Dienstag, 16. Juli 2013

Was für ein Tag



Was für ein Tag



Heute war viel los bei Fräulein Grete Meier im Büro und überhaupt. In der Frühstückspause (Ja, die gibt es noch in Gretes Firma!) wurden ihr die Themen des Tages nur so um die Ohren geklatscht. Fast schon wörtlich genommen, denn der Chef hatte Fliegenklatschen gekauft, nur so zur Vorsicht. Mückenplage kommt, sagt er. Susi stand an der Tür und hielt jedem, der die Gemeinschaftsküche betrat, Bilder von ausgemergelten Pferden unter die Nase. Ob er wollte oder nicht. Die Grete wollte nicht. Sie kann so etwas nicht gut sehen, da leidet sie immer schrecklich mit. Berta Kalt debattierte heftig mit dem Chef über die Pensionen, die so viel schneller steigen als die Renten. Simon, seines Zeichens Azubi in der kleinen, aber feinen, Werbeabteilung, patschte mal wieder hochkonzentriert mit seinen Fingern auf dem Display seines Smartphones herum. Na, hoffentlich passt der auf, was er da so schreibt und wo er seine Likes hinterlässt, kam es von der Heidi Seelig. Dabei tippte sie mit ihren rotlackierten Kunstnägeln der Grete auf den Arm. Heutzutage ist das ja geradezu gefährlich.  Das Fräulein Grete Meier passt nie auf. Ich habe nichts zu verbergen, tönt sie immer, sollen die nur ruhig kommen. Die Grete sieht das alles nicht so eng. Spionage gab es schon immer, heute eben mit anderen und besseren Mitteln. Sogar besser als die von James Bond.

Naja, Grete war jedenfalls froh, als sie am späten Nachmittag allein auf ihrem Balkon saß. Endlich Ruhe um sie herum. Nur in ihrem Kopf nicht. Die Pferde ließen sie nicht los, aber in erster Linie dachte sie darüber nach, wie es wohl einem jungen Teenager gehen mag, der erfährt, dass seine Eltern nicht seine leiblichen Eltern sind. Und er vielmehr seine Existenz einem unbekannten Samenspender und einer Eizellenspenderin, auch unbekannt, aus Tschechien zu verdanken hat.

Grete hätte auch gerne ein Kind gehabt. Früher, mit Rolf, ihrer großen Liebe. Aber so, auf diesem Weg?  Bei aller Sehnsucht, so einen kleinen Wurm im Arm halten zu können, sein eigen Fleisch und Blut ( welch Ironie)zu drücken und zu knuddeln, es aufwachsen zu sehen … Nein, das hätte die Grete niemals getan. Grete ist nicht streng gläubig. Das ist Gottes Wille. Sowas käme nie über ihre Lippen. Schicksal, ja, das ist etwas was in Gretes Glaubenswelt schon eher  passt. Viel kann man ja heute schon wirklich medizinisch tun, wenn es denn nicht so klappt mit dem Kinderwunsch. Aber das geht der Grete zu weit. Moralisch für sie nicht zu verantworten. Manches im Leben kann man nicht ändern, man sollte es annehmen, so wie es ist. Ob Lieschen auch gerne Kinder gehabt hätte? Komisch, irgendwie haben sie nie richtig darüber gesprochen. Grete nahm sich vor das Lieschen morgen beim Kaffeeklatsch mal darauf anzusprechen.

Herr Heinevetter riss sie aus ihren Gedanken. "Haben sie schon gesehen, unten im Hausflur, die künstliche Palme ist weg." Das war der Grete gar nicht aufgefallen. "Wir haben sie entsorgt, damit die Hebers ihren Kinderwagen ordentlich abstellen kann. Ist doch eine Zumutung das schwere Ding immer in den dritten Stock zu tragen."

Was für ein schöner Tagesabschluss, dachte die Grete. Es geht doch nichts über eine funktionierende Hausgemeinschaft, in der man nicht immer nur an sich selber denkt, sondern auch mal an andere. 



2 Kommentare:

  1. Ein ganz normaler Bürotag und ich habe nichts zu verbergen. Ich bin ein ordentlicher Bürger, ein Saubermann usw.
    Nun ist auch noch die Palme weg....
    Ich mag diesen Blog, er erinnert mich ein wenig als Else Stratmann, die ich immer gern gehört habe. Bis denne Geli

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    1. Vielen Dank Geli ... freue mich sehr über deinen Besuch, dem hoffentlich noch viele folgen werden. Bei Lieschen warst du ja auch schon. So istt es recht.
      Lg vonner Grete

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...