Mittwoch, 21. Mai 2014

Das Fräulein Grete Meier fährt zu Lieschen

Das Fräulein Grete Meier fährt zu Lieschen 

Das Fräulein Grete Meier stand Dienstagmorgen auf ihrem Balkon und schäumte förmlich über vor Fröhlichkeit und Tatendrang. Keine Minute konnte sie stillstehen. Und das, obwohl sie nachts kein Auge zu getan hatte. Aus gutem Grund, übrigens. 
Herr Heinevetter konnte nicht anders. Er lachte sich schier kaputt über die Grete. Doch die bemerkte in ihrem Überschwang rein gar nichts. Auch nicht, dass aus ihrem Mund bestimmt schon zum hundertsten Mal ein "Ich freu mich ja so" in die Welt hinaus tönte.
Eigentlich war es Herr Heinevetter ganz recht so. Denn gestern hatte die Welt für Grete noch rabenschwarz ausgesehen. Und wenn die Grete schwarz sieht, dann ist sie kaum zu genießen.
Schwarz deshalb, weil nichts geklappt hatte. Was natürlich Quatsch war, es ging der Grete einfach alles nicht schnell genug. Und schnell musste es gehen, denn viel Zeit hatte die Grete weder zum Überlegen noch zum Planen gehabt, seit am Samstag das Lieschen angerufen hatte.

"Grete", hat das Lieschen gesagt, "Grete, wenn de jetzt Urlaub hast für drei Wochen, dann kommste zu mir. Ausreden gibbet nich. Das Gästezimmer ist fertig renoviert und eingerichtet. Es schreit förmlich nach dir. Nu, was sagste?"
Sagen konnte die Grete daraufhin erstmal nix. Nur mechanisch mit dem Kopf nicken. Erst nachdem das Lieschen am Bildschirm wild mit den Armen fuchtelte und ein langgezogenes "Greeete, biste noch da, nu sag schon, kommste?" aus ihren Kopfhörern drang, reagierte sie. "Echt jetzt, ach Lieschen, das wär so toll. Aber so schnell, so ganz ohne Plan? Lieschen wie stellste dir das vor?" 
Lieschen beugte sich am Bildschirm vor. Fast sah es aus, als wolle sie der Grete tief in die Augen blicken. "Na ganz einfach. Koffer packen und ab zum Bahnhof am Mittwoch. Das wirste ja wohl noch schaffen. Hermann holt dich in Venedig ab."
Nun war die Grete vollends überfordert. "Ja aber ... " Weiter kam sie nicht. "Nix mit aber. Du kommst, basta!"
Grete ließ nicht locker. "Aber der Zug. Fährt da überhaupt einer bis nach Venedig?  Und eine Fahrkarte brauche ich doch auch. Und Sonnenmilch und ich habe keinen Badeanzug. Wie ist das Wetter überhaupt bei euch? Kann man Baden? Und was ist mit meinen Blumen? Ach herrjeh Lieschen, das geht doch alles gar nicht!" Vor lauter Aufregung klickte die Grete wild mit der PC-Maus rum und Zack - war die Verbindung abgebrochen. Ganze fünf Minuten dauerte es, bis das Lieschen wieder in voller Pracht auf dem Bildschirm erschien.  "Grete, nu mal ganz ruhig. Da ich dich kenne, habe ich bereits alles organisiert. Schau mal in deine E-mails. Ich geh derweil eine Zigarette rauchen." Und schon war sie aus Gretes Blickfeld verschwunden. Nur ein leerer Stuhl war noch zu sehen und die bunten Bilder an Lieschens Wohnzimmerwand.  
Grete hielt kurz die Luft an, dann öffnete sie todesmutig ihren E-mailaccount. Und tatsächlich da war sie. Eine mail von Lieschen. Mit Dateianhang. Grete schwirrte beim Lesen der Kopf. Lieschen hatte aber auch an alles gedacht. Von der Abfahrtszeit am Bahnhof  über Zugnummer, Sitzplatzreservierung und Ankunftszeit in Venedig, war alles beschrieben. Selbst Marie hatte das Lieschen kontaktiert. Die würde sie pünktlich zum Bahnhof bringen. Der Dateianhang entpuppte sich als Onlinefahrkarte der DB. Einmal Venedig "Hin und Zurück".
Grete saß noch immer perplex vor ihrem PC, als Lieschen lachend wieder auftauchte. "Und, was sagste. Du siehst, Kneifen geht nicht. Alles schon gebucht und bezahlt. Hab ich übrigens schon vor drei Wochen gemacht. Supersparticket der Bahn."
Grete blieb nichts anderes übrig, als zu allem Ja und Amen zu sagen. Nachdem die letzten Einzelheiten besprochen waren und Lieschen aufgelegt hatte, brauchte die Grete noch eine ganze Weile um sich zu erholen. Aber dann ... siegte die Freude über ein Wiedersehen mit Lieschen und Grete kam so richtig in Fahrt. Ihr erster Weg führte zu Marie. Eigentlich wollte sie mit ihr schimpfen, weil Marie ihr nichts gesagt hat. Doch vor lauter Freude umarmte sie das Mädchen nur.

Den ganzen Sonntag war Grete mit Wäschewaschen und Kofferpacken beschäftigt. Dabei stellte sie fest, dass noch soviel besorgt werden musste. Vor allem ein Badeanzug und sommerliche Hosen. Herr Heinevetter wurde engagiert, sich Gretes Blumen anzunehmen und natürlich mussten auch Onkel Günther und Tante Heidi informiert werden. Soweit so gut.
Am Montag begann das Drama Badeanzug. Sie nahm Herrn Heinvetter mit in die Stadt, weil er sich ein paar neue Hemden kaufen wollte.  Hätter er geahnt, was auf ihn zukommen würde, er wäre morgens erst gar nicht aufgestanden. Entweder gefiel ein Modell nicht, oder es war nicht in Gretes Größe vorhanden. Die Zeit rann der Grete durch die Finger und immer mehr dunkle Wolken zogen, zusätzlich zu der Sorge um den passenden Badeanzug, an Gretes Horizont auf. Was wenn ich den Zug verpasse? Und wenn Hermann nicht pünktlich ist? Der Zug könnte auch entgleisen. Oh Gott, man hört ja soviel von Gepäckdieben. Dann steh ich in Burano und hab nix anzuziehen. Zwölf Stunden Zugfahrt, wie soll ich das Überleben mit meinem Rücken?  Und wenn was in der Firma ist und ich bin nicht zu erreichen? Drei Wochen sind eine lange Zeit ...  
Irgendwann war Grete so geschafft und konfus, dass sie nicht mehr klar denken konnte. "Grete, komm runter, trink mal einen Kaffee", dachte sie. Gedacht, getan, Grete gönnte sich mit Herrn Heinevetter im Schlepptau einen spontanen Kaffee in ihrem MittwochsLieschenCafe. Dort kamen so schnell Erinnerungen an Lieschen und die wunderbaren Mittwochnachmittage hoch, die sie hier verbracht hatten, dass Grete von Minute zu Minute ruhiger und gelöster wurde.
Eine Stunde später war ein Badeanzug gefunden, was Herr Heinevetter mit einem erleichterten "Na endlich" kommentierte, und Grete düste mit dem knallbunten Ding in ihrer Tasche nach Hause. 
"Lieschen, ich komme!", jubelte sie lauthals, als das Schloss des gepackten Koffers mit einem satten Geräusch zuschnappte. 












Dienstag, 13. Mai 2014

Das Fräulein Grete Meier und der europäische Gesang

Das Fräulein Grete Meier und der europäische Gesang 

Generell schaut sich die Grete ja mal ganz gerne Musiksendungen im Fernsehen an. Sofern es sich nicht um Sendungen handelt in denen Blasorchester spielen und Jodelattacken ihre Ohren quälen. Denn Volksmusik, nee, das ist nix für die Grete. Lediglich Andreas Gabalier hat da eine kleine Chance. Den mag sie nämlich. Aber auch erst seit dieser neuen Sendung "Sing meinen Song". 
"Der ist ja sowas von sympathisch", hat sie erst neulich der Berta Kalt im Büro vorgeschwärmt und den ganzen Tag "I sing a Liad für di" vor sich hin geträllert. Sehr zum Leidwesen von Susi. Nun, immerhin, die konnte in ihre Abteilung flüchten. Der Chef leider nicht. Aber weil er es sich nicht mit der Grete verscherzen wollte, machte er lediglich seine Bürotür zu.
Schon vor einer Woche war der Grete eine Einladung ins Haus geflattert. Besser gesagt, sie klebte mittig an ihrer Wohnungstür. Unverhofft kam sie nicht, die Grete hatte sie schon ewartet. Denn schon seit Jahren war es Tradition im Haus, dass jedes Jahr, wenn der europäische Songcontest (kurz ESC) ansteht, im Haus eine Party organisiert wird. Dieses Jahr war Marie an der Reihe, ihr Wohnzimmer zur Verfügung zu stellen.
Am Samstagabend war es dann soweit. Klaus Wenig hatte seinen Mega-Fernseher zu Marie hochgeschleppt. Denn Marie selber besitzt gar keinen Fernseher. "Ach ma Gretee, isch biin doch kaum zu ause ..." 
So nach und nach trudelten die anderen ein. Die Hebers hatten Sohn Luis zur Oma gebracht und turtelten schon im Flur miteinander. Grete sah es mit Vergnügen. Ist doch schön für die zwei, mal kinderfrei und losgelöst vom Alltag, dachte sie, während sie die Teller mit ihren mitgebrachten Schnittchen auf dem Tisch verteilte. Herr Heinevetter hatte es sich bereits in Maries Schaukelstuhl bequem gemacht und redete in einem fort auf Frau Korters ein, die in einem Sessel neben ihm saß. Und, wie Grete schmunzelnd feststellte, heimlich ans Ohr griff, um ihr Hörgerät leiser zu stellen. Grete setzte sich auf einen Stuhl, denn die Couch wollte sie den Hebers, Herrn Wenig und Marie überlassen. Letztere trippelte aufgeregt auf ihren High-Heels um Klaus Wenig herum und sah bewundernd zu ihm auf. Ist ja auch ein toller Kerl, dachte die Grete. Wäre doch super wenn die zwei ... Grete, ganz ruhig. Kuppeln is nich. Aber wer weiß, nachher, so auf der Couch, ganz dicht beieinander ...hach, wäre doch schön.
Gerade noch rechtzeitig, bevor Grete vollends in rosa Wolken versinken konnte, schaltete Klaus Wenig den Fernseher ein. Wurde auch höchste Zeit, denn in Kopenhagen war man schon startbereit. Von Kandidat zu Kandidat stieg die Stimmung in Maries Wohnzimmer. Es wurde mitgeträllert und jeder Song heiß diskutiert. Einig war man sich grundsätzlich nicht. Während Grete und Frau Korters den Beitrag aus den Niederlanden favorisierten, hing das Herz von Marie und, wie kann es auch anders sein, das von Herrn Wenig an dem deutschen Beitrag. Die Hebers dagegen waren für Herrn oder Frau Wurst ( von welcher Seite aus man es eben betrachtet). Einzig Herr Heinevetter hielt sich konsequent aus jeglicher Diskussion heraus. "Das is doch alles Mist. Ja, früher, da wurde noch richtig gesungen beim ESC. Wenn ich da noch an Conny Froboess denke ... zwei kleine Italiener!" Bei so einigen Liedern wünschte sich auch die Grete insgeheim die Conny oder den Udo Jürgens auf die ESC-Bühne zurück. 
Später, als die Votingergebnisse bekanntgegeben wurden, kochte die Stimmung nochmal so richtig hoch. Die Hebers jubelten als feststand, dass ihre "Conchita" die begehrte Trophäe erhalten würde. Marie und Klaus Wenig waren spürbar enttäuscht, dass der deutsche Beitrag kaum Punkte erhalten hatte. So ganz nachvollziehen konnte die Grete die verschiedenen Votings auch nicht. Sie gönnte es aber Österreich. Denn eigentlich war der Beitrag doch recht nett gewesen. Also gesanglich. Über den Rest mochte sie nicht urteilen. Auch nicht am nächsten Tag, als in den Zeitungen und im Internet dem Wort "Wurst" eine immense Bedeutung zugewiesen wurde.  
"Jedem Tierchen sein Pläsierchen", sagt Onkel Günther immer. Und daran hält sich die Grete. Meistens jedenfalls. 





Mittwoch, 7. Mai 2014

Gretes Senf am Mittwoch (07.05.14)

Gretes Senf am Mittwoch (07.05.14) 

Geiz ist geil - mittlerweile kennt wohl jeder vom Kleinkind bis zum Greis diesen Spruch. Und immer bietet diese kleine Werbezeile Anlass für Diskussionen. Oft genug auch im Zusammenhang Internetkauf versus Händler vor Ort. Versteht mich nicht falsch. Ich bin kein Krösus, zähle mich zu Otto-Normalverbraucher. Doch nur weil die Butter in den diversen Discountern eventuell eine paar Cent billiger ist als im Edeka umme Ecke, setz ich mich nich ins Auto. So gerne geh ich eh nicht einkaufen, da muss ich also nicht noch unbedingt zehn Läden abklappern um ein paar Cent einzusparen. Da bin ich lieber ungeil. Mein Kaufverhalten hält sich ungefähr die Waage. Einiges wird im Internet erworben, aber vieles doch beim jeweiligen Händler vor Ort. Je nach dem, wie es passt. Und was praktischer für mich ist. Bei den meisten Einkäufen habe ich im Nachhinein festgestellt, dass es kaum einen Preisunterschied macht. Egal ob ich etwas bestelle oder in der Stadt beim Fachhändler besorge. Ergo habe ich mir auch nie großartig Gedanken gemacht, sondern mich eher bei Diskussionen in diese Richtung auf die Seite der Einzelhändler geschlagen. Bis zu dem Zeitpunkt als feststand, dass für einen Umzug so ziemlich alle Möbel neu, Tapeten, Farben und Bodenbeläge gekauft werden mussten. Da bei mir nix ohne vernünftige Planung geht, wurde zuerst ein Plan aufgestellt. Was ist an Mammon da, was brauche ich und wieviel darf es kosten. Denn wie gesagt ... Krösus? Nein! 
Fakt war dann, dass die neue Küche schon etwas mehr verschlang, als ursprünglich gedacht. Und, es stellte sich heraus, das auch noch das Sofa neu musste. Dafür war aber  kein Budget vorgesehen. Also, was tun. Das alte, was farblich überhaupt nicht passt mitnehmen, oder woanders kürzen. Da ich ja so gerne immer alles passend haben will, musste also irgendwo gekürzt werden. Nur wo anfangen? Zumal ich mir schon so viel ausgesucht hatte. Und jetzt alles umwerfen und andere, günstigere Möbel und Tapeten kaufen, wollte ich nun auch nicht. Zuerst wurden also nochmals alle Fachgeschäfte (Malerbedarf etc.) und Möbelhäuser in der Umgebung (bis 100 km) abgeklappert. Preise aufgeschrieben und verglichen. Dann setzte ich mich an den PC und surfte mich durch zig Internetshops. Ich will es kurz machen.

Schieberegal: statt im Möbelhaus direkt auf der Internetseite des deutschen Herstellers gekauft (Versandkosten keine) 100,00 gespart.
Schreibtisch ebenso 80 Euro gepart. 
3 Bilder statt aus der Dekoabteilung des Möbelhauses bei amazon (wohlgemerkt die gleichen) 40 Euro gespart.
Matratzen ( auch identisch) direkt vom Hersteller über ebay 180 Euro gespart.
Esszimmerstisch bei Otto statt im Möbelhaus, obwohl gleich im Preis, mit 20 Prozent Rabatt durch eine Aktion von Otto. 50 Euro weniger
Der Hammer waren dann die Tapeten. Bei einem Onlinehändler bestellt lag die Ersparnis gegenüber einem Fachmarkt für Malerbedarf bei 350 Euro. Sonntags bequem online bestellt. Dienstags geliefert. Exakt von der gleichen Herstellerfirma.

Einzig eine TV-Wand war im Möbelhaus 50 Euro billiger als bei Ottoversand. Also wurde die da gekauft. 
Ersparnis insgesamt 850 Euro ... Voila ... die neue Couch ist gebongt. Übrigens im Möbelhaus umme Ecke. Denn eines kann man im Internet noch nicht. Probesitzen. Und so richtig hatte mir auch keine gefallen. Und die, in die ich mich verguckt hatte, gab es so in der Form tatsächlich nur da.

Geschäfte vor Ort sollen unterstützt werden. Damit bin ich bei euch. Aber wenn ich mir meine Rechnung so ansehe, dann kann ich jetzt durchaus verstehen, warum so viel mehr über das Internet gekauft wird. Und ganz ehrlich, ich hätte nie gedacht, wieviele Möbelhäuser, ob Internet oder im Haus vor Ort, die gleichen Möbel zu unterschiedlichen Preisen anbieten. Allein das teure Schieberegal gab es in zwei Möbelhäusern und in 14 verschiedenen Internetshops einschließlich ebay. Einige Händler klagen ja, dass Kunden sich in Fachgeschäften beraten lassen und dann doch im Netz kaufen. Das schieb ich jetzt mal weit von mir, denn außer bei der Küche (und die wurde dann auch dort gekauft), gab es in keinem einzigen Möbelhaus und in keinem der Baumärkte und Malerfachgschäfte eine Beratung. Wenn überhaupt, turnte ein gelangweilter Verkäufer durch die Abteilungen.

Trotz dieser Erfahrung werde ich weiter meine Butter und andere Dinge des täglichen Bedarfs umme Ecke kaufen. Ein paar Cent hin oder her. Eines hab ich jedenfalls gelernt dabei: Jedes Ding hat wie immer zwei Seiten und so schnell werde ich mich ganz bestimmt nicht mehr vollends auf die Seite der Einzelhändler schlagen.

Gruß vonner Grete







Sonntag, 4. Mai 2014

Das Fräulein Grete Meier ist rigoros



Das Fräulein Grete Meier ist rigoros

Den Sonntagmorgen mag das Fräulein Grete Meier ja sehr. Vor allem dann, wenn sie bei geöffnetem Fenster (Sonne und Temperatur vorausgesetzt) frühmorgens in aller Ruhe Zeitung lesen kann. Heute war wieder so ein wunderbarer Morgen. Der Kaffee verströmte einen köstlichen Duft, ebenso die frischen Brötchen. Gleich sechs davon lagen vor der Grete im Körbchen. Dank "Knack und Back" sogar noch warm. Grete genoss Frühstück und Zeitung. Auf die letzten zwei Brötchen kam dick Nutella und Grete verzog sich damit, samt dem dritten Becher Kaffee, an ihren Schreibtisch. Ein bisschen facebooken war nun angesagt, denn unter der Woche kommt die Grete meist nicht dazu. 
Grete scrollte sich durch die Neuigkeiten, während sie genüsslich in ihr Nutellabrötchen biss. Beim Anblick eines Postings blieb ihr der Bissen allerdings im Hals stecken. Was war das denn? Da hatte doch jemand auf dem Filmplakat von "Der Untergang" den Kopf von Hitler durch uns Mutti Angela ersetzt! Der Untergang 2! Die Grete war entsetzt. Wer machte denn sowas.
Als Urheber stellten sich dann die "Netzfrauen" heraus. Eine Gruppe von Frauen die es sich zur Aufgabe gemacht hat Missstände aufzudecken und diese "Enthüllungen" im Netz zu verbreiten. Im Grunde löblich und die Grete hat da schon so manch guten Artikel gelesen. Die allerdings auch hin und wieder mal ziemlich radikal waren und Grete schwer an Alice Schwarzers Art erinnerten. Weil das Löbliche aber überwog hatte die Grete diese Seite abonniert. Und nun das. 
Grete hat die Mutti nicht gewählt. Sie mag sie auch nicht besonders. Kritik, an ihrer Art zu "regieren" und an den Entscheidungen die sie trifft, zu üben, ist allerdings eine Sache, aber sie mit Hitler auf eine Stufe zu stellen, das geht der Grete entschieden zu weit. Hirnlos und beleidigend ist das. Voll neben der Spur.

"Nee, nee, Herr Heinevetter, damit will ich nix zu tun haben", empörte sich die Grete eine halbe Stunde später bei einer Zigarette auf dem Balkon. "Gut, dass es den "Gefällt mir nicht mehr" Button gibt. Da bin ich rigoros, den hab ich gleich gedrückt. Kein Newsabo mehr von den Netzfrauen. Echt jetzt, lieber Herr Heinvetter, muss denn sowas sein?"
Herr Heinevetter hüllte sich in Rauch und in Schweigen. Denn die Grete jetzt zu unterbrechen, wo sie so in Fahrt war, käme nicht gut. Das wusste er. Deshalb nickte er nur leicht, was Grete prompt als Zustimmung auffasste. Im Grunde war dem auch so. Allerdings hätte er den "Netzfrauen" eh niemals Beachtung geschenkt. Frauen, was sollen die schon bewirken. Doch das dachte er nur.
Die Grete ahnte nichts von seinen Gedanken, und das war auch gut so. Eh schon in Rage hätte Herr Heinvetter wohl die Flucht ergreifen müssen. "Hab dann noch ein bisschen gegoogelt und bin tatsächlich noch auch ähnliche Plakate gestoßen. Glauben denn die Leute, wenn sie so etwas machen, sie bewirken etwas? In mir ruft das nur Abscheu hervor und führt dazu, dass ich die nicht mehr ernst nehmen kann. Und ihr Geschreibsel auch nicht."
Jetzt wagte sich Herr Heinevetter dann doch einen kleinen Schritt aus seiner Deckung hervor. "Naja, die Griechen haben uns Deutsche ja auch des öfteren in letzter Zeit als Nazis betitelt. Und die Merkel mit Hitler verglichen. Wo ist da der Unterschied?"
"Der Unterschied? Der Unterschied ... " Gretes Stimme kippte über. Beinahe hätte sie gesagt, dass die Griechen eben dumm sind und von der deutschen Geschichte keine Ahnung haben, die "Netzfrauen" es aber besser wissen müssten. Doch ist dem wirklich so? Ist es nicht eher dieses fiese Gefühl der Machtlosigkeit, dass Menschen zu solchen Mitteln greifen lässt? Egal wer sie sind, oder woher er sie kommen? Wissen sie sich nicht anders zu helfen, oder ist es einfach leichter unter der Gürtellinie zu kämpfen als mit fairen Waffen.
Grete winkte einfach ab und ließ Herrn Heinevetter in seiner Rauchwolke auf dem Balkon zurück.
Noch einmal las sie sich den gesamten Artikel der Netzfrauen durch. Viel wurde da angeprangert. Mit Sicherheit auch so einiges zu recht. Und doch ... die Grete blieb dabei ... den Artikel mit so einer Verunglimpfung zu unterstreichen ... das geht ihr gegen den Strich. Und wenn die Griechen einen ebensolchen Button gehabt hätten wie die Netzfrauen ... den hätte sie auch gedrückt. Sofort.