Dienstag, 20. Januar 2015

Von rosa Albträumen und einer Erkenntnis

Von rosa Albträumen und einer Erkenntnis 

Das Fräulein Grete Meier saß am Montagnachmittag mutterseelenallein in ihrem LieblingsMittwochnachmittagsLieschenCafe und nippte an einem Glas Procecco. Nippte und grummelte. Grummelte und nippte. Zweimal war der Kellner schon bei ihr gewesen und hatte nachgefragt, ob denn mit dem Fräulein alles in Ordnung sei. Keinen Kuchen, keinen Kaffee, nichts dergleichen wollte die Grete haben. Das war schon recht ungewöhnlich. Zumal heute frischer Apfelkuchen auf der Karte stand. "Isst das Fräulein doch sonst immer. Zwei Stücke. Mit Sahne!" Der Kellner war wirklich besorgt und ließ, trotzdem das Cafe gut gefüllt war und die Gäste seine ganze Aufmerksamkeit benötigten, die Grete nicht aus den Augen.
Die bemerkte das nicht einmal vor lauter Grummelei. Erst als er sie ein drittes Mal ansprach reagierte sie und sah auf. "Fräulein, darf sich dieses junge Dame zu ihnen setzen? Alle anderen Tische sind besetzt, nur bei ihnen ist noch ein Stuhl frei." Neben dem Kellner stand ein junges Mädchen. Eingehüllt in einen riesigen rosa Schal. Man meinte fast, vor einer rosa Wolke zu stehen. Grete zuckte zusammen. Rosa! Nicht schon wieder! Automatisch schüttelte sie den Kopf. Der Kellner sah sie entgeistert an. Im letzten Moment besann sich die Grete und machte eine einladende Handbewegung, die auf den Kellner mehr als gequält wirkte.
Das junge Mädchen setzte sich zögernd. "Ich möchte ihnen keine Umstände machen, wenn sie lieber alleine sein möchten ..." Grete unterbrach sie mit einem ungeduldigen "Ist schon gut". Schließlich konnte das arme Mädchen ja nichts für ihre Laune. 
Hoffentlich zieht sie das rosa Ding aus, dachte sie. Das kann ich nicht ertragen. Die Farbe verfolgt mich heute auf Schritt und Tritt. Grete starrte in ihr Glas. Eigentlich mochte sie ja Rosa. Sehr sogar. Nur heute war ihr die Farbe unangenehm. Den ganzen Vormittag war Susi nämlich mit irgendwelchen kleinen rosa Stramplern und Söckchen und Mützchen und Lätzchen in Gretes Büro aufgetaucht. "Ist das nicht süß, Frau Meier!"
Ach was heißt hier den ganzen Vormittag. Seit Tagen ging das nun schon so. Rosa Babysachen hier und rosa Babysachen da. Gretes vorsichtiger Einwand, dass Susi ja noch gar nicht wisse, ob es überhaupt ein Mädchen wird, hatte diese mit einer Handbewegung abgetan. "Also Frau Meier, das spürt man doch als Mutter!" 
Wenn die Grete ehrlich mit sich selber war, waren es weniger die rosafarbenen Umstände die sie immer gereizter werden ließen. Vielmehr war es dieser eine Satz, der sie auf die innerliche Palme gebracht hatte. Auf der sie nun saß und nicht mehr herunter kam. 
Der Satz hatte etwas in ihr angerührt. Etwas, was schon lange verschüttet war. Denn sie hatte ja nie die Erfahrung gemacht, was es heißt Mutter zu werden. Was man da so alles spüren würde. Und überhaupt, allzuviel Erfahrungen hatte sie bis heute mit Schwangeren nicht gesammelt.
Damals, als die Hebers ins Haus zogen, war der Luis ja schon 4 Monate alt gewesen. Und in der Firma? Na, die Berta hat keine Kinder und Heidi Seelig auch nicht. Grete runzelte die Stirn. Sie hätte ja auch ... 
Jetzt werd mal nicht sentimental, Grete. Es hat nicht sollen sein. Tante Heidi fiel ihr ein. "Grete, Grete, es gíbt noch mehr Männer. Vergiss doch endlich den Rolf und schau dich nach einem anderen um. Bevor es zu spät ist!" 
Ist es nun zu spät? Hätte ich doch lieber .... ? Grete, sei nicht albern. Du hast deine Entscheidung vor langer Zeit getroffen. Und zu spät? Ja, für Kinder auf jeden Fall. Da brauchste jetzt mit Mitte 50 nun wirklich nicht mehr dran zu denken. Aber den Rolf, den könnteste jetzt wirklich mal ad acta legen. So in der hintersten Herzensschublade versenken. Denn für ne neue Liebe ist es niemals zu spät!
Grete lachte laut auf. Hatte sie das wirklich eben gedacht? Rolf versenken? Die rosa Wolke, die ihr gegenüber saß, schaute sie verdutzt an.
Ja, schau du nur, dachte die Grete. Denk ruhig, die Alte ist bekloppt. Haste wahrscheinlich auch noch recht mit. Neue Liebe! Nee, wat fürn Driss haste dir da nun wieder ausgedacht.
Obwohl, so ganz ließ sich der Gedanke nicht verscheuchen. Wie ein kleiner Klammeraffe setzte er sich in Gretes Kopf fest. Vielleicht ... wer weiß ... du bist total bescheuert ... was soll denn der Herr Heinevetter denken ..  und wenn doch ... und überhaupt, woher nehmen? Grete schüttelte sich wie ein Käfer, der auf dem Rücken liegt. Lieschen! Ich muss nach Hause ... sofort. Lieschen anrufen. 










6 Kommentare:

  1. Nachdenklich machend - solche Gedanken kommen wohl jedem einmal und ein wenig Selbstmitleid ist auch dabei. Es sind die verpassten Gelegenheiten, die nicht wieder kommen. Hätte ich doch nur...... Die Grete hat das schon alles richtig gemacht. Wenn Susis Baby da ist, wird sie ein wenig Anteil nehmen und alles wird gut. Spätestens wenn das Baby nachts nicht schläft und immer schreit wird sie froh sein, ihre Nächte in Ruhe genießen zu können. Vielleicht kommt ja auch noch eine neue Liebe - wer weiß?

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  2. Da kann der Drache mitfühlen. Der hatte zwar immer ein geliebtes Drachenweibchen, aber für Nachwuchs ist er - der Drache - nicht geeignet. Geht halt nicht. War der Drache auch manchmal traurig, zumindest sehr nachdenklich. Nur seine Liebe "versenken" - da weiß er nicht, wie das geht. Musste er nie machen. Aber der Drache hat beim Lesen - wie der Kellner - angefangen, sich Sorgen zu machen. Keinen Apfelkuchen - da läuft was ziemlich schief. Aber jetzt ist ja klar, was. Deshalb muss jetzt hier auch ein Drachenrat erfolgen: Immer offen sein für die Liebe! Hat man den Richtigen gefunden, ist es sowieso leicht. Und fehlt er noch, dann ist es umso wichtiger. Der kommt schon noch. Nachwuchs hin oder her.

    Liebe Grüße vom Drachen

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  3. Ach Grete, weißt du was: Lass es doch einfach auf dich zukommen. Es kann ja nur geschehen, wenn du die Augen, Ohren und dein Herz offen hältst. Und wer weiß, wer weiß, was da noch alles kommt!!! Erzählst du uns davon, wenn 'es' passiert?!?!? LG Martina

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  4. Ja liebe Grete manchmal muss man es einfach auf sich zukommen lassen und dann wenn man gar nicht damit rechnet passiert es, Frau verliebt sich, das Alter spielt dabei keine Rolle, so ist es jedenfalls bei mir gewesen. Ich wollte als ich noch alleine war gar keine Kinder, um mich herum hatten alle bereits einen Ehemann und waren schwanger. Ich konnte das manchmal auch nicht haben. Erst als ich dann mit Ü30 meinen Mann kennengelernt habe kam dann doch der Wunsch nach einem Kind, denn irgendwie weiß man dann auch dass einem die Zeit davonläuft. Nun ist der Lütte gerade 18 geworden, Kinder wie die Zeit vergeht...

    Herzlichst
    die Kerstin

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  5. na Du, klar habe ich was zu sagen! ;)
    Nicht übers Kinderkriegen, nee - will ich grad nicht.
    Aber mit Träumen kenne ich mich sowas von aus, die passieren nämlich ganz von allein, sogar rosa Albträumen kann man noch was Positives abgewinnen. Das sind alles Geschichten, die sich diese graue Masse hinter der Schädeldecke ganz von allein ausdenkt. Ich muss überhaupt nichts machen, brauche sie nur auf- bzw. abzuschreiben. Coole Sache, Geld verdienen im Schlaf. Na gut, bis dahin dauert es noch ein paar Nächte, ich mach das ja erst seit ein paar Tagen, nicht das Schreiben, sondern das Träumeaufschreiben. Mit etwas Übung kann ich sogar der Regisseur meiner eigenen Traumgestalten sein, sag denen wo es lang geht und träume (wenn es klappt) in Fortsetzungen. Mach sich gut, wenn ein Traum besonders schön war, oder -wie letztens- als ich von Gott träumte, obwohl ich gar nicht an Gott glaube. Aber ich wüsste schon gern, wie der aussieht...
    http://zaubertraumtagebuch.blogspot.de/2015/01/gott-ist-ein-pizzabacker.html

    Weißt Du es?

    Traumzauberhafte Grüße ans Fräulein Grete von Claudia

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  6. die Grete hat schon recht, auch wenn es einen gar manchmal ein wenig traurig und melancholisch macht wenn man so in einer stillen Stunde über sein Leben und eventuell verpasste Gelegenheiten nachdenkt, (dafür sind die gedanken schließlich da) - dass sie herumwandern,
    verpasste gelegenheiten kann man ja nu leider wirklich nicht zurückholen,
    aber die Liebe, sieses unberechenbare DING das uns manchmal urplötzlich überfällt und zwar so, das man sich nicht darüber wehren kann, für die isses doch nie zu spät. Wenn se kommt, nimmste sie und wenn nicht, naja, dann isses auch nicht schlimm, dann fokkusiert man se halt auf was anderes...
    herzlichst Angel...

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...