Freitag, 1. November 2013

Von neumodischem Kram und Entschleunigung

 Von neumodischem Kram und Entschleunigung

Herr Heinevetter ist begeistert. Von Gretes neuem Auto. Zigmal ist er gestern, als das Fräulein Grete Meier damit vorfuhr, um den Wagen herumgelaufen. Auch die Hebers fanden Auto klasse. "Ein Träumchen", wie Frau Heber sagte. Grete war glücklich. Auto neu, an der Garderobe hängt ein neuer Mantel und vor ihr lag ein langes Wochenende, dank des Feiertages.
Leider kennt Gretes innere Uhr keinen Feiertag. Somit saß sie heute schon um halb acht in der Küche. Im Morgenmantel. Muss auch mal sein, hat sie gedacht. Grundlage für die angestrebte Entschleunigung. Das Wort hat es nämlich der Grete angetan. ENT - SCHLEU - NI - GUNG ... das hatte doch was. Natürlich hat die Grete so einiges im Internet darüber gelesen. Wie sie nun mal ist, hat sie sich ihre eigene Interpretation dafür zurechtgelegt. Wiederentdeckung der Langsamkeit - das hat ihr gefallen. Oder - Das Recht auf Faulheit. Auch nicht schlecht, fand sie. Wenn man es denn umsetzen kann. Grete konnte, wollte. Hier und heute. 
Langsam ist sie aufgestanden, langsam ins Bad geschlufft und noch langsamer hat sie sich der Körperpflege gewidmet. Sogar ausführlicher als sonst. Mit Fußbad. Lavendelduft. Ihren Kaffee hat sie sich dann mit Hilfe des guten alten Melittafilters aufgegossen. Das Prinzip der Langsamkeit ließ sich auch auf das Zeitunglesen anwenden. Vieles überfliegt die Grete nämlich in der Regel. Heute wurde jeder Artikel gelesen. Gaaanz langsam. Nur beim Kreuzworträtsel tat sich die Grete schwer. Langsam denken kann man eben nicht erzwingen. Mit dem Recht auf Faulheit war es dann nicht ganz so einfach. Immerhin hat es die Grete geschafft die Schlafzimmertür zu schließen, ohne ihr Bett gemacht zu haben. Beim Bad gelang ihr das nicht. Sie hat es versucht, wirklich, aber allein der Gedanke, es könnte Besuch kommen, der dann mal dorthin verschwinden müsste, hat sie dann doch zu Putzmitttel und Lappen greifen lassen. Nicht auszudenken, wenn jemand ein schmutziges Waschbecken vorfinden würde. Nein, das könnte die Grete nicht ertragen.  Dafür, so als kleinen Ersatz, dachte sie,  lass ich das Frühstücksgeschirr auf dem Tisch stehen. 
Gegen zehn Uhr fühlte sich die Grete schon total entschleunigt. Aber sowas von. Leider wurde der Entschleunigungsprozess vom Klingeln des Telefons unterbrochen. Tante Heidi. Wie aus einem Maschinengewehr prasselten die Wörter auf die Grete ein. Völlig aufgelöst war Tante Heidi, also vollkommen unentschleunigt. Es bedurfte einiger Telefonate seitens der Grete, damit auch Tante Heidi entschleunigen konnte. 
Die hatte nämlich der jüngsten Tochter von Onkel Günthers Nichte, zu der sie ein inniges Verhältnis hat, zum Geburtstag gratulieren wollen. "Grete, Grete, die hat zu mir gesagt - ruf mich nie wieder an - und dann noch so etwas wie - mein Leben. Dann war die Leitung tot. Und jetzt geht sie nicht ans Telefon. Und Elisabeth, Onkel Günthers Nichte, auch nicht. Ganz bestimmt ist was passiert." Tante Heidi war nicht zu beruhigen. "Was hab ich denn gemacht, warum soll ich nie wieder anrufen. Ach Grete ..."
Grete beruhigte und versprach sich zu kümmern. Des Rätsels Lösung: Besagtes Mädel hat neuerdings einen Anrufbeantworter der besonderen Art. "Hallo ... Hallo ... also wenn sie nichts zu sagen haben, dann rufen sie mich bitte nie wieder an. Ich wünsche ihnen noch ein schönes Leben." 
Tante Heidi, die mal wieder ihre Hörgeräte nicht richtig eingestellt hatte, hat wohl nur die Hälfte vernommen und auch nicht mitgekriegt, dass es sich um eine Bandansage handelt. 
Grete musste Grinsen, bemühte sich aber das Tante Heidi nicht merken zu lassen, als sie ihr den wahren Sachverhalt erklärte. Irgendwie tat sie ihr ja auch leid. Woher sollte sie das auch kennen. Soviel neumodischer Kram, das ist zu viel für manch älteren Menschen. Grete konnte sich durchaus vorstellen, dass Tante Heidi wer weiß was gedacht hat. Viel zu schnell jagt eine Neuentwicklung die nächste. Zeigt man stolz sein neues Handy, ist es nach einem Monat technisch schon wieder veraltet. Oder beim Fernseher. HD, LCD, UHD, 2D, 3D und andere Abkürzungen. Wer soll sich denn da noch auskennen? Die sollten mal entschleunigen. Also die ganzen Techniker und Erfinder. Hätten die das nämlich mal gemacht, dann könnte niemand der Angela ihr Telefon abhören. Dafür hätte man dann nämlich erstmal eine Wanze in den Hörer kleben müssen. Was sicherlich viel schwieriger ist als das Datengesauge von heute.
Naja, der letzte Gedankengang kam dann doch von dem Herrn Heinevetter und nicht von der Grete. Die hat nämlich die geplante Entschleunigung, eingewickelt in zwei dicke Decken, auf dem Balkon fortgesetzt. Und weil so so voll drin war, in der Entschleunigung, hat sei dem Herrn Heinevetter nicht widersprochen. Dafür war sie einfach viel zu faul. 



Was Lieschen davon hält könnt ihr hier nachlesen ---> KLICK
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13 Kommentare:

  1. Liebe Grete,

    ja, entschleunigen ist nicht immer einfach in der heutigen Zeit, klasse dass es Dir heute geglückt ist. Herrlich, ich lese einfach sehr gerne hier und natürlich auch drüben beim Lieschen.

    Herzliche entschleunigte Wochenendgrüße

    die Kerstin

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    1. Hallo Kerstin, ich hoffe, du konntest auch etwas entschleunigen. War ja ein langes Wochenende...
      Gruß vonner Grete

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  2. Nun schreibe ich aber schleunigst, dass mir das wieder einmal gefällt! Sehr!

    Liebe Grüße, Dingefinder Jörg

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    1. Vielen Dank...freut mich ungemein.
      Gruß vonner Grete

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  3. Wir hatten keinen Feiertag, Niedersachsen ist da arg benachteiligt, aber ich freue mich über das neue Auto. Die Freude kann ich verstehen, es riecht neu und macht kribbelig.
    Der Anrufbeantworter, ich lache mich schlapp. Viele haben ganz coole Sprüche, ich mag das nicht so.
    LG Geli

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    1. Hallo Geli, stimmt. Ist ja kein allgemeiner Feiertag. Ich vergess das immer wieder. Ich hoffe, du hattest trotzdem ein entspanntes Wochenende.
      Gruß vonner Grete

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  4. "Wiederentdeckung der Langsamkeit", Entschleunigung....in unserer sich ständig beschleunigenden Welt scheint es mehr als nötig zu sein, sich und alles zu entschleunigen.
    Allein,dass dieser Begriff geprägt wurde, ist ein wenig absurd, zeigt, dass der Mensch seine Balance verloren hat.

    Immer on top, immer in action (früher nannte man das fleißig und der Begriff faul bekam dadurch einen negativen touch), das heißt Anerkennung. Nichts zu tun heißt: sich rechtfertigen müssen. Es ist verrückt.
    Mir gefällt es gut, dass Grete einen "Entschleunigungstag" geplant hat, auch wenn dieser nicht ganz durchzuführen ist....
    Die ständige Erreichbarkeit läuft dem zuwider. In diesem Fall war es ja gut, denn Tante Heidi schien ja wirklich aufgelöst wegen des Missverständnisses... Lach, viele Menschen sind verunsichert, wenn sie plötzlich den AB am Ohr haben. Oft wird einfach aufgelegt.
    Wenn man nicht ständig mit diesen Dingen umgeht, ist es auch schwer. Zum Glück konnte Grete Heidi beruhigen.

    Dann kann sie sich wieder der Entschleunigung widmen und einfach faul sein. Man sollte das Recht auf Faulheit -vielleicht sogar die Pflicht zur selben - im Gesetz verankern, wohl ausgewogen zur Tätigkeit. Vieles wäre einfacher.

    Die Beschleunigung heute scheint nicht mehr geradlinig zu verlaufen, sondern gleicht einer Exponenzialkurve. Ich denke, hier ist Achtsamkeit gefragt - bei sich selber und auch im Bezug auf andere.
    Ich denke, Grete hat ein gutes Beispiel gegeben...

    Schönes Wochenende
    Lieben Gruß
    Enya.

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    1. Achtsamkeit, ist ein gutes Wort. Man sollte es nicht nur kennne, sondern auch anzuwenden wissen. Vielen Dank für deinen wieder so wunderbaren Kommentar zu dem Text.
      Gruß vonner Grete

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  5. Lieschen,
    ich bin heute etwas verspätet. Habe vielleicht zu stark entschleunigt. Wieder so ein
    komisches Wort. Warum kann man nicht einfachs sagen: Ich ziehe mich heute zurück und möchte nicht gestört werden. Und dieser Tag gehört mir ganz allein. Kein Telefon, kein Klingeln an der Tür - einfach gar nichts. Ja - so einen Tag habe ich mir heute auch
    gegönnt. Mit einer Tasse Tee, einem Keks und einer Kerze!
    Einen schönen Abend wünscht dir
    Irmi

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    1. Ach Irmi, ich bin die Tage überhaupt nicht zum Kommentieren gekommen. Gerade deshlab freue ich mich, dass du immer hier her kommst, auch wenn ich nicht jeden Tag einen Gegenbesuch abstatten kann.
      Gruß vonner Grete

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  6. Jetzt bin ich so entschleunigt, dass ich sogar den falschen Namen geschrieben habe.
    Entschuldige bitte Grete - kommt nicht wieder vor.
    LG Irmi

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  7. Naja, darum kebbeln sich meine Göttergattin und ich ganz gerne. Sichtweise A: möglichst hohe Produktivität, damit die lästigen und notwendigen Dinge (putzen, kochen, waschen, ... ) erst abgearbeitet werden und dass man sich anschließend den angenehmeren Dingen zuwenden kann (was dann aber erst sehr spät und sehr kurz der Fall ist) oder entschleunigen und die Dinge ruhig angehen lassen. Kommt vom Prinzip her auf dasselbe raus. Dieses schnelle Arbeiten kenne ich im Büro. Zu Hause tue ich mich allerdings sher schwer damit ...

    Gruß Dieter

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    1. Lach, geht mir oft genauso. Vor allem wenn ich im Schreibfluss bin, bleibt schon mal alles liegen.
      Gruß vonner Grete

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...