Dienstag, 22. Juli 2014

Von drei Affen und einer fliegenden Tasse

Von drei Affen und einer fliegenden Tasse

"Schluss jetzt", zischte das Fräulein Grete Meier. "Aus, Ende Basta ... ich kann und will dazu nix mehr sagen und auch nix mehr hören!" Wütend schüttelte sie ihren Kopf. Und zwar derart doll, dass sich ihr Haarknoten auflöste. Herr Heinevetter stand ganz verdattert auf seinem Balkon und starrte die Grete mit offenem Mund an. Klar hatte er die Grete schon so einige Male wütend gesehen, aber so hatte er sie noch nie erlebt. Sie hielt sich sogar die Ohren zu und presste ihre Augen zusammen. Herr Heinevetter konnte nicht anders, er musste herzhaft lachen. Die Grete sah aber auch zu komisch aus, wie sie da stand, mit ihren wirren Haaren. Diese Reaktion hätte er sich wohl besser verkniffen. Grete, eh schon auf der höchsten Palme der Welt, schnappte sich eine Kokosnuss, ähm Tasse, und warf sie in  Richtung Herrn Heinevetter. Der konnte sich gerade noch ducken. Leider war die Tasse nicht leer und so ergoss sich ein Schwall kalter Kaffee, ohne Milch und Zucker versteht sich (Diät!), über Herrn Heinvetter, bevor die Tasse auf dem Boden landete und zersprang. "Also nee, Frau Meier", ereiferte sich Herr Heinevetter. "Jetz is aber ma gut. Wat hammse denn nur? Aufregen ist die eine Sache, aber mit gefährlichen Waffen umsichschmeißen, das geht ja nu gar nich! Ich hätte tot sein können! Ja, hätte ich, mausetot!"
Ehe er weitersprechen konnte mischte sich Klaus Wenig von unten in das Gespräch ein. "Was ist denn da oben los, Frau Meier. Ich wollte vor dem Nachtdienst noch eine Mütze Schlaf tanken. Is nur nicht möglich bei dem Krach." 
Die vorwurfsvolle Stimme von Herrn Wenig holte die Grete sofort von ihrer Palme runter. Schuldbewusst beugt sie sich über das Geländer. "Tut mir echt leid, Herr Wenig, mir sind alle Pferde durchgegangen. Aber schuld ist der Herr Heinevetter. Der konnte einfach nicht aufhören." Ein Blitz aus Gretes Augen schoss Richtung Nachbarbalkon. Instinktiv duckte sich Herr Heinevetter wieder. "Bitte, Frau Meier, nicht noch eine Tasse", bettelte er. "ich bin ja schon ruhig. Auch wenn ich nicht so genau weiß, was ich falsch gemacht habe." Wie er da so gebückt stand und die Grete treuherzig anschaute, wurde die Grete mit einem Mal ganz ruhig. "Is schon gut, Herr Heinevetter, sie haben nix falsch gemacht. Die ganze Welt ist momentan verkehrt und es bringt mich zur Verzweiflung, dass man da nix gegen tun kann. Alle reden se immer nur, die Merkel, der Putin, der Obama und wie se noch alle heißen, die Herren und Damen der, ach so großen, Politik. Und nicht nur die. In der Bahn, im Büro, beim Bäcker, anne Kasse im Edeka, immer nur reden, reden, reden. Bringt dat wat? Ich bin schon ganz dusselig im Koppe davon. Machste das Radio an, Terror, Bomben und Tote. Fernseher, dito. Zeitungen, Internet, alles nur Mist. Und als sie dann auch noch davon anfingen, hab ich es einfach nicht mehr ertragen!" Grete traten die Tränen in die Augen. "Wo simmer nur gelandet? Wo und wann ist uns die Menschlichkeit abhanden gekommen? Ist nicht alles schon schlimm genug, muss man dann auch noch die Toten ausrauben? Ich schäme mich fast, ein Mensch zu sein!"
Also das war es, was die Grete so auf die Palme gebracht hatte. Herr Heinevetter schluckte. "Na, ich wollte doch nur mit ihnen darüber reden. Gar nichts wissen wollen, bringt doch aber auch nix. Sie können nix für die Taten anderer und ich auch nicht. Manchmal denke ich, sollense sich doch die Köppe einschlagen, wenn se unbedingt wollen, was geht´s mich an? Aber das ist ein dummer Gedanke. Geht uns alle an. Irgendwie. Auch wenn wir nicht direkt mittendrin hängen. Ob sie oder ich an der Dummheit und Borniertheit einiger Menschen was ändern können? Keine Ahnung. Vielleicht, wenn mans verstehen könnte, warum und wieso!
"Ach, Herr Heinevetter", antwortete die Grete resigniert. "Verstehen, nee, das ist mir alles zu hoch und ich glaube, selbst wenn, käme ich nicht weiter.  Da geht es um Land, oder noch mehr Land, um Macht und Geld,  um die "richtige" Religion, oder die "richtige" Hautfarbe. Und dafür wird getötet. Da gibbet doch nix zu verstehen. Alles keine Gründe um jemandem das Leben zu nehmen. Eigentlich gibt es dafür nie nicht niemals einen Grund. Punkt!"
Grete griff sich in ihre Haare und richtete ihren Knoten. "Und nu, Herr Heinevetter, sammelnse mal die Scherben auf. Dann kommense rüber auf ein Tässchen Kaffee. Ich hab noch Haferflockenkekse." Grete streckte ihm die Hand entgegen."Friede?"



4 Kommentare:

  1. Da freu ich mich aber, dass die Grete so ein Drachen-Temperament hat. Und die grenzenlose
    Dummheit von Homo sapiens sapiens ist ja auch zum Durch-die-Decke-gehen. Guter Text!

    Gruß vom Drachen

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  2. Pointiert wie immer und ich mag Menschen mit dem Herz am rechten Fleck, die frei von der Leber heraus ihre Meinung sagen, so wie die Grete ;-)
    Liebe Grüße,
    Kebo

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  3. Recht haste liebe Grete,ich kann es auch alles nicht mehr hören und verstehen tue ich es erst recht nicht.
    Liebe Grüße Pippi

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  4. das herz auf dem rechten Fleck und bei den Themen läuft einem die Gosch eben auch mal über!..Klasse - richtig so, sollten noch mehr machen, ändert sich zwar nix danach aber man lässt wenigstens dampf ab, wie wärs mit ner Pedition an Mama Merkeline...?
    oder meinste das hilft auch nicht?
    Guter text, aber sicher....!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!! ich unterschreibe auch mit!.

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...