Freitag, 15. November 2013

Das Fräulein Grete Meier wird gestylt

Das Fräulein Grete Meier wird gestylt

"Am besten, Frau Meier, fröhliche Farben, das kommt immer gut an bei unseren Kunden. Und bitte seien Sie pünktlich!" Leicht irritiert beendete das Fräulein Grete Meier heute morgen den Anruf und steckte ihr Handy wieder in die Tasche zurück. Susi schaute sie erwartungsvoll an. "Was warn das? Haben sie echt gewonnen? Fünftausend Euro?" Grete nickte automatisch. "Haste richtig gehört, Susi. Das war gerade meine Bankberaterin. Seit Jahren kaufe ich schon jeden Monat zehn Sparlose. Die kosten fünf Euro. Vier Euro wandern auf mein Sparkonto und ein Euro wird für einen guten Zweck gespendet. Also nicht so richtig. Ein Teil wird als Gewinn ausgeschüttet. Und da hab ich gewonnen." Grete konnte es noch immer nicht glauben, dass merkte man an ihrer Stimme. "Dabei hab ich noch nie was gewonnen. Soviel Geld!" Grete schüttelte den Kopf. "Ja sowas", kam es von der Susi, "das ist doch super. Warum passiert mir das nicht. Fünftausend Euro, was ich damit alles kaufen könnte. Neue Klamotten, einen Fernseher, das neue iPad ..." Betroffen hielt sie inne, als die Grete einen Seufzer ausstieß. "Mensch Frau Meier, warum freuen sie sich denn gar nicht?" Denn das die Grete alles andere als begeistert war, war offensichtlich. Zusammengesunken mit heruntergezogenen Mundwinkeln hockte sie auf ihrem Schreibtischstuhl und stierte in die Luft. Susi fuchtelte mit einer Hand vor Gretes Gesicht herum. Keine Reaktion. Sie stupste die Grete an. Immer noch keine Reaktion. Jetzt wurde es der Susi mulmig. Sie eilte aus dem Büro. Kurze Zeit später kam sie mit Heidi Seelig im Schlepptau zurück. Grete saß noch genauso da wie vorher. "Sehense, Frau Seelig, das meine ich. So sitzt sie schon ein paar Minuten. Das ist doch nicht normal!"
Heidi Seelig schüttelte die Grete, deren Gesicht keinerlei Farbe mehr aufwies. "Frau Meier, was machense denn für Sachen. Fünftausend Euro ist zwar ein doller Gewinn, aber es sind keine fünf Millionen. Wennse die gewinnen, dann könnense aus den Latschen kippen."
Jetzt reagierte die Grete endlich. "Ach Frau Seelig, das mit dem Gewinn, natürlich freue ich mich darüber. Aber  ..."
"Was aber, Frau Meier, da gibt es doch kein aber, oder müssen sie dafür etwa den Herrn Heinevetter heiraten?" Die Susi brach in lautes Lachen aus. "Kopfkino, ich krieg Kopfkino!" Auch Grete konnte ein Grinsen nicht unterdrücken. Und mit dem Grinsen kehrte auch wieder Farbe auf ihre Wangen zurück. "Äußerst witzig, Frau Seelig, aber ich muss ihn natürlich nicht heiraten. Viel schlimmer, viel viel schlimmer." 
Was Schlimmeres, als den Herrn Heinevetter zu heiraten, konnte sie die Susi gar nicht vorstellen. Höchstens noch, dass Robbie Williams schwul ist. Für den schwärmte sie nämlich. Heimlich natürlich. Wegen Simon und so. Männer sind da ja sehr empfindlich, hat sie mal gelesen. Heidi Seelig, die sich mittlerweile auf die Kante von Gretes Schreibtisch gesetzt hatte, wollte es nun genau wissen. "Was ist denn nun viel schlimmer?"
Grete sank wieder in sich zusammen. "Der Fototermin", sagte sie ziemlich kleinlaut.  "Die wollen mich fotografieren mit einem Scheck in der Hand. Zusammen mit meiner Bankberaterin. Und das Bild soll dann mit einem Bericht über die glückliche Gewinnerin in der Kundenzeitschrift von der Bank erscheinen. Furchtbar!"
Also was daran so furchtbar sein sollte verstanden weder die Heidi Seelig noch die Susi. Auch der Chef nicht, der nun auch seinen Kopf aus dem Büro gesteckt hatte. Grete hatte wirklich Mühe ihr Dilemma zu erklären. Denn wenn die Gretes eines überhaupt nicht mag, sind es gestellte Fotos. "Da sehe ich immer total blöde aus. Ich kann einfach nicht auf Kommando lächeln. Und außerdem, ich habe nichts anzuziehen. Die wollen fröhliche Farben sehen. Und der Fototermin ist doch schon in zwei Stunden. Ausgerechnet heute habe ich das graue Kostüm an. Mit grauer Bluse. Was mache ich denn jetzt nur. Nach Hause fahren kann ich ja nicht mehr. Dafür fehlt die Zeit. Und überhaupt. Meine Frisur sitzt auch nicht. Und Schminke schleppe ich nicht mit mir herum, das wissen sie doch."
Ganz verzweifelt war die Grete. "Das haben wir gleich!", tönte es von der Schreibtischkante. Susi verstand und blinzelte verschwörerisch Richtung Heidi Seelig.

Keine zehn Minuten später glich das Vorzimmer mehr einem Beautysalon, als einem Büro. Der Chef wurde rausgeschickt und Heidi Seelig, Susi und Berta Kalt legten los. Letztere drapierte einen bunten Seidenschal um Gretes Hals. Wo immer sie ihn auch aufgetrieben hatte, er passte perfekt zu den tristen grauen Kostüm. Mit einer großen bunten Brosche wurde er festgesteckt. Heidi Seelig fummelte, zog und zupfte an Gretes Haaren herum. Voller Elan verteilte sie eine halbe Dose Haarspray über ihr Werk. "Drei Wetter Taft, Frau Meier. Das hält bombig. Büro -  die Haare sitzen. Autofahrt - die Frisur hält. Bank - das Haar ist noch immer geschmeidig." 
Grete hätte gerne mit den anderen gelacht, es war ihr aber nicht möglich, da die Susi gerade mit ihrem Gesicht beschäftigt war. Sie schmierte und pinselte was das Zeug hielt. "Voila!", rief Heidi Seelig eine halbe Stunde später. Alle drei zogen die Grete in die Damentoilette vor den Spiegel. Grete traute sich erst gar nicht die Augen zu öffnen. Vorsichtig riskierte sie dann aber doch einen Blick. Sprachlos riss sie die Augen dann ganz auf. Aus dem Spiegel blickte ihr ein wohlfrisiertes, dezent geschminktes Gesicht entgegen. Rosige Wangen, rosige Lippen, alles farblich abgestimmt auf den wirklich schönen bunten Seidenschal. "Siehste, Grete, jetzt strahlste. Nu kannst dich auch über den Gewinn freuen. auch für das Foto."
Grete drehte und wendetet sich noch ein paar mal vor dem Spiegel, bedankte sich überschwänglich bei allen dreien, schnappte sich Tasche und Autoschlüssel und fuhr zur Bank. Den Fototermin überstand sie locker und strahlend, wie die Göttin der Morgenröte.
"Und, Frau Meier", wurde sie von der Bankberaterin gefragt, "was machen Sie mit dem Geld?" Grete lächelte. "Drei Damen zum Essen einladen. Ganz groß. So richtig mit allem SchickiMicki. Was haben sie denn gedacht?"


Was Lieschen davon hält könnt ihr hier nachlesen ---> KLICK
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7 Kommentare:

  1. Ach Frl. Grete,
    so ein Glück möchte ich auch einmal haben. Aber das ist ganz wunderschön, dass du die drei Damen zum Essen ausführst. Für Lieschen und Herrn Heinevetteer fällt sicherlich auch noch eine Kleinigkeit ab.
    Einen guten Start ins Wochenende wünscht dir
    Irmi

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    1. Hallo Irmi, schön dich wieder hier zu haben. Hoffe deinen augen geht es wieder gut. Und was die Damen betrifft. Die haben sich doch das Essen redlich verdient. Vor allem susi, denn die hat trotz gegenteiliger Erwartungen keinen Tuschkasten aus der Grete gemacht.
      Gruß vonner Grete

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  2. Zwei Tippfehelerteufel:
    Zeile 5 kaum = kauf
    Zeile 33 Grertres Schreibtisch = Gretes ...

    Aber - locker leckres Textchen! :-)

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    1. Hallo Lotta, danke dir Alles verbessert und sogar noch zwei fehlende Buchstaben ergänzt.
      Gruß vonner Grete

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  3. Einmal ist jeder dran....mit dem Gewinnen, meine ich.
    Dass Gete ein wenig in Panik gerät anlässlich des Fototermins, kann ich verstehen.
    Aber wozu hat man so nette Kolleginnen. Die waren ja dann auch in ihrem Element. Und dass Susi es dezent hinbekommen hat, finde ich klasse.

    Ich finde es super lieb, dass Grete sich mit einem Essen bedankt.

    Toll geschrieben, genau richtig für einen Start ins Wochenende.
    Bei der Vorstellung, dass Grete den Herrn Heinevetter heiraten könnte, habe ich wirklich laut gelacht. Herrlich!
    Ein schönes Wochenende!
    Lieben Gruß
    Enya

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    1. Jaja, der liebe Herr Heinevetter... ich glaube aber, dass er die Grete auch nicht nehmen würde.
      Danke dir, Enya.
      Gruß vonner Grete

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  4. Hallo Grete,
    die ganze Styling-Aktion erinnert mich in die Fernsehsendung "Shopping Queen", wo auch alles Ratzfatz gehen muss, weil es eine zeitliche Begrenzung gibt. Alle haben bei Dir schöne zusammengehalten, alle haben mitgemacht, also ein schönes Ende für eine schöne Geschichte.

    Gruß Dieter

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Da freut sich die Grete aber, dass du was zu sagen hast ...