Sonntag, 20. Oktober 2013

Das Fräulein Grete Meier und die Kunst



Das Fräulein Grete Meier und die Kunst


Tante Heidi wollte. So gerne. Und weil es doch der Sohn einer alten Schulfreundin von ihr ist. Nur  eben nicht alleine. Also hat sich das Fräulein Grete Meier erbarmt. Obwohl sie nicht viel weiß darüber. Über Malerei und Kunst an sich. Bis jetzt hat sie sich immer an die Devise gehalten: Wenn mir ein Bild richtig gut gefällt und in meinen Geldbeutel passt, findet es Platz bei mir. Und dann ist es egal, ob es sich um einen Druck handelt oder um ein Ölbild. Und auch vollkommen schnuppe, wer es "geschaffen" hat und ob irgendein Experte es als künstlerisch wertvoll einstuft oder nicht.

Bei Grete im Wohnzimmer hängt sogar ein Bild, dass Lieschen gemalt hat. Und die ist bestimmt keine berühmte Malerin. Grete mag das Bild. Sie findet es schön und es harmoniert wunderbar mit ihren Möbeln. Und, das Lieschen hat es extra für die Grete gemalt. Ein Unikat also. Lieschen mag ja gerne farbig. Grete nicht so. Und deshalb hat das Lieschen nur für die Grete eine Ausnahme gemacht und keine Farbe benutzt. Wenn man grau, silber, weiß und schwarz zu "keine Farben" zählt.

Jedenfalls ist die Grete am Samstagnachmittag mit Tante Heidi in die Ausstellung von dem Sohn der Schulfreundin gegangen. "Der ist richtig gut, Gretekind. Und bekannt ist der auch. War schon im Lokalfernsehen. Kein Bild unter tausend Euro zu kriegen. Du wirst begeistert sein."

Grete war begeistert. Restlos sogar. Als es nämlich endlich vorbei war und sie wieder auf dem Heimweg waren zu Onkel Günther. Zwei Stunden Aahs und Oohs von Leuten, die ungläubig auf blaue und grüne Kreuze starrten, haben ihr gereicht. Was anderes gab es nämlich nicht zu sehen. Nur blaue und grüne Kreuze auf teilweise meterhohen Leinwänden. Kreuze in allen Variationen. Kleine, große, krumme, einzeln oder in Gruppen. "Diese Kraft - Seht ihr das Farbenspiel - Wahre Kunst – Das geht mitten ins Herz" waren nur einige der Sätze die neben und hinter ihr von "echten" Kennern der Kunstszene ausgesprochen wurden. Die ersten paar Bilder hat die Grete sich ja noch genau angesehen. Und den Menschen um sich herum zugehört. Und sich klein gefühlt, weil sie nichts, absolut nichts an oder in den Bildern erkennen konnte. Außer eben Kreuze. In blau und grün. Die keinerlei Regung in ihr verursachten. Noch nicht mal die Rahmen fand die Grete schön.

Einheitskreuzblaugrünmischmasch auf Leinwand. So hätte die Grete jedes Bild genannt. Und nicht so klangvolle Titel verteilt wie " Kreuzgang in Grün" oder "Liegendes Mädchen in Blau". Wobei bei letzterem überhaupt kein Mädchen zu sehen war. Nur ein umgefallenes blaues Kreuz.

Nach dem dritten Bild entschied sich die Grete das "Kleinfühlen" aufzugeben. Nachdem ihr Tante Heidi etwas zugeflüstert hat. " Gretekind, das ist doch keine Kunst. Das ist Mist. Würde ich mir für kein Geld der Welt irgendwo hinhängen. "Obstschalenmelancholie" Was für ein Blödsinn. Schau doch mal. Siehst du da eine Obstschale? Ich seh nur einen Haufen aus  Kreuzen in grün und blau."

Mann war die Grete da erleichtert. Tante Heidi hat nämlich in Gretes Augen einen guten Geschmack. Jetzt wurde es dann zumindest lustig. Tante Heidi und die Grete mischten sich jetzt in die Gespräche ein und kochten sich gegenseitig hoch mit allen möglichen Bemerkungen über die noch folgenden Bilder. Aus den Aahs und Oohs wurde bei ihnen "Great" und "Wonderful".

Sie hoben lautstark die zarte Pinselführung hervor, lobten die künstlerischen Effekte und griffen sich dabei theatralisch ans Herz. "Nein, dieser Spirit, sowas von genial!" Kurzum, sie amüsierten sich köstlich. Nach der Führung ließen sie sich die servierten Häppchen und den gereichten Orangensaft schmecken. Die gesamte Heimfahrt haben sie sich schier ausgeschüttet vor Lachen.

Onkel Günther wurde natürlich bei Wurst und Käseschnittchen alles haarklein erzählt. Der hatte gerade in der Zeitung über einen Künstler gelesen, der sich eine Farblösung in die Nase spritzt, über die Tränendrüse im Auge wieder raus presst und die Flüssigkeit auf eine Leinwand tropfen lässt.

"Sauteuer die Bilder, ich sags euch."  Alleine die Vorstellung trieb der Grete die Tränen in die Augen. Tante Heidi schüttelte sich. "Vielleicht sollten wir mal mit Nagellack und Lippenstift Bilder malen. Als Pinsel nehmen wir zur Abwechslung Wimpertuschebürstchen. Gibt es doch in zig Ausführungen. Das ganze fixieren wir dann mit Chanel Nr. 5. Wir nehme alles Rottöne und taufen das Ganze dann " Memories in blue".

Als Grete nach Hause kam, am späten Samstagabend, hat sie sich noch lange das Lieschenbild angeschaut. Es hat keinen Rahmen, trägt keinen Titel, aber es spricht mit der Grete. Und die Worte berühren ihr Herz. 





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13 Kommentare:

  1. Ja, Geschmäcker sind verschieden ich muss so grinsen. Kunst kommt von Können. Meine Tochter hat ein Zitat an der Wand hängen - ist das Kunst oder kann das weg - Ich mag Bilder, auch die, bei denen man nicht immer alles exakt erkennen kann, aber grüne und blaue Kreuze hören sich einfach scheußlich an. Ich mag Kreuzsstich nicht und sofort kommt die Erinnerung an Handarbeitsunterricht bei Frl. Werner, die immer so pingelig war.

    Ich mag Liesschens Bilder gern anschauen, man kann sich hineindenken, das ist so wichtig in der Malerei. Abmalen kann jeder.

    Schönen Abend und eine gute neue Woche wünscht Geli :-)

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    1. Ja, Lieschens Bilder sind schön. Ich entdecke immer neues wenn ich davor stehe.
      Danke dir
      Gruß vonner Grete

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  2. Hallo Fräulein Grete,
    als wir in unser Haus eingezogen sind, habe ich meinem Mann vorgeschlagen, ihn rundum mit Farbe einzupinseln. Wenn er sich dann über ein Leinen rollt und wir das auf einen Rahmen spannen, dann hätten wir auch ein Unikat :-)
    Komisch, er hat sich nicht drauf eingelassen *lach*
    liebe Grüße, Petra

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    1. Lach, was für ein toller Vorschlag. Meine beste Deko .... Kurze Erklärung: Die Wände waren damals apricot, eine Wand hatte eine Tapete mit passendem farblichen Muster. Tapetenrest nehmen, einen Rahmen (schwarz) mit Passpartout, dieses passend zum Raum anmalen ( ich hab die gleiche Farbe genommen wie an der Wand) , den Tapetenrest hinter das Passpartout kleben. Glas drauf..fertig.. Sieht super aus. Vor allem, wenn die Tapete schön gemustert ist. Gruß vonner Grete

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  3. Guten Abend liebe Grete,
    deine Geschichte habe ich mir extra für heute Abend aufgehoben, weil ich sie gerne in aller Ruhe genießen wollte. Und das habe ich nun getan und mich dabei köstlich amüsiert. Du hast eine herrliche Art zu schreiben!
    Ich habe voller Begeisterung (wieder mal) versucht den +1-Button anzuklicken, aber das klappt bei mir nicht *traurigbin*. Statt das meine Stimme gezählt wird, ändert der Button immer nur seine Farbe (in hellrot *schüttel*) und ein Warndreieck mit weißem Ausrufezeichen erscheint. Schade. Also bekommst du es jetzt so gesagt: Dein Post ist toll!

    Liebe Abendgrüße schickt dir
    Uschi

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    1. Hallo Uschi. Vielen Dank für das Kompliment. Bei G+ nicht klicken, sondern nur mit der Maus drüberfahren. Dann öffnet sich das Kommentarfenster automatisch sofern die bei G+ angemeldet bist.
      Gruß vonner Grete

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    2. Liebe Grete,
      ich kann mit dieser Moderne auch absolut nichts anfangen. Und ich frage mich immer wieder, was in den Menschen vorgeht, die diese Ah und Oh von sich geben.
      Und dann hängen sie sich auch noch ein solches Gemälde in die Wohnung und denken, etwas Besonderes zu haben.
      Nein, da gefällt mir das Bild von Lieschen doch viel besser. Da kann man träumen und viel hineininterpretieren.
      Einen schönen Sonntagabend wünscht Dir
      Irmi

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    3. Hallo liebe Grete, als ich mein Bloggerkonto Anfang des Jahres eröffnet habe, war es gleich mit g+ gekoppelt. Bin nun mit der Maus über den g+-Button darübergefahren, aber es dut sich nix. Wenn ich auf deinen Namen in der Zeile obendrüber fahre, öffnet sich ein Fenster (Autorenprofil), neben dem Button wird mir der Name von Angelika angezeigt, aber beim Button selber keine Reaktion (deshalb habe ich dann immer (erfolglos) draufgeklickt. Schade, ich dachte mit deiner Hilfe würde es jetzt klappen und habe mich schon gefreut.
      Gruß Uschi, geknickt.

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  4. ach liebe grete, dein post ist köstlich und mich freut es sehr, dass alles mit viel lachen ausgegangen ist....nunja, so braucht jeder seins und grad bei der malenden kunst ist alles sehr vielschichtig, gell....ich bin da auch eher für das zu begeistern, was ich auch erkennen kann....*lach*.....na, die erkenntnis, etwas nicht zu mögen, ist ja auch schon mal was, oder?....nun sag ich mal gutn8 und wünsche dir auch gleich einen guten start in die neue woche....
    liebe grüsserleins...ruth..chen;-))

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  5. Ich lach mich schlapp! Über Kunst kann man bekanntlich streiten - oder sich amüsieren, z.B. über die selbsternannten "Kenner" der Szene...
    ;)
    Liebe Grüße
    Christiane

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  6. Köstlich liebe Grete, ich stell mir das gerade bildlich vor.
    Kunst sieht jeder anders und das ist gut so.
    Ich war auch mal in einer Kunstausstellung da ist es mir ähnlich ergangen. Mir gefiel nichts davon und Geld hätte ich dafür unter keinen Umständen bezahlt.

    Liebe Abendgrüße
    Angelika

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  7. Naja, moderne Kunst, manchmals frage ich mich auch. Aber dann denke ich, man muß da auch erstmal drauf kommen, das ist ja die Kunst. Aber manches ist auch doch gar nicht so schlecht.
    Netter Post und ein Grüßle Eva

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  8. Tja, bei Kunst scheiden sich die Geister...
    ich wäre aber sehr gespannt auf euer Nagelack-Lippenstift-Beauty-Bild. Lasst mich wissen, wenn ihr das ganze in die Tat umsetzt!

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...