Dienstag, 23. Februar 2016

Von einem Brand und roten Rosen

Von einem Brand und roten Rosen 

"Oh ma Gretee, was aast du aangefaangen? Terrible!" Marie rollte nicht nur das R, sondern auch die Augen. Das Fräulein Grete Meier seufzte und stellte ihre Einkaufstasche ab. Umständlich fummelte sie ihren Haustürschlüssel aus der Handtasche. "Hätte ich mir ja denken können, dass ich nicht ungesehen ins Haus komme", murmelte sie vor sich hin. 
"Aast du was gesaagt, ma Gretee? Sag mich was passiert iist. Biist du kraank?" 
Grete drehte sich zu Marie um und schüttelte mit dem Kopf. "Nee, Marie, nur dumm!" 
Man konnte Marie förmlich ansehen, dass sie kein Wort verstand. "Bei viel dumm wird man rot? Isch verstehe nicht, ma Grete?"
Grete schloss schweigend die Tür zu ihrer Wohnung auf."Nu komm erstmal rein. Ich mach Kaffee und dann erzähle ich dir was Dummheit mit meiner Hautfarbe zutun hat."
Wenig später durchzog Kaffeeduft Gretes Küche. Marie saß still auf ihrem Stuhl und nippte an ihrer Tasse. Fasziniert betrachtete sie dabei die Grete, die ihr gegenüber saß und sich einen nassen Waschlappen auf das Gesicht drückte. Endlich legte Grete den Lappen auf den Tisch. "Ich sag dir, Marie, nie wieder. Niemals nie nicht wieder geh ich auf die Sonnenbank!"  Sie machte eine kurze Pause. "Eine ausgezeichnete Bank, hat das Fräulein gesagt. Toootal geeignet für ihren Hauttyp." Gretes Stimme ging in eine unnatürliche Tonart über. "Sie werden begeistert sein. Dreissig Minuten reichen und sie werden sich nicht mehr wiedererkennen. Ein Hautton wie sanftes Gold. Und wenn sie diese Creme vorher auftragen ... wie Samt und Seide ..." Grete ging zur Spüle und hielt den Waschlappen unter kaltes Wasser. "Also mit dem Wiedererkennen hatte sie ja dann auch recht. Schon nach fünfzehn Minuten wurde es total heiß auf der Bank. Der Bauch und der Rücken brannten wie Feuer. Grete habe ich mir gesagt, Grete, wer schön sein will muss leiden. Und, was habe ich jetzt davon? Rot wie ein Krebs bin ich. Üüüberall!" Sie setzte sich und legte sich den kalten Lappen wieder auf das Gesicht. "U .. da ..lles ..r ..gen ..olzmann .."
Marie beugte sich vor und riss der Grete den Lappen  vom Gesicht. "Isch kaann nix verstehn, ma Gretee ...!
"Wegen dem Holzmann", schnappte Grete. "Der hat mir doch glatt zum Valentinstag rote Rosen geschenkt. Na, und da hab ich ihn, so rein aus Dankbarkeit natürlich, zum Essen eingeladen. In so ein schickes Restaurant. Und die Berta hat die Tage gesagt, ich sei so blass. Und da hab ich mir gedacht ... naja. Ich wollte halt gut aussehen. Was mach ich denn jetzt nur .." 
Marie musste sich auf die Zunge beißen, sonst hätte sie laut losgelacht. "Isch weiß nicht, ma Grete ... ein bisschen Lüge viielleicht? Wie saagt man immer ... aus Noot?"
Grete nahm den Faden sofort und dankbar auf. "Gute Idee, Marie. Ich sage einfach dem Holzmann, dass ich eine schreckliche Allergie habe und wir das Essen ein paar Tage verschieben müssen. Der wird das schon verstehen. Muss er einfach ..." Grete sprach nicht weiter. Allein die Vorstellung, dass Herr Holzmann denken könnte, dass sie vielleicht keine Lust hat mit ihm essen zu gehen, und deshalb die Allergie vorschob, machte sie fertig. Na, mal sehen, dachte sie. Kommt Zeit kommt Rat. Erstmal muss ich jetzt was gegen die schmerzende Haut tun. 
Nachdem sie Marie sanft hinaus komplimentiert hatte, verzog sich Grete ins Bad. Eine halbe Stunde und eine Dose Nivea später, machte es sich die Grete, eingemummelt in ihren Bademantel, auf der Couch bequem. Eine dicke Schicht Creme zierte ihr Gesicht. Kaffee, die Bunte, eine Zigarette ... und so langsam ließ auch das Brennen nach. Was will man mehr. Nach weiteren zwanzig Minuten hatte die Grete alles um sich herum vergessen. Zumal die Bilder von Englands Königsfamilie mal wieder herzallerliebst waren. Besonders die kleine Charlotte hatte es ihr angetan. Zuckersüß. 
Sie war so in die Bilder eingetaucht, dass sie fast das Klingeln an der Tür überhört hätte. Herrjeh, hatte Marie etwas vergessen? Eilig hastete sie in den Flur und riss die Tür auf. " D ...d ...der Holzmann ..." Mehr als ein Stottern, brachte die Grete nicht über die Lippen. Ihr wurde heiß und kalt. Wenn es denn eine Steigerung von Rot geben würde, dann wäre sie jetzt, trotz der weißen Schicht Creme ... aber sowas von ...








7 Kommentare:

  1. Das ist aber ein schönes Ende und ich wette, der mag sie so wie sie ist, so ein bisschen Sonnenbrand macht da gar nichts. Herrlich und so natürlich lach....

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  2. Nicht aufhören, wenns spannend wird!!
    Herzlichst
    yase

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  3. Auch wenn es nicht zum Lachen ist, so habe ich es doch - leider.
    Herr Holzmann wird es verstehen - denn aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben. Und auf eine Sonnenbank gehe ich auch nicht mehr. Mir ist mal etwas ähnliches passiert.
    Einen schönen Abend wünscht Dir
    Irmi

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  4. aua Autsch liebe Grete, man wünschte sich, es wär nicht passiert"!° ja ja, die liebe Eitelkeit, da ist auch die Grete nicht ganz davon frei:))
    ich denke auch der liebe Heineholzmann wirds verstehen und leise lächeln denn er weiß ja und sieht warum du so hold errötet bist(wenn er nicht ganz so dumm ist) es als Kompliment für sich nehmen, dass sich die Grete das angetan hat. Ich musste schmunzeln - könnte sein dass ein Abdeckstift die die größte Rötung wieder aus dem Gesicht entzaubert und ein zauberhafter Goldton auf den Wangen zurückbleibt.
    Arme Grete und weh tuts auch....

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  5. Hi,hi. Ich kann die Grete gut verstehen. Bin mal ungeschminkt zum Aldi, hatte es eilig. Und genau an diesem Tag traf ich meinen früheren Freund. Wäre mehr als gerne in einem Mauseloch verschwunden.

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  6. Ja so etwas kenne ich auch.Manchmal denke ich erst hinterher.Bitte erzählen,wie Herr Holzmann reagiert hat.Wird das noch etwas mit den beiden.Wäre schön.
    LG Pippi

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  7. DAS ist der Schluss???? Ne, Grete!!! Wie ging es denn WEITER????

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...