Was für ein Tag
Heute war viel los bei
Fräulein Grete Meier im Büro und überhaupt. In der Frühstückspause (Ja, die
gibt es noch in Gretes Firma!) wurden ihr die Themen des Tages nur so um die Ohren
geklatscht. Fast schon wörtlich genommen, denn der Chef hatte Fliegenklatschen
gekauft, nur so zur Vorsicht. Mückenplage kommt, sagt er. Susi stand an der Tür
und hielt jedem, der die Gemeinschaftsküche betrat, Bilder von ausgemergelten
Pferden unter die Nase. Ob er wollte oder nicht. Die Grete wollte nicht. Sie
kann so etwas nicht gut sehen, da leidet sie immer schrecklich mit. Berta Kalt
debattierte heftig mit dem Chef über die Pensionen, die so viel schneller
steigen als die Renten. Simon, seines Zeichens Azubi in der kleinen, aber
feinen, Werbeabteilung, patschte mal wieder hochkonzentriert mit seinen Fingern
auf dem Display seines Smartphones herum. Na, hoffentlich passt der auf, was er
da so schreibt und wo er seine Likes hinterlässt, kam es von der Heidi Seelig.
Dabei tippte sie mit ihren rotlackierten Kunstnägeln der Grete auf den Arm.
Heutzutage ist das ja geradezu gefährlich. Das Fräulein Grete Meier passt nie auf. Ich
habe nichts zu verbergen, tönt sie immer, sollen die nur ruhig kommen. Die
Grete sieht das alles nicht so eng. Spionage gab es schon immer, heute eben mit
anderen und besseren Mitteln. Sogar besser als die von James Bond.
Naja, Grete war jedenfalls
froh, als sie am späten Nachmittag allein auf ihrem Balkon saß. Endlich Ruhe um
sie herum. Nur in ihrem Kopf nicht. Die Pferde ließen sie nicht los, aber in
erster Linie dachte sie darüber nach, wie es wohl einem jungen Teenager gehen
mag, der erfährt, dass seine Eltern nicht seine leiblichen Eltern sind. Und er
vielmehr seine Existenz einem unbekannten Samenspender und einer
Eizellenspenderin, auch unbekannt, aus Tschechien zu verdanken hat.
Grete hätte auch gerne ein
Kind gehabt. Früher, mit Rolf, ihrer großen Liebe. Aber so, auf diesem
Weg? Bei aller Sehnsucht, so einen
kleinen Wurm im Arm halten zu können, sein eigen Fleisch und Blut ( welch
Ironie)zu drücken und zu knuddeln, es aufwachsen zu sehen … Nein, das hätte die
Grete niemals getan. Grete ist nicht streng gläubig. Das ist Gottes Wille. Sowas
käme nie über ihre Lippen. Schicksal, ja, das ist etwas was in Gretes
Glaubenswelt schon eher passt. Viel kann
man ja heute schon wirklich medizinisch tun, wenn es denn nicht so klappt mit
dem Kinderwunsch. Aber das geht der Grete zu weit. Moralisch für sie nicht zu
verantworten. Manches im Leben kann man nicht ändern, man sollte es annehmen,
so wie es ist. Ob Lieschen auch gerne Kinder gehabt hätte? Komisch, irgendwie haben sie nie richtig darüber gesprochen. Grete nahm sich vor das Lieschen morgen beim Kaffeeklatsch mal darauf anzusprechen.
Herr Heinevetter riss sie aus
ihren Gedanken. "Haben sie schon gesehen, unten im Hausflur, die
künstliche Palme ist weg." Das war der Grete gar nicht aufgefallen. "Wir
haben sie entsorgt, damit die Hebers ihren Kinderwagen ordentlich abstellen
kann. Ist doch eine Zumutung das schwere Ding immer in den dritten Stock zu
tragen."
Ein ganz normaler Bürotag und ich habe nichts zu verbergen. Ich bin ein ordentlicher Bürger, ein Saubermann usw.
AntwortenLöschenNun ist auch noch die Palme weg....
Ich mag diesen Blog, er erinnert mich ein wenig als Else Stratmann, die ich immer gern gehört habe. Bis denne Geli
Vielen Dank Geli ... freue mich sehr über deinen Besuch, dem hoffentlich noch viele folgen werden. Bei Lieschen warst du ja auch schon. So istt es recht.
LöschenLg vonner Grete