Dienstag, 24. März 2015

Das Fräulein Grete Meier leidet mit

Das Fräulein Grete Meier leidet mit

In sich gekehrt hockte das Fräulein Grete Meier auf ihrer Couch. Trotz Decke fror sie. Da sieht man mal wieder, wie kurz das Leben sein kann. Dieser Satz von Herrn Heinevetter wollte ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf gehen. Erst war er ihr nur lose durchs Hirn getanzt, dann aber hatte er sich  festgekrallt. Aber so richtig. Bis es weh tat. So weh, dass die Grete weinen musste. Natürlich weiß die Grete ganz genau, wie schnell das Leben vorbei sein kann. Hatte es am eigenen Leibe erfahren, als ihre Eltern verunglückten. Auch wenn es schon lange her ist, manchmal denkt die Grete, dass es erst gestern passiert ist. Und doch, so im Laufe der Jahre gerät vieles in Vergessenheit. Der Alltag schleicht sich ein und mit ihm die täglichen Probleme und Ärgernisse. Im Grunde sind es alles nur Problemchen, dachte die Grete. Kleine Staubkörner, kurz aufgewirbelt. Doch was machen wir? Wir nehmen so ein Staubkorn und machen daraus einen riesigen Felsbrocken. Stehen davor und jammern was das Zeug hält. Ganz schnell summieren sich die Brocken und weil wir nicht wissen wohin damit, stapeln wir sie. Und jammern noch lauter. Dabei könnte man dieses Staubkörner ganz leicht mit einer Hand von der Tischkante fegen.
Grete seufzte. Verdammt nochmal, muss denn immer erst ein Unglück passieren, damit der Mensch aufwacht und merkt, wieviel er von seiner kostbaren Lebenszeit mit Nichtigkeiten verbringt? Sich mit Problemen beschäftigt die keine sind? Was ist denn schon ein kaputtes Auto, ein nörgelnder Chef, ein tropfender Wasserhahn oder ein Riss im neuen Mantel. Nichts. Nichts im Gegensatz dazu, dass heute 150 Menschen ihr Leben verloren haben. Urplötzlich und ohne Vorwarnung. Da fliegen 16 junge Menschen für eine Woche zu einem Schüleraustausch und kommen nicht wieder nach Hause. Da waren Mütter mit ihren Babies an Bord, deren Väter voller Freude auf die Rückkehr gewartet haben. Da stehen jetzt von 150 Menschen die Familienangehörigen und Freunde am Flughafen und müssen mit einem Verlust klarkommen. Eine ganze Schule wird traumatisiert sein.  
Man sollte nicht soviel nachdenken, lieber das beste draus machen. In jeder Sekunde. Auch das hatte Herr Heinevetter vorhin zu ihr auf dem Balkon gesagt, als sie sich über das heutige tragische Flugzeugunglück unterhielten. Und dabei hatte er ihr einen Topf mit Osterglocken rübergereicht. "Hier, riechen sie mal, so riecht Frühling"
Eine kaltherzigen Ignoranten hatte ihn die Grete daraufhin genannt und ihn einfach stehengelassen, auf dem Balkon.
Dabei hatte er doch im Grunde recht, so im Nachhinein betrachtet. Es ist unendlich traurig, was heute passiert ist. Und man sollte sich wirklich Gedanken machen, wie schnell einem auch selber so etwas passieren kann. Und die Welt und das Leben an sich mit anderen Augen betrachten. Grete schniefte wieder in ihr Tempo. Und überhaupt, als ob der gute Herr Heinevetter kaltherzig ist. Nie und nimmer. So betroffen wie der war vorhin. Grete, du dumme Pute, raff dich auf und entschuldige dich bei ihm.
Und wenn die Grete laut denkt, dann handelt sie meist auch. Die Decke landete auf dem Sessel und die Tempos im Mülleimer. Und die Grete fand sich keine 5 Minuten später im Flur wieder. Und klopfte energisch an der Tür von Herrn Heinevetter.  


 



18 Kommentare:

  1. Richtig, wie erschreckend kurz das leben
    doch sein kann... Ganz ganz schlimm was da heute passiert ist...

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    1. Hallo Anna, ja das ist es. Und auch Tage später weicht es nicht ..dieses Gefühl der Ohnmacht..
      Danke dir
      Gruß vonner Grete

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  2. Das kann ich gut nachvollziehen. Als ich im Auto davon hörte, war ich sehr bewegt. Auch mir geht das nahe, da ich vor Jahren Frau und Tochter bei Unfällen verloren habe. Und ich finde es überhaupt nicht schlimm, dass die Grete weinen musste. Ich finde es schön, wenn Menschen über so schreckliche Nachrichten nicht einfach hinweggehen, sondern vom Leid anderer noch berührt werden.

    Bewegte Grüße vom Drachen

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    1. Hallo drago, ich kann verstehen, wenn da Erinnerungen wach werden. In Gedanken bei dir.
      Gruß vonner Grete

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  3. Es ist unfassbar, in welch tiefes Leid wir in Sekunden gestürzt werden können. Da sind die aufgewirbelten Staubkörner wirklich nicht der Rede wert! Danke für den nachdenklichen Post! LG Martina

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    1. Hallo Martina.. zuerst wollte ich das Thema gar nicht berühren. Doch es hat mich einfach nicht losgelassen.
      Danke dir
      Gruß vonner Grete

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  4. Liebe Grete,
    das Leben ist so kurz - keiner weiß, wann es endet.
    Ich war auch tief ergriffen, als ich die Meldung hörte. 150 Menschenleben auf einen Schlag.
    Der Tod macht nicht halt vor Jung oder Alt. Säuglinge, die das Leben noch nicht einmal richtig erfasst hatten. Schüler, die ihr Leben noch vor sich hatten. Wieviel Hoffnungen und Wünsche wurden zerstört.
    Grete, man darf weinen - weinen um Menschenleben, die ganz abrupt endeten.
    Einen ruhigen Abend wünscht Dir
    Irmi

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    1. Vielen lieben Dank für deine Worte, Irmi...
      Gruß vonner Grete

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  5. Hey Grete. Ein schöner Post. Ich hatte heute einen krass Tag: Komme von der Beerdigung eines Schulkameraden (ja, er wurde nur 24 Jahre alt) und zu Hause empfängt mich meine Mutter mit der Nachricht, dass ein früherer Freund von mir (wir sind mit 16/17 Jahren damals ständig um die Häuser gezogen) mit in der Maschine saß. Keine Ahnung, warum ich das hier hier schreiben muss (obwohl ich beides es aus meinem Blog vollkommen raushalten will...), aber manchmal muss es einfach mal raus....
    Wünsche uns allen trotz allem einen schönen Frühlingsanfang - im Rahmen der Möglichkeiten.

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    1. Hallo EmKa, da hattest du ja wirklich keinen guten Tag. Ich hoffe, es geht dir dennoch wieder einigermaßen. Fühl dich virtuell umarmt.
      Gruß vonner Grete

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  6. Antworten
    1. Ja, das war es und das wird auch noch einige Zeit in den Knochen sitzen.
      Gruß vonner Grete

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  7. Hallo Grete,
    einerseits denke ich, wie schrecklich diese Katastrophe ist. Andererseits gehöre ich wohl auch zu derjenigen Gruppe, die nicht soviel über Katastrophen sinnieren will und aus dem, was der Tag so bringt, das beste machen will.

    Gruß Dieter

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    1. Du hast recht ...dennoch..Spuren hinterlässt es .. irgendwie
      Gruß vonner Grete

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  8. Das Leben ist kostbar, noch kostbarer wird es wenn wir leben!
    Man muss Wichtiges und Wichtigkeiten anders gewichten.
    Wichtig ist aus solchen Ereignissen zu lernen, aber der Alltag ist schnell wieder da.
    Wir sind Menschen und es menschelt nur allzu sehr. Danke für Deinen Beitrag.
    Liebe Grüße, Klärchen

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    1. Wir sind Menschen ..das hast du richtig gesagt. Mit unterschiedlichen Emotionen.
      Danke dir
      Gruß vonner Grete

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  9. Hallo Grete,
    ja, jeder geht anders damit um.
    Da Du etwas dazu geschrieben hast, habe ich zu Dir verlinkt - o.k.?
    liebe Grüße von Petra

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    1. Hallo Petra, natürlich darfst du verlinken. Schua gleich mal bei dir vorbei.
      Danke dir
      Gruß vonner Grete

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...