisch bezeichnen mag. "Aber irgendwoher müssen doch all die Vorurteile kommen", wagte sich Susi noch einmal vor. 
"Klar gibt es auch Ausnahmen. Und weil die eben dann besonders hervorstechen, wird das sogleich auf alle gemünzt", antwortete ihr die Grete. "Und die Medien", führte Eido Gretes Ausführungen weiter, "die Medien unterstützen das alles noch. In vielen Filmen werden Schwule genau so dargestellt. Da werden Vorurteile doch erst recht geschürt. Überleg doch mal, deine Freundin ist doch aus Russland. Ist sie deswegen eine Prostituierte? Oder ihr Vater, den du ja auch gut kennst, ein eiskalter Killer? In fast jedem Film, werden Russen aber so dargestellt. Ein Terrorist im Film? Klar, logisch, muss natürlich ein Moslem sein. Vorurteile, nix als Vorurteile, wohin man auch schaut." 

Recht hat er, der Eido, dachte die Grete, während sie ihren verdienten Feierabendkaffee in ihrer Küche trank. Und der Hitzlsperger? Hätte er recht damit getan, wenn er sich früher goutet hätte? Hätte das seinem Seelenfrieden wirklich was genützt? Muss man sich überhaupt outen? Blödes Wort, wer das nur erfunden hat! Aber, scheint wohl IN zu sein, so ein Coming-out. Zumindest was Stars und die Presse angeht. Obwohl ... der Hitzlsperger hat das bestimmt nicht wegen der Presse gemacht. Wurde ja auch wirklich mal Zeit, dieses Tabuthema im Sport zu brechen. Grete setzte ihre Tasse ab. Schon wieder so ein blödsinniges Wort. Tabuthema. Wer entscheidet denn, ob und was tabu ist. Nee, Grete, Schluss damit, Sonst kommste aus dem Gedankenquark nicht mehr raus. Räum lieber den Tisch ab.

Das machte die Grete dann auch. Ich oute mich jetzt auch, dachte sie dabei. Als "denSpülbisMorgenStehenlasserin". Auf dem Weg zum Balkon hörte sie auf einmal aus der Wohnung über ihr ein Geräusch. Klack, klack, klackklack, klack ... klackerdiklack. Grete blieb stehen und horchte. Da, da war es schon wieder. Klack, klack, klackklack ... das wird doch wohl nicht ... Gretes Herz machte einen Sprung. Schwungvoll riss sie die Balkontür auf.  "Hamse schon gehört, Frau Meier ..."